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Opferhilferecht

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Opfereigenschaft eines fremdplatzierten Kindes auch nach Adoption bejaht

Datum:
01.06.2023
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Opferhilferecht
Thema:
Opfereigenschaft eines fremdplatzierten Kindes
Stichworte:
Adoption, fremdplatzierte Kinder, Opfer, Opfereigenschaft, Pflegefamilie
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Art. 1 f. AFZFG

Für das bei einer fremden Familie vor 1981 behördlich platzierte Kind darf es bei Integritätsverletzungen keinen Unterschied machen, ob diese von der Familie begangen wurden,

  • vor der Adoption als Pflegefamilie oder
  • erst nach der Adoption.

Das Bundesgericht (BGer) bestätigt den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts (BVGer):

  • Es weist damit eine Beschwerde des Bundesamtes für Justiz (BJ) ab, welches die Opfereigenschaft eines fremdplatzierten Kindes nach der Adoption durch die Pflegefamilie verneinen wollte.

«Ein Kind wurde 1967 seiner Mutter weggenommen und behördlich bei einer Pflegefamilie fremdplatziert. Die Pflegeeltern adoptierten das Kind im Alter von knapp zweieinhalb Jahren. In der Folge musste es im Vorschulalter und im schulpflichtigen Alter bei seinen Adoptiveltern körperliche Gewalt sowie wirtschaftliche Ausbeutung durch übermässige Beanspruchung seiner Arbeitskraft erleiden. Im Januar 2018 beantragte der Betroffene beim Bundesamt für Justiz (BJ) die Ausrichtung eines Solidaritätsbeitrags für Opfer im Sinne des Bundesgesetzes über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 (AFZFG). Das BJ wies zuerst das Gesuch und dann die gegen diese Verfügung erhobene Einsprache des Betroffenen ab. Das Bundesverwaltungsgericht hiess die Beschwerde des Betroffenen gut, hob den Einspracheentscheid des BJ auf und wies die Angelegenheit dem BJ zurück, wogegen das BJ beim Bundesgericht eine Beschwerde eingereicht hat. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Gestützt auf eine vertiefte Auslegung des AFZFG kommt das Bundesgericht zum Schluss, dass ein Kind auch nach einer Adoption durch seine vormaligen Pflegeeltern als fremdplatziert im Sinne von Artikel 2 Buchstabe b des AFZFG gilt, womit es auch nach der Adoption von einer Fremdplatzierung betroffen ist und die Opfereigenschaft nach Artikel 2 Buchstabe d AFZFG erfüllen kann.»Quelle: Medienmitteilung des Bundesgerichts vom 01.06.2023

BGer 2C_393/2022 vom 05.05.2023

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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