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Strafprozess / Strafverfahren

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Video als Fristwahrungsnachweis zulässig

Datum:
04.11.2021
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Strafprozess / Strafverfahren
Stichworte:
Fristen
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

StPO 91

Eine Videoaufnahme kann grundsätzlich Beweis dafür bilden, dass eine gerichtliche Eingabe fristgerecht in einen Briefkasten der Schweizerischen Post (Die Post) eingeworfen wurde.

Das Bundesgericht (BGer) hiess das Rechtsmittel gegen einen Entscheid des Kantonsgerichts des Kantons Wallis gut.

Sachverhalt

Ein Mann hatte 2020 Beschwerde gegen die Einstellung eines Strafverfahrens beim Kantonsgericht Wallis erhoben. Sein Rechtsanwalt warf die Eingabe am letzten Tag der zehntägigen Frist abends um 22:05 Uhr in einen Briefkasten der Schweizerischen Post ein.

In der Beschwerdeeingabe selbst informierte er das Kantonsgericht Wallis darüber, dass der Poststempel auf dem eingeworfenen Umschlag das Datum des Folgetages tragen könnte und er deshalb eine Videoaufnahme zum Beweis der fristgerechten Einreichung der Beschwerde nachreichen werde.

Am nächsten Tag ging beim Kantonsgericht ein USB-Stick mit einer Videoaufnahme ein.

Das Kantonsgericht Wallis trat auf die Beschwerde, die den Poststempel des Folgetages trug, wegen Fristversäumnisses nicht ein, da die Videoaufnahme keinen wirksamen Beweis für die fristgerechte Einreichung darstelle.

Erwägungen

Gemäss der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO) gilt eine Frist u.a. dann als gewahrt, wenn die Eingabe spätestens am letzten Tag der Frist (bis Mitternacht) der Schweizerischen Post übergeben wird (StPO 91).

Dabei wird vermutungsweise davon ausgegangen, dass das Einreichungsdatum demjenigen des Poststempels entspricht.

Diese Vermutung kann, so das BGer, jedoch umgestossen werden:

  • Vom Absender werde dabei jedoch erwartet, dass
    • er den Beweis für die rechtzeitige Abgabe noch vor Ablauf der Frist erbringe,
    • respektive in der Eingabe selber auf ein entsprechendes Beweismittel hinweise;
      • Letzteres hat der Anwalt des Betroffenen im konkreten Fall auch getan.
  • Entgegen der Auffassung des Kantonsgerichts kann die Videoaufnahme sodann als Beweismittel für die rechtzeitige Übergabe an die Post dienen:
    • Dem Kantonsgericht sei zwar laut BGer beizupflichten, dass audiovisuelle Aufnahmen relativ leicht zu manipulieren seien.
    • Für einen Anwalt wäre es allerdings ein schwerer Verstoss gegen die Berufspflichten, wenn er ein Beweis – mittel fälschen würde, um die Rechtzeitigkeit seiner Eingabe zu belegen.
  • Sofern und soweit keine Hinweise auf eine Fälschung bestünden, seien Zweifel an der Echtheit einer Aufnahme deshalb nicht gerechtfertigt.
    • Selbstverständlich müsse die Videoaufnahme alle Elemente enthalten, die zum Beweis erforderlich seien, wie:
      • Datum und Zeit der Deponierung der Eingabe und
      • Identifikation des Umschlags mit der Beschwerde.
  • Das Walliser Kantonsgericht werde nun
    • prüfen müssen,
      • ob das Video den Beweis für die rechtzeitige Abgabe erbringe;
    • berücksichtigen müssen,
      • dass die Sichtung eines Beweisvideos zusätzlichen Aufwand verursachen könne und die entsprechenden Kosten vom Gericht dem Absender, also zum Beispiel dem verantwortlichen Anwalt, auferlegt werden könnten.

Entscheid

  • Das BGer hiess die Beschwerde des Betroffenen gut.

BGer 6B_1247/2020 vom 07.10.2021

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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