Das Bundesgericht (BGer) hat im dritten Prozessthema grundsätzlich gegen Schwarzenbach entschieden.
Einleitung
Urs Schwarzenbach wird bekanntlich vorgeworfen, ihm direkt oder indirekt gehörende Kunstgegenstände unverzollt in die Schweiz importiert zu haben. Dabei soll er und eine Zürcher Galerie Verträge simuliert haben, um Kunstwerke steuerfrei einzuführen.
Das Bundesgericht hat nun zwei weitere Urteile in dieser Causa gesprochen (2C_219/2019 und 2C_217/2019):
Urs E. Schwarzenbach vs. EZV / Entscheid 2C_219/2019
Beschwerdeführer
Urs E. Schwarzenbach
Beschwerdegegnerin
Eidgenössische Zollverwaltung,
Oberzolldirektion,
Hauptabteilung Zollfahndung
Beschwerdegegenstand
Nachforderungsverfügung / Einfuhr von Kunstwerken,
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I,
vom 23. Januar 2019 (A-714/2018).
Sachverhalt
A.
Am 19. August 2015 erliess die Zollkreisdirektion Schaffhausen eine Nachforderungsverfügung, mit welcher sie von A.________ einen Mehrwertsteuerbetrag von Fr. 11’744’129.60 sowie Verzugszinsen von Fr. 2’630’584.40 nachforderte. Sie begründete die Nachforderungsverfügung im Wesentlichen damit, A.________ habe in 86 Fällen Kunstwerke zu Unrecht steuerfrei im Verlagerungsverfahren auf die Galerie B.________ in die Schweiz importiert. Die Zollkreisdirektion führte in der Nachforderungsverfügung aus:
«Alle in den 86 Falldossiers betroffenen Kunstwerke wurden im Verlagerungsverfahren über die Galerie B.________ mehrwertsteuerfrei in die Schweiz importiert. Dies gestützt auf ein eigens zur Steueroptimierung zu Gunsten von A.________ ausgearbeitetes Ablaufschema. Somit konnte A.________ die auf diese Weise eingeführten Kunstwerke steuerbefreit in den von ihm beherrschten Liegenschaften ausstellen.
Der Einfuhr der Kunstwerke lag dabei ein standardisiertes, aufgesetztes, nicht zur Umsetzung beabsichtigtes Kommissionsgeschäft zwischen den von A.________ beherrschten Firmen und der Galerie B.________ zu Grunde. Da die Galerie B.________ Inhaberin einer Bewilligung im Verlagerungsverfahren ist, konnten die Kunstwerke über sie als Importeurin zur Einfuhr abgefertigt werden, ohne dass die Mehrwertsteuer im Zeitpunkt der Einfuhr fällig geworden wäre. Die Galerie B.________ konnte jedoch zu keiner Zeit wirtschaftlich über die Kunstwerke verfügen. A.________ bestimmte jeweils, wann und wie die Kunstwerke eingeführt werden sollen. Seine Angestellten des Büros Administration leiteten seine Aufträge an die entsprechenden Speditionsfirmen bzw. an die Galerie B.________ weiter. Die Kunstwerke wurden nach der Verzollung auf Veranlassung von A.________ in seine privaten Liegenschaften oder ins Hotel C.________ (Mehrheitsaktionär A.________) überführt, wo sie auf unbestimmte Zeit ausgestellt wurden, oder sie verblieben in einzelnen Fällen im Lager der Firma D.________ AG, Zürich. Die Galerie B.________ leitete jeweils nur die Instruktionen an die Verzollungsfirma weiter, welche sie von A.________s Büro Administration erhalten hatte.
Keines der in den 86 Falldossiers betroffenen Kunstwerke wurde im Zeitraum von 2008 bis 2013 verkauft.
Die wirtschaftlich berechtigte Person über die Kunstgegenstände war vor und nach der Einfuhr A.________, welcher in seinem Namen oder im Namen seiner von ihm beherrschten Firmen frei über die betroffenen Kunstwerke verfügte. Die Galerie B.________ war zu keiner Zeit Importeurin der von dieser Verfügung betroffenen Gegenstände. Die Bewilligung zur Verlagerung der Steuerentrichtung […] wurde in allen Fällen zu Unrecht benutzt.
Demzufolge hätten die Kunstwerke richtigerweise auf den [jeweiligen] Importeur [Galerie E.________ AG, Liberia / A.________, F.________ Gallery Inc. BVI / A.________, G.________ Stiftung, FL / A.________ bzw. H.________ Ltd. BVI / A.________] (Details gemäss Liste) angemeldet, zur Einfuhr verzollt und die Steuer erhoben werden müssen.»
Prozess-History
„B.
Die Oberzolldirektion wies eine von A.________ gegen die Nachforderungsverfügung vom 21. September 2015 erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 21. Dezember 2017 ab.
C.
Mit Urteil vom 23. Januar 2019 hiess das Bundesverwaltungsgericht die von A.________ gegen den Entscheid der Oberzolldirektion erhobene Beschwerde teilweise gut und änderte den Beschwerdeentscheid dahingehend ab, dass A.________ «Einfuhrsteuern von Fr. 10’815’759.05 sowie Verzugszinsen von Fr. 2’421’448.80» schulde. Zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des Beschwerdeverfahrens vor der Oberzolldirektion wies es die Sache an die Oberzolldirektion zurück. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab.
D.
Mit Eingabe vom 27. Februar 2019 erhebt A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Januar 2019, eventualiter die Rückweisung der Sache an das Bundesverwaltungsgericht.
Die Oberzolldirektion beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet auf inhaltliche Stellungnahme und verweist stattdessen auf das angefochtene Urteil. Im Rahmen eines zweiten Schriftenwechsels halten die Parteien an ihren Anträgen fest. A.________ ersucht zudem in prozessualer Hinsicht darum, das vorliegende Beschwerdeverfahren zu sistieren, bis die Oberzolldirektion bzw. das Bundesverwaltungsgericht die hängigen Beschwerden der G.________ Stiftung, der Galerie B.________ AG, der Galerie E.________ AG, der H.________ Ltd. und der F.________ Gallery Inc. entschieden habe (vgl. Eingabe vom 16. September 2019). Mit Eingabe vom 6. Januar 2020 reicht er Schlussbemerkungen ein.“
Erwägungen
Ausgangspunkt des Prozessverfahrens bildet der Umstand, dass zwischen 2008 und 2013 verschiedentlich Kunstwerke, die dem Beschwerdeführer Schwarzenbach direkt oder indirekt gehören, im Verlagerungsverfahren auf die Galerie B.________ in die Schweiz eingeführt wurden.
Zu prüfen war daher, ob es mit Blick auf die streitbetroffenen Einfuhren zulässig war, dass die Galerie B.________ das Verlagerungsverfahren in Anspruch nahm.
Das Bundesgericht stellte fest, dass die streitgegenständlichen Kunstwerke (einschliesslich des Kunstwerks «Q.________» von T.________) im Verlagerungsverfahren auf die Galerie B.________ zur Zollabfertigung angemeldet wurden. Dies sei unzulässig gewesen, zumal die Galerie B.________ zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Einfuhren an den eingeführten Kunstwerken nicht wirtschaftlich verfügungsberechtigt gewesen sei. Es liege damit ein Verstoss gegen die Verwaltungsgesetzgebung des Bundes vor, wobei nicht zu beanstanden sei, dass die Vorinstanz diesen Verstoss dem Beschwerdeführer zugerechnet habe:
Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen der Vorinstanz bestimmte jeweils der Beschwerdeführer, wann welcher Kunstgegenstand durch die Galerie B.________ im Verlagerungsverfahren eingeführt wurde
Damit habe er die jeweiligen Einfuhren tatsächlich veranlasst.
Im Lichte der bundesgerichtlichen Rechtsprechung habe die Vorinstanz den Beschwerdeführer deshalb zu Recht als zur Zahlung der Einfuhrsteuer verpflichteten Zollschuldner im Sinne von Art. 70 Abs. 2 lit. a ZG qualifiziert und deshalb auch als Nachleistungspflichtigen in Anspruch genommen (Art. 12 Abs. 2 VStrR). Daran ändere nichts, dass der Beschwerdeführer eigenen Angaben zufolge damals Wohnsitz im Ausland gehabt habe und nie im Besitz einer Bewilligung zur Benützung des Verlagerungsverfahrens gewesen sei.
Die vom Beschwerdeführer beanstandeten Behördenzuständigkeiten, die fehlende Tatbestandsmässigkeit. die Verletzung des rechtliches Gehörs, die unterlassene Berücksichtigung de Gleichheitsgebots und eine falsche Rechtsanwendung bei der Verjährungsprüfung.
Die Beschwerde erwies sich daher als unbegründet und war abzuweisen. Der Beschwerdeführer Schwarzenbach hatte deshalb die Kosten des Verfahrens zu tragen. Eine Parteientschädigung an die ESTV wurde nicht zugesprochen.
Entscheid
Die Beschwerde wurde abgewiesen. Schwarzenbach hat daher der Schweiz. Eidgenossenschaft Abgaben von CHF 10,8 Mio. und Zinsen von CHF 2,4 Mio. zu bezahlen.
Urteil des Bundesgerichts 2C_219/2019 vom 27.04.2020
EZV vs. Urs E. Schwarzenbach / Entscheid 2C_217/2019
Beschwerdeführerin
Eidgenössische Zollverwaltung,
Oberzolldirektion,
Hauptabteilung Zollfahndung
Beschwerdegegner
Urs E. Schwarzenbach
Beschwerdegegenstand
Nachforderungsverfügung / Einfuhr von Kunstwerken,
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I,
vom 23. Januar 2019 (A-714/2018).
Sachverhalt
Siehe oben
Prozess-History
„Die Oberzolldirektion wies eine von A.________ gegen die Nachforderungsverfügung vom 21. September 2015 erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 21. Dezember 2017 ab.“
„Mit Urteil vom 23. Januar 2019 hiess das Bundesverwaltungsgericht die von A.________ gegen den Entscheid der Oberzolldirektion erhobene Beschwerde teilweise gut und änderte den Beschwerdeentscheid dahingehend ab, dass A.________ «Einfuhrsteuern von Fr. 10’815’759.05 sowie Verzugszinsen von Fr. 2’421’448.80» schulde. Zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des Beschwerdeverfahrens vor der Oberzolldirektion wies es die Sache an die Oberzolldirektion zurück. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab.“
„Mit Eingabe vom 27. Februar 2019 erhebt die Eidgenössische Zollverwaltung Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht. Sie beantragt, A.________ zusätzlich zur Bezahlung von Fr. 928’370.55 Einfuhrsteuern und Fr. 209’135.60 Verzugszinsen zu verpflichten. In einem Eventualantrag ersucht sie darum, die Sache zur neuen Behandlung an das Bundesverwaltungsgericht zurückzuweisen.“
Erwägungen
Entgegen der Vorinstanz (BVGer) erwog das Bundesgericht zusammenfassend, dass nicht von der Verjährung der Einfuhrsteuernachforderung auszugehen sei.
Entscheid
Die Beschwerde betreffend die Einfuhren der Kunstwerke «L.________» und «M.________» von N.________, «O.________» und «P.________» von Q.________, «R.________» von S.________, «T.________» von U.________, «V.________» von W.________ und «X.________» von Y.________ & Z.________ war daher gutzuheissen und die Sache ist insoweit zu ergänzenden Sachverhaltsabklärungen und zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.
Soweit mit vorliegendem Urteil eine Rückweisung erfolge, gelte der Beschwerdegegner als unterliegend und es seien ihm anteilsmässig die Verfahrenskosten aufzuerlegen; Anspruch auf Parteientschädigung habe die Eidgenössische Zollverwaltung nicht.
Soweit die Beschwerde hingegen abzuweisen sei, unterliege die Eidgenössische Zollverwaltung; ihr seien im wertmässigen Umfang dieses Unterliegens die Gerichtskosten aufzuerlegen, da die Eidgenossenschaft in dieser Angelegenheit in ihrer Vermögenssituation betroffen sei. Zudem schulde die Eidgenössische Zollverwaltung dem Beschwerdeführer insoweit eine Parteientschädigung, die aufgrund der Akten festzusetzen sei.
Urteil des Bundesgerichts 2C_217/2019 vom 27.04.2020
Weiterführende Informationen
- Andere Verfahren von Urs E. Schwarzenbach
- Urs E. Schwarzenbach + Kons.: Dahinfallen Kunstversteigerungsaufschub infolge nicht bezahlten Kostenvorschusses
- Öffentliche Bekanntmachung der Eidgenössischen Zollverwaltung | admin.ch
- Erfolg für Kunstsammler Urs E. Schwarzenbach: Ein Richter untersagt eine Zwangsversteigerung seiner Objekte in letzter Minute | nzz.ch
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Quelle
LawMedia Redaktionsteam
Bildquelle: FINEWS | finews.ch