Verfahrensbeteiligter muss sich Versäumnis der Anwaltskanzlei anrechnen lassen
Eine Anwaltskanzlei sollte in Fristangelegenheiten besondere Vorsicht walten lassen. Dies gilt auch für die interne Weiterleitung von Gerichtssendungen an die zuständige Anwältin.
Im Fall BGer 2C_373/2020 war eine Kostenvorschussverfügung ohne Fristvermerk irrtümlich in das Fach einer Anwältin im Mutterschaftsurlaub abgelegt worden.
Eine Fristwiederherstellung war aus Sicht der Vorinstanz, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (VerwGer ZH), nicht möglich.
Vor Bundesgericht (BGer) brachte die Rechtsvertreterin vor, es sei dem Sekretariat die Weisung erteilt worden, das Postfach der für längere Zeit abwesenden Anwältin wöchentlich zu kontrollieren; eine weitergehende Überwachung sei nicht zumutbar gewesen. Für das VerwGer ZH konnte indessen keine Rede davon sein, dass die Rechtsvertreterin ihr Hilfspersonal überwacht habe; vielmehr habe sich dieses selber kontrolliert.
Das VerwGer ZH erwog vor dem Hintergrund, dass die Rechtsvertreterin die Mandanten ihrer abwesenden Kollegin betreute, ohne deren Postfach regelmässig persönlich zu sichten, habe ihr die Vorinstanz ohne Willkür eine grobe Nachlässigkeit zur Last legen dürfen. Dass die Rechtsvertreterin die Kostenvorschussverfügung auch bei einer sorgfältigen Kontrolle des Postfachs nicht entdeckt hätte, wurde als eine blosse Schutzbehauptung eingestuft und schien dem VerwGer ZH auch trotz der angeblichen «Verhakung» mit einem anderen Dokument als wenig wahrscheinlich.
Das BGer kam zum Schluss, das VerwGer ZH habe willkürfrei von einer groben Nachlässigkeit des Sekretariats und der fehlenden Exkulpation der Anwältin ausgehen dürfen sowie dem Beschwerdeführer das Verhalten seiner Anwältin anrechnen können. Es lag daher kein überspitzter Formalismus vor, wenn auf ein Rechtsmittel wegen verspäteter Leistung des Kostenvorschusses androhungsgemäss nicht eingetreten werde.
BGer 2C_373/2020 vom 08.06.2020
Weiterführende Informationen
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2C_373/2020 | bger.ch
Quelle
LawMedia Redaktion