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Gesellschaftsrecht / Arbeitsrecht / Unternehmenssteuern

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Rückkauf eigener Aktien für Mitarbeiterbeteiligungsprogramm: Rechnungslegung und Steuerneutralität

Datum:
09.05.2023
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht, Gesellschaftsrecht, Unternehmenssteuern
Thema:
Kauf eigener Aktien für Mitarbeiterbeteiligungsprogramm
Stichworte:
Aktienrückkauf, Mitarbeiterbeteiligung, Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, Rechnungslegung, Steuerneutralität
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

OR 959a Abs. 2 Ziff. 3 lit. e + DBG 58 Abs. 1 lit. a

Sachverhalt

Die A AG (nachfolgend: die Steuerpflichtige) ist eine Holdinggesellschaft mit Sitz in Zürich. Sie hielt die Anteile der A-Gruppe, einem Unternehmen, welches im Bereich … tätig ist. Die Aktien der Steuerpflichtigen sind an der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange kotiert.

Die Steuerpflichtige hat die Differenz zwischen Anschaffungskosten und Zuteilungswert der für das Mitarbeiterbeteiligungsprogramm verwendeten eigenen Aktien handelsrechtskonform nicht erfolgswirksam verbucht.

Strittig war, ob eine steuerrechtliche Korrekturvorschrift besteht, welche für gewinnsteuerliche Zwecke vorschreibt, von der handelsrechtskonform erstellten Jahresrechnung abzuweichen.

Prozess-History

  • Steuerbehörden
    • Veranlagungsvorschlag
      • Zwischen dem 13. und dem 15. September 2017 überprüfte das kantonale Steueramt am Domizil der Steuerpflichtigen das Geschäftsjahr 2015.
        • Dabei wurde festgestellt, dass die Steuerpflichtige für ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm verwendete Aktien, die sie in den Jahren 2011 und 2012 zurückgekauft hatte, in ihrer Bilanz nicht als Aktivum, sondern im Eigenkapital als Minusposten ausgewiesen hatte.
        • Im Rahmen der Zuteilung dieser Aktien an Mitarbeitende im Geschäftsjahr 2015 kam es zu einer positiven Differenz zwischen dem Zuteilungswert und den Anschaffungskosten von Fr. …, welche von der Steuerpflichtigen mit dem vorerwähnten Minusposten im Eigenkapital verrechnet und – erfolgsunwirksam – der gesetzlichen Kapitalreserve zugewiesen wurde.
      • Am 20. März 2020 stellte das kantonale Steueramt der Steuerpflichtigen einen Veranlagungsvorschlag betreffend die direkte Bundessteuer zu, mit welchem der steuerbare Reingewinn um die nicht erfolgswirksam verbuchte Differenz zwischen Anschaffungskosten und Zuteilungswert der für das Mitarbeiterbeteiligungsprogramm verwendeten Aktien erhöht wurde. Betreffend die Gewinnsteuer auf Staats- und Gemeindeebene erfolgte keine Korrektur, da die Pflichtige als Holdinggesellschaft davon befreit ist.
      • Mit Verfügung vom 1. Oktober 2020 erhob das kantonale Steueramt diesen – von der Pflichtigen zurückgewiesenen – Vorschlag zur Veranlagung.
    • Einsprache
      • Eine von der Steuerpflichtigen mit Eingabe vom 28. Oktober 2020 erhobene Einsprache wies das kantonale Steueramt mit Entscheid vom 19. April 2021 ab.
  • Steuerrekursgericht des Kantons Zürich
    • Mit Entscheid vom 18. Januar 2022 wies das Steuerrekursgericht die von der Steuerpflichtigen gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde ab.
  • Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
    • Mit Eingabe vom 25. Februar 2022 erhob die Pflichtige Beschwerde beim Verwaltungsgericht.
    • Sie stellte in der Hauptsache den Antrag, den Entscheid des Steuerrekursgerichts vom 18. Januar 2022 aufzuheben und sie für die direkte Bundessteuer 2015 – in Übereinstimmung mit ihrer Deklaration – mit einem steuerbaren Gewinn von Fr. … und einem Beteiligungsabzug von … % zu veranlagen;
    • eventualiter sei die Sache zur Ergänzung des rechtserheblichen Sachverhalts und zum Neuentscheid an das Steuerrekursgericht zurückzuweisen.

Erwägungen des Verwaltungsgerichts

Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (VGer ZH) erwog folgendes:

  • Rechnungslegungsrecht
    • Das schweizerische Rechnungslegungsrecht hat im Jahr 2013 einen Paradigmenwechsel erfahren,
      • indem die Darstellung der eigenen Kapitalanteile in den handelsrechtlichen Büchern der Kapitalgesellschaften nun mit der international üblichen Betrachtung in Einklang gebracht wurde;
      • indem OR 959a Abs. 2 Ziff. 3 lit. e die Bildung eines negativen Eigenkapitalpostens in der Höhe der Anschaffungskosten statt der Aktivierung der eigenen Kapitalanteile vorsieht.
  • Rückkauf eigener Aktien
    • Der Rückkauf eigener Aktien wird rechnungslegungsrechtlich betrachtet als:
      • Kapitalherabsetzungsvorgang.
    • Der Rückkauf eigener Aktien führt
      • zu einer Entreicherung der Aktiengesellschaft und
      • zu einer Reduktion des Haftungssubstrats,
        • weil Aktienkapital nicht durch sich selbst, sondern nur durch echte Aktiven gedeckt werden kann.
    • Wenn zurückgekaufte eigene Aktien wieder ausgegeben werden,
      • ist rechnungslegungsrechtlich der Minusposten gemäss OR 959a Abs. 2 Ziff. 3 lit. 3 wieder aufzulösen.
    • Ein Differenzbetrag zwischen Ausgabepreis und Anschaffungskosten
      • ist buchhalterisch nach weit überwiegender Auffassung erfolgsneutral im Eigenkapital zu erfassen.
  • Massgeblichkeitsprinzip
    • Die bundesgerichtliche Rechtsprechung geht prinzipiell davon aus,
      • dass der Rückkauf eigener Aktien wirtschaftlich zu einer sofortigen Entreicherung der Gesellschaft führt und
      • dass eine spätere Wiederbegebung der Aktien als Finanzierungsvorgang zu betrachten ist,
        • welche über die Scharnierfunktion von DBG 58 Abs. 1 lit. a (Massgeblichkeitsprinzip) auch für die Gewinnsteuern Wirkung erheischt.
  • Zu Unrecht vom KStA ZH erhöhter steuerbarer Reingewinn
    • Das Kantonale Steueramt hat damit den steuerbaren Reingewinn der Steuerpflichtigen zu Unrecht um die nicht erfolgswirksam verbuchte Differenz zwischen Anschaffungskosten und Zuteilungswert der für das Mitarbeiterbeteiligungsprogramm verwendeten Aktien erhöht.

Entscheid des Verwaltungsgerichts

  • Gutheissung der Beschwerde.

Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
vom 11.01.2023
SB.2022.00006

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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