StGB 70; SchKG 242
Einleitung
Die Aussonderungsklage steht nicht zur Verfügung, um einen strafrechtlichen Einziehungsentscheid gemäss Art. 70 StGB durchzusetzen.
Sachverhalt
Über das Vermögen eines Grundeigentümers war 2009 der Konkurs eröffnet worden.
In einem Strafverfahren wurde gestützt auf StGB 70 ein Grundstück
- „eingezogen“ und
- die Verwertung angeordnet.
Auf Antrag der zuständigen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen
- verwertete das Konkursamt Nidwalden 2011 die fragliche Liegenschaft.
Der Kanton St. Gallen verlangte in der Folge mittels
- konkursrechtlicher Aussonderungsklage
- gegen das Konkursamt Nidwalden
- die Entlassung des Verwertungserlöses aus dem Konkursbeschlag,
- da sich dieses geweigert hatte, aufgrund der in der Zwischenzeit erfolgten Vermischung des Verwertungserlöses mit dem allgemeinen Konkurskonto des Konkursamtes den fraglichen Betrag auszubezahlen.
Erwägungen
- Naturaleinziehung
- Bei einer sog. „Naturaleinziehung“ gemäss StGB 70 Abs. 1 werden die Vermögenswerte aus dem Vermögen des Einziehungsbetroffenen ausgeschieden und durch das Einziehungsurteil direkt, d.h. durch das Urteil selbst, ohne jegliche Vollstreckung, insbesondere ohne Umrechnung in eine Geldforderung und anschliessende Vollstreckung über das SchKG, in die Verfügungsmacht des Staates überführt, weshalb die Regeln der Zwangsvollstreckung nach SchKG zurückzutreten haben und daher gar nicht anwendbar sind.
- Nach Rechtskraft des Einziehungsentscheids aus der Konkursmasse entlassen
- Die fragliche Liegenschaft war somit mit Rechtskraft des Einziehungsurteils (eo ipso) aus der Konkursmasse entlassen und dem Konkursbeschlag entzogen.
- Keine Anwendung des Aussonderungsverfahrens
- Das Aussonderungsverfahren gemäss SchKG 242 kommt nicht zur Anwendung für Vermögenswerte, die nicht zur Konkursmasse gemäss SchKG 197 ff. gehören.
- Fazit
- Folgerichtig war die Aussonderungsklage des Kantons St. Gallen abzuweisen, da der Anspruch auf Erlös aus strafrechtlicher Einziehung und Verwertung nicht mit einer Aussonderungsklage durchzusetzen ist.
Entscheid
- Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
- Die Gerichtskosten von Fr. 7’500.– werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
- Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin mit Fr. 7’500.– zu entschädigen.
- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Nidwalden, Zivilabteilung, schriftlich mitgeteilt.
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Weiterführende Informationen / Linktipps
Art. 70 StGB
1 Das Gericht verfügt die Einziehung von Vermögenswerten, die durch eine Straftat erlangt worden sind oder dazu bestimmt waren, eine Straftat zu veranlassen oder zu belohnen, sofern sie nicht dem Verletzten zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes ausgehändigt werden.
2 Die Einziehung ist ausgeschlossen, wenn ein Dritter die Vermögenswerte in Unkenntnis der Einziehungsgründe erworben hat und soweit er für sie eine gleichwertige Gegenleistung erbracht hat oder die Einziehung ihm gegenüber sonst eine unverhältnismässige Härte darstellen würde.
3 Das Recht zur Einziehung verjährt nach sieben Jahren; ist jedoch die Verfolgung der Straftat einer längeren Verjährungsfrist unterworfen, so findet diese Frist auch auf die Einziehung Anwendung.
4 Die Einziehung ist amtlich bekannt zu machen. Die Ansprüche Verletzter oder Dritter erlöschen fünf Jahre nach der amtlichen Bekanntmachung.
5 Lässt sich der Umfang der einzuziehenden Vermögenswerte nicht oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand ermitteln, so kann das Gericht ihn schätzen.
3. Aussonderung und Admassierung
Art. 242 SchKG 437
1 Die Konkursverwaltung trifft eine Verfügung über die Herausgabe von Sachen, welche von einem Dritten beansprucht werden.
2 Hält die Konkursverwaltung den Anspruch für unbegründet, so setzt sie dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er beim Richter am Konkursort Klage einreichen kann. Hält er diese Frist nicht ein, so ist der Anspruch verwirkt.
3 Beansprucht die Masse bewegliche Sachen, die sich im Gewahrsam oder Mitgewahrsam eines Dritten befinden, oder Grundstücke, die im Grundbuch auf den Namen eines Dritten eingetragen sind, als Eigentum des Schuldners, so muss sie gegen den Dritten klagen.
437 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. Dez. 1994, in Kraft seit 1. Jan. 1997 (AS 1995 1227; BBl 1991 III 1).