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Fussball: BA erhebt Anklage im Zusammenhang mit Medienrechts-Vergabe

Datum:
21.02.2020
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Strafrecht
Stichworte:
Fussball, Vergabe
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Die Bundesanwaltschaft (BA) hat gestern, 20.02.2020, darüber informiert, dass sie im Zusammenhang mit der Vergabe von Medienrechten an verschiedenen Fussball-Weltmeisterschaften und FIFA-Confederations Cups Anklage gegen den ehemaligen Generalsekretär der Fédération Internationale de Football Association (FIFA), Jerôme Valcke, gegen den Geschäftsführer der BeIN Media Group, Nasser Al-Khelaifi, und gegen einen Geschäftsmann im Bereich von Sportrechten erhoben habe.

Die BA werfe Valcke vor:

  • passive Bestechung (Art. 4a Abs. 1 in Verbindung mit dem alten Art. 23 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb [UWG])
  • mehrfache qualifizierte ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1 Abs. 3 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs [StGB])
  • Urkundenfälschung (Art. 251 StGB).

Die zur Anklage gebrachten Sachverhalte würden nicht mehr als Betrug (Art. 146 StGB) qualifiziert.

Al-Khelaifi und einem dritten Beschuldigten werfe die Anklage vor:

  • Anstiftung zu der von Valcke begangenen, qualifizierten ungetreuen Geschäftsbesorgung (Art. 24 und Art. 158 Abs. 1 StGB).

Dem dritten Beschuldigten wird zusätzlich vorgeworfen:

  • aktive Bestechung (Art. 4a Abs. 1 in Verbindung mit dem alten Art. 23 UWG).

Angeklagte Sachverhalte
Aus den Ermittlungen habe sich ergeben, dass Valcke von beiden Mitbeschuldigten nicht gebührende Vorteile erhalten habe:

  • Rückerhalt einer für eine Villa auf Sardinien von ihm an Dritte geleistete Anzahlung von rund EUR 500’000, nachdem Al-Khelaifi über eine Gesellschaft an Valckes Stelle die Villa erworben hatte
  • Einräumung des alleinigen Nutzungsrechts für die Villa für einen Zeitraum von insgesamt 18 Monaten – bis zu seiner Suspendierung von der FIFA – ohne dafür einen Mietzins im geschätzten Gegenwert von zwischen rund EUR 900’000 und rund EUR 1.8 Mio. bezahlt zu haben
  • Drei Zahlungen im Gesamtwert von EUR 1.25 Mio. an seine Firma Sportunited GmbH vom dritten Beschuldigten.

Der Anklagevorwurf der ungetreuen Geschäftsbesorgung ergebe sich aus dem Umstand, dass Valcke die vorgenannten Vorteile der FIFA nicht gemeldet habe und sich so im Rahmen seiner Tätigkeit als deren Generalsekretär pflichtwidrig verhalten und sich unrechtmässig bereichert habe. In diesem Zusammenhang werfe die Anklage Al-Khelaifi und dem dritten Beschuldigten entsprechende Anstiftung vor.

Betreffend Urkundenfälschung werfe die Anklage Valcke vor, er habe eine tatsachenwidrige Erstellung der Bilanzen der Sportunited GmbH für die Jahre 2013 und 2014 veranlasst, indem er die drei vorgenannten Zahlungen des dritten Beschuldigten fälschlicherweise als Darlehen verbuchen liess.

Die Vorwürfe der aktiven und passiven Bestechung seien darin begründet, dass Valcke zwischen 2013 und 2015 seinen Einfluss als FIFA-Generalsekretär dazu genutzt habe, Vergabeprozesse von Medienrechten für Italien und Griechenland an verschiedenen Fussball-Weltmeisterschaften und FIFA-Confederations Cups im Zeitraum zwischen 2018 und 2030 zu Gunsten der von ihm bevorzugten Medienpartner zu beeinflussen. Im Gegenzug habe der dritte Beschuldigte Valcke die vorgenannten drei Zahlungen im Gesamtwert von EUR 1.25 Mio. versprochen und gewährt.

Nicht erhärtet habe sich dagegen der Verdacht, dass Valcke im Gegenzug für seine Einflussnahme als FIFA-Generalsekretär eine ihm von Al-Khelaifi zu diesem Zweck geschenkte Luxusuhr angenommen haben soll, weshalb eine Einstellungsverfügung erlassen worden sei.

Teileinstellung des Verfahrens infolge Teilrückzug des Strafantrags der FIFA gegen Al-Khelaifi

  • Teileinstellungsgrundlage
    • Grundlage dieses im März 2017 eröffneten und in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Polizei fedpol geführten Strafverfahrens war mitunter auch ein im Dezember 2016 eingegangener Strafantrag der FIFA wegen Privatbestechung (Art. 4a in Verbindung mit dem alten Art. 23 UWG) gegen alle drei Beschuldigten.
  • Vergleich FIFA ./. Al-Khelaifi
    • Nach Durchführung der Schlusseinvernahme* durch die BA Ende Dezember 2019 und Ankündigung des bevorstehenden Abschlusses mittels Anklageerhebung habe ihr die FIFA Ende Januar 2020 mitgeteilt, mit Al-Khelaifi eine nicht näher definierte «gütliche Einigung» («accord amiable») getroffen zu haben und infolgedessen ihren Strafantrag gegen Al-Khelaifi und teilweise auch gegen Valcke zurückzuziehen.
  • Der Rückzug betreffe
    • die Vorwürfe der aktiven und passiven Bestechung zwischen Al-Khelaifi und Valcke im Zusammenhang mit der Vergabe von Medienrechten an den Fussball-Weltmeisterschaften 2026 und 2030 und weiteren FIFA-Veranstaltungen im gleichen Zeitraum für die Region Naher Osten und Nordafrika im Gegenzug zur Gewährung der vorgenannten Vorteile im Zusammenhang mit der „Sardinien-Villa“.
    • Da die Bestechung von Privaten in diesem konkreten Fall ein Antragsdelikt war**, entfiel mit dem Rückzug des Strafantrags eine Prozessvoraussetzung für die weitere Strafverfolgung dieser Delikte.
      • Entgegen der bereits erfolgten Ankündigung gegenüber den Parteien wird die BA das Verfahren in Bezug auf diesen Verdacht deshalb konsequenterweise einstellen müssen
      • Zu diesem Zweck hat die BA diesen Verfahrensteil Im Februar 2020 vom übrigen Verfahren abgetrennt.
  • Der Teilrückzug betrifft nicht
    • die Vorwürfe der aktiven und passiven Bestechung zwischen Valcke und dem dritten Beschuldigten, die nun angeklagt werden.
    • die Strafverfolgung in Bezug auf die Offizialdelikte, also den Verdacht der ungetreuen Geschäftsbesorgung, die Anstiftung zur ungetreuen Geschäftsbesorgung und die Urkundenfälschung, die nun ebenfalls angeklagt würden.

Hinweise im Zusammenhang mit der Anklageerhebung

  • Im Rahmen dieses Strafverfahrens sei beim Schweizerischen Bundesstrafgericht (BStGer) zurzeit noch ein Ausstandsgesuch im Zusammenhang mit der Durchführung der Schlusseinvernahme hängig.
  • Obwohl der diesbezügliche Entscheid des BStGer möglicherweise Auswirkungen auf das Verfahren haben könnte, habe sich die BA nach erfolgter Risikoanalyse und Interessenabwägung sowie mit Blick auf die im letzten Quartal 2020 eintretende Verjährung der Strafverfolgung von einzelnen Sachverhalten für eine Anklageerhebung zum jetzigen Zeitpunkt entschieden.
  • Die BA werde ihre Anträge an der Hauptverhandlung vor dem BStGer stellen.

Für die Beschuldigten gelte die Unschuldsvermutung bis zu einem rechtskräftigen Urteil.

*Gemäss Art. 317 der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO) werden in umfangreichen und komplizierten Vorverfahren die beschuldigten Personen vor Abschluss der Untersuchung in einer Schlusseinvernahme nochmals befragt und dazu aufgefordert, zu den Ergebnissen der Untersuchung Stellung zu nehmen.

**Die Bestechung von Privaten wird nach Art. 4a Abs. 1 in Verbindung mit dem alten Art. 23 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geahndet, wenn die Tathandlung vor dem 1. Juli 2016 erfolgte. Für Tathandlungen ab dem 1. Juli 2016 sind die an diesem Tag in Kraft getretenen Art. 322octies und 322novies des Strafgesetzbuches (StGB) massgebend.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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