Die gemeinsame Beratung und Vertretung von scheidungswilligen Ehepartnern für die bevorstehende Scheidung ist nicht unproblematisch:
– Interessenkonflikt
– Honorarstreitigkeit.
Interessenkonflikt
Mandate für mehrere Parteien laufen immer solange gut wie die Interessen gleichgerichtet sind und die Parteien untereinander und mit dem Anwalt kommunizieren können; fallen die Interessen auseinander, müsste der gemeinsame Anwalt von sich aus das Mandat niederlegen; es frägt sich schon bei einer solchen Mandatierung, wie hoch das Risiko divergierender Interessen ist und, ob die Parteien die dereinstigen Folgen einer Mandatsniederlegung gewärtigen wollen (Kosten der Wiedereinarbeitung eines neuen Anwalts, Fristrisiken und Imageverlust bei der Gegenpartei etc.). Bei Gegenparteien wie es die Scheidungsgatten nun Mal sind, ist Gefahr des Zerwürfnisses eines Gatten mit dem gemeinsamen Berater besonders hoch. Vorbehalte gegen das Geschlecht des Beraters oder der Verdacht der Berücksichtigung der Interessen des den Erstkontakt hergestellten Ehegatten durch den Berater, Kontakte des einen Ehegatten mit dem Berater ohne Einbezug des andern Gatten u.a.m. können beim zweiten Ehegatten Gefühle einer Zurücksetzung und Nichtberücksichtigung seiner Interessen und Bedürfnisse auslösen. In solchen Fällen ist es meistens schwierig die gegenläufigen Interessen beider Klienten korrekt wahrzunehmen. Sind sich die scheidungswilligen Ehegatten nicht mehr einig und kommt es nicht zu einem gemeinsamenScheidungsbegehren, darf der gemeinsame Anwalt/Anwältin nicht einen Ehepartner gegen den andern im Scheidungsprozess vertreten; vielmehr hat er/sie auch hier das Mandat niederzulegen und die Ehegatten haben je einzeln einen eigenen, neuen Anwalt zu mandatieren. – Oft handeln hier Berater beider Parteien nicht oder nicht rechtzeitig konsequent und korrekt.
Honorarstreitigkeit
Die Doppelberatung und Doppelvertretung kann auch bei der Honorierung zu Zwist führen, vor allem dann, wenn anfänglich nur ein Ehegatte das Mandat auslöst und die Vollmachten unterzeichnet hat. Der sich zurückgesetzt fühlende Ehepartner wird möglicherweise seinen Beitrag an die anwaltlichen Kosten verweigern und auf den Zusatzaufwand für Beauftragung und Instruktion eines neuen Anwalts ins Feld führen. So wird der Ehestreit noch um einen Streit der Ehegatten mit dem gemeinsamen Berater ergänzt.
Ergebnis
Auch Ehegatten, die sich einvernehmlich scheiden wollen, sollten angesichts der vorerwähnten Schwierigkeiten je einzelne Berater berufen; sie können ihre Anwälte so instruieren, dass deren Handlungen auf eine einvernehmliche Scheidung zielen. Sind die Ehegatten in der Lage, ihre Interessen für ein Scheidungskonvention selber und gemeinsam wahrzunehmen, können sie immer noch die Hilfe vor Gericht durch den Richter in Anspruch nehmen. Unser Zivilprozessrecht kennt die richterliche Fragepflicht, mit der Folge, dass der Richter die Parteien in unstreitiger Situation durch den „Scheidungsprozess“ leiten kann. – Jedenfalls sollte die Komplexität der Verhältnisse (durch Anwaltswechsel, Honorarstreitigkeiten uam) nicht erhöht, sondern reduziert werden.