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Verkehrsrecht

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Pflichtwidriges Verhalten bei Unfall: Meldung an Geschädigten – oder Polizei nach erst 2 Stunden ist zu spät

Datum:
22.11.2018
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Verkehrsrecht
Stichworte:
Polizei
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

SVG 92 Ziff. 1 i.V.m. SVG 51 Abs. 1 und 3

Sachverhalt

Im vorliegenden SVG-Fall ist umstritten, ob die 82-jährige, gesundheitlich beeinträchtigte Autolenkerin nach einem Selbstunfall mit Sachschaden (Inselschutzpfosten) in Kleinandelfingen genügend schnell den Geschädigten oder die Polizei verständigt hat.

Bei winterlichen Verhältnissen verliess sie die Unfallstelle ohne die Polizei zu benachrichtigen.

Zu den Zeitdaten:

  • Genauer Unfallzeitpunkt: nicht erwähnt
  • Telefonanruf des Zeugen an die Gemeindeverwaltung Andelfingen: 12.45 Uhr, wobei er niemanden unter dem Anschluss erreichte
  • Telefonanruf der Unfallverursacherin an die Gemeindeverwaltung (mit Schadensmeldung): 14.10 Uhr

Die Zeit zwischen Unfall und erfolgreicher persönlicher Meldung der Autolenkerin bei der Gemeindeverwaltung Andelfingen soll ca. 2 Stunden gedauert haben.

Prozess-History

  • Bestrafung durch das Statthalteramt Andelfingen mit einer Busse von CHF 700
  • Auf das Rechtsmittel der betagten Autolenkerin hin hob das Bezirksgericht Andelfingen die Verurteilung wegen des pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall auf und senkte die Busse auf CHF 200
  • Berufung des Statthalteramtes Andelfingen ans Obergericht des Kantons Zürich.

Erwägungen

Nach Ausführungen zum Sachverhalt, zu den Rügen der Statthalterin, Vorbringen der Verteidigung und zu den gesetzlichen Grundlagen bzw. zur Rechtsprechung gelangte die Rechtsmittelinstanz zur Würdigung:

Das Obergericht folgte der Auffassung der Vorinstanz, wonach eine Meldedauer von zwei Stunden über die Mittagszeit gerade noch als mit den Pflichten gemäss SVG 51 Abs. 3 vereinbar erscheine, nicht.

Das Obergericht wies auf folgendes hin:

  • Klarer gesetzlicher Wortlaut von SVG 51 Abs. 3
    • Sofortige Benachrichtigung der Geschädigten oder bei Nichterreichen unverzügliche Benachrichtigung der Polizei
  • Unmöglichkeit der Kontaktaufnahme ohne Verschulden des Unfallverursachers ohne Bedeutung,
    • selbst wegen geschlossener Büros über Mittag
    • wegen allf. Verheimlichungs-Absicht des Unfallschadens
  • Irrelevanz des Schadens-Ausmasses
    • Das Ausmass des Schaden ist nicht von Bedeutung und letztlich auch nicht, ob am Geschehen nicht unmittelbar beteiligte Dritte den Beizug der Polizei für erforderlich hielten oder nicht
  • Misslungene Kontaktnahme mit dem Geschädigten
    • Aufgrund des klaren Gesetzeswortlauts muss bei einem misslungenen Versuch mit dem Geschädigten Kontakt aufzunehmen, unverzüglich die Polizei verständigt werden
    • Der Schädiger hat bei der Geschädigten-Kontaktierung, weder in zeitlicher Hinsicht noch aufgrund sonstiger Umstände ein Ermessensspielraum hinsichtlich seiner gesetzlichen Pflichten.

Die Beschuldigte hätte nach dem erfolglosen Kontaktversuch mit der Gemeinde nicht einfach zuwarten dürfen. Vielmehr hätte sie, um ihren gesetzlichen Pflichten nachzukommen, unverzüglich die Polizei verständigen müssen.

Das Urteil der Vorinstanz erwies sich somit als rechtsfehlerhaft und die Berufung des Statthalteramts als begründet.

Die Beschuldigte war somit nebst der Verletzung von Verkehrsregeln auch des pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall im Sinne von SVG 92 Abs. 1 in Verbindung mit SVG 51 Abs. 3 schuldig zu sprechen.

Entscheid

Unter Berücksichtigung aller massgebenden Umstände erschien deshalb eine Busse von CHF 700.– für das Nichtbeherrschen des Fahrzeugs und die Verletzung der Meldepflicht bei Unfall insgesamt als angemessen.

Sodann wurde angeordnet, dass im Falle der schuldhaften Nichtbezahlung der Busse diese in eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Tagen umzuwandeln sei.

Quelle

Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, 1. Strafkammer, vom 29.01.2018
Geschäfts-Nummer: SU170036

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