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„Kindestötung“: Zu Recht angewandter privilegierter Tatbestand von StGB 116

Datum:
01.04.2020
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Strafrecht
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Das Bundesgericht wies die Beschwerde der Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis gegen die Verurteilung einer Mutter zu einer zweijährigen bedingten Freiheitsstrafe wegen Kindestötung ab. Die Frau hatte im Dezember 2015 ihr Neugeborenes getötet, das sie rund zweieinhalb Stunden zuvor zu Hause alleine zur Welt gebracht hatte.

Das Kantonsgericht Wallis hatte den privilegierten Tatbestand der «Kindestötung» von StGB 116 (siehe Box unten) zu Recht angewendet, mit welchem der besonderen Situation einer Mutter während der Geburt, oder solange sie unter dem Einfluss des Geburtsvorganges steht, Rechnung getragen wird.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis beantragte im Wesentlichen:

  • einen Schuldspruch wegen Mordes und eine Verurteilung der Betroffenen zu einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren.

Zur Begründung stützt sie sich auf ein psychiatrisches Gutachten. Das Kantonsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass der psychische Zustand der Frau gemäss Gutachter keinen Einfluss auf ihre Tat gehabt habe, auch wenn sie sich dabei noch in der Phase des Geburtsvorganges befunden habe. Eine eigentliche psychische Störung habe bei der Betroffenen nicht vorgelegen.

Das Bundesgericht weist die Beschwerde aus folgenden Gründen ab:

  • Die «Kindestötung» falle hier unter den privilegierten Straftatbestand, der eine maximale Strafdauer vorsehe
  • Der Gesetzestext setze nur voraus, dass die Tat von der Mutter «während der Geburt» oder «solange sie unter dem Einfluss des Geburtsvorganges steht» begangen wurde
  • Nicht vorausgesetzt werde, so das Bundesgericht, für eine Anwendung der privilegierten Strafnorm der «Kindestötung», dass die Mutter bei der Tat an einer psychischen Störung gelitten habe; vielmehr stelle das Gesetz die unwiderlegbare Vermutung auf, dass die Verantwortlichkeit der Mutter während des Geburtsvorganges sowie während einer gewissen Zeit danach verringert sei
  • Bei einer Interpretation im Sinne der Staatsanwaltschaft würde die Strafnorm der «Kindestötung» jeglicher Bedeutung entleert, wie sie ihr der Gesetzgeber beimessen wollte.

Urteil des Bundesgerichts vom 05.03.2020 (6B_1311/2019)

Medienmitteilung des Bundesgerichts vom 01.04.2020, 12.01 Uhr

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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