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Sozialversicherungsrecht / Arbeitsrecht

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AHV-Reform 2021: Aktualisierung von Arbeitsverträgen mit Frauen?

Datum:
13.07.2023
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht, Arbeitsrecht
Thema:
Arbeitnehmerinnen und höheres Pensionsalter (Referenzalter)
Stichworte:
AHV, AHV-Reform 2021, Arbeitnehmerinnen, Arbeitsverträge, Pensionsalter, Referenzalter
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Erhöhung des ordentlichen Ehefrauen-Rentenalters von 64 auf 65 Jahre

«Einleitung

Die AHV-Reform 2021 bringt verschiedene Neuerungen mit Reflexwirkungen für Frauen als Arbeitnehmerinnen.

Inkrafttreten der AHV-Reform 2021

Am 01.01.2024 tritt die Reform der Alters- und Hinterlassenenversicherung AHV 21, welche vom Souverän an der Volksabstimmung vom 22.09.2022 angenommen hatte, in Kraft.

Altes Thema – neuer Begriff («Referenzalter»)

Im AHV-Gesetz und nun in den Verordnungen und Weisungen wurde der Begriff «Rentenalter» ersetzt durch den Begriff

  • «Referenzalter».

Höheres Pensionierungsalter für Frauen

Eine der mit der AHV-Reform 2021 verbundenen Neuigkeiten bildet die Erhöhung des ordentlichen Rentenalters der Frauen (neu «Referenzalter»).

Für Frauen wird es von 64 auf 65 Jahre erhöht und so dem Referenzalter der Männer angepasst, wobei die Angleichung ab 01.01.2025 in vier Schritten umgesetzt wird und ab 01.01.2028 für alle Frauen einheitlich 65 Jahre beträgt:

  • Erster Schritt
    • Anstieg des Referenzalters am 01.01.2025 um 3 Monate
      • Für die Frauen des Jahrgangs 1961
        • 64 Jahre und 3 Monate.
  • Zweiter Schritt
    • Anstieg des Referenzalters am 01.01.2026 um weitere 3 Monate
      • Für die Frauen des Jahrgangs 1962
        • 64 Jahre und 6 Monate.
  • Dritter Schritt
    • Anstieg des Referenzalters am 01.01.2027 um weitere 3 Monate
      • Für die Frauen des Jahrgangs 1963
        • 64 Jahre und 9 Monate.
  • Vierter Schritt
    • Anstieg des Referenzalters am 01.01.2028 um weitere 3 Monate
      • Für die Frauen des Jahrgangs 1964 und die folgenden Jahrgänge
        • 65 Jahre.

Vgl. auch: «Reform AHV 21» tritt am 01.01.2024 in Kraft

Je nach Arbeitsvertrag ein Handlungsbedarf

Hinsichtlich des Arbeitsrechts kann die Erhöhung des Referenzalters – je nach Arbeitsvertrag – zu einem Handlungsbedarf führen.

Für die Beurteilung eines Handlungsbedarfs ist die folgende Unterscheidung von primärer Wichtigkeit:

Unbefristeter Arbeitsvertrag: Kein Handlungsbedarf

Ein Arbeitsverhältnis gilt als unbefristet, wenn der Arbeitsvertrag auf unbestimmte Dauer geschlossen wurde:

  • Für die Auflösung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses, muss es von einer der Vertragsparteien gekündigt werden.
  • Die Arbeitsvertragsparteien können das Arbeitsverhältnis aber auch einvernehmlich beenden und eine Aufhebungsvereinbarung

Demnach ergibt sich folgendes:

  • Bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen ergibt sich aus der Erhöhung des Referenzalters kein Anpassungsbedarf.

Unbefristeter Arbeitsvertrag: Beendigung auf das neue Referenzalter hin

Soll das Arbeitsverhältnis auf das Erreichen des (neuen) Referenzalters der Arbeitnehmerin hin aufgelöst werden, ist folgendes möglich:

Der einzige Unterschied gegenüber der aktuellen Rechtslage ist derjenige, dass der Zeitpunkt, zu welchem das Referenzalter erreicht wird, bei Frauen ab dem Jahr 2024 später als unter dem bisher geltenden Recht eintreten wird.

Befristeter Arbeitsvertrag: Bei abstrakter Formulierung kein Handlungsbedarf

Viele Arbeitsverträge enthalten eine Beendigungsklausel, wonach das Arbeitsverhältnis bei Erreichen des «ordentlichen Rentenalters» endet.

Damit liegt ein befristetes Arbeitsverhältnis vor.

Oft wurde bzw. wird beispielsweise folgende oder eine ähnliche Beendigungsklausel verwendet:

  • «Das Arbeitsverhältnis kann jederzeit unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist auf Ende des Monats gekündigt werden; das ungekündigte Arbeitsverhältnis endet spätestens beim Erreichen des ordentlichen Rentenalters.»

Bei dieser abstrakten Formulierung lässt sich unmissverständlich auch das neue Rentenalter für Frauen und die neue Begrifflichkeit «Referenzalter» (statt der bisherigen Definition «Rentenalter») subsumieren.

Befristeter Arbeitsvertrag: Formulierung mit Handlungsbedarf

Es sind auch Formulierungen der Beendigungsklauseln anzutreffen, die ggf. zu ändern sind:

  • Anknüpfung an ein bestimmtes, niedriges Alter als das künftige «Referenzalter»;
  • Anknüpfung an einen Pensionierungsumstand;
  • etc.

Möchten die Arbeitsvertragsparteien vermeiden, dass das Arbeitsverhältnis trotz Erhöhung des «Referenzalters» bereits mit der Vollendung des 64. Altersjahrs endet, bedarf es einer entsprechenden «einvernehmlichen Vertragsänderung».

Rentenbezug

Die AHV-Reform 2021 ermöglicht mehr Flexibilität beim Zeitpunkt des Rentenbezugs:

  • Künftig kann die Rente bezogen werden:
    • frühestens ab 63 Jahren;
    • spätestens ab 70 Jahren;
    • Anpassung in Monatsschritten (bisher: in Jahresschritten).

Weiterarbeit

Der «flexibilisierte Rentenbezug» soll Erwerbstätige motivieren, über das «Referenzalter» hinaus weiterzuarbeiten:

  • AHV-Beiträge nach 65 Jahren in Rentenberechnung
    • Ab 01.01.2024 werden künftig die nach dem Alter 65 bezahlten AHV-­Beiträge für die Rentenberechnung berücksichtigt.
  • AHV-Beitragsbefreiung infolge Weiterarbeit über das Referenzalter hinaus
    • Der Freibetrag von CHF 1400 Bruttolohn pro Monat ist bei der Weiterarbeit über das «Referenzalter» hinaus bis zum Endzeitpunkt AHV-beitragsbefreit.
  • Beitragslücken
    • Auf den Freibetrag kann neu verzichtet werden, um dadurch
      • allfällige Beitragslücken zu schliessen und / oder
      • den Rentenbetrag zu erhöhen.

Planen die Arbeitsvertragsparteien, dass die Arbeitnehmerin über das Rentenalter hinausarbeitet, stellt sich auch hier die Frage, ob der vorbestandene Arbeitsvertrag anzupassen ist oder nicht.

Ist das Arbeitsverhältnis unbefristet geschlossen worden,

  • läuft dieses ohnehin weiter,
    • wenn es nicht gekündigt ist oder
    • einvernehmlich aufgehoben wird.

Ist das Arbeitsverhältnis – auf den Zeitpunkt des «Rentenalters» bzw. neu des «Referenzalters» – befristet,

Änderung des Arbeitspensums

Der Gesetzgeber hat mit der Flexibilisierung des Rentenbezugs vor allem auf Änderungen am Arbeitspensum fokussiert:

  • Pensumreduktion in den Jahren vor Erreichen des «Referenzalters»;
  • Weiterarbeiten mit reduziertem Pensum über das «Referenzalter» hinaus.

Denkbar ist auch eine Kombination von:

  • Pensums-Reduktion
    • Es kann das Pensum der Erwerbstätigkeit reduziert werden.
  • Rentenbezug-Änderung
    • Die Rente kann
      • teilweise vorbezogen oder
      • aufgeschoben werden.

Eine Änderung des Arbeitspensums erfordert eine entsprechende «einvernehmliche Vertragsänderung» und damit das Einverständnis beider Arbeitsvertragsparteien.

Nebst der Arbeitsvertragsänderung sind von den Arbeitsvertragsparteien Implikationen abzuklären auf:

  • Arbeitslosenversicherung (ALV);
  • Säule (BVG);
  • Einkommenssteuern.

Fazit

Quintessenz der vorstehenden Ausführungen:

  • Beendigung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses
  • Ein auf das ordentliche Rentenalter befristeter Arbeitsvertrag
    • Keine Anpassung – wegen der AHV-Reform 2021 – von Arbeitsverträgen, die auf das Erreichen des ordentlichen Rentenalters befristet sind.
  • Ein auf ein bestimmtes Schlussalter geschlossener Arbeitsvertrag
    • Wurde im Arbeitsvertrag ein bestimmtes Schlussalter festgehalten, kann, damit das Arbeitsverhältnis nicht automatisch vor dem neuen «Referenzalter» endet, eine Änderungsvereinbarung geschlossen werden.
  • Arbeitspensum-Reduktion
    • Möchten die Arbeitsvertragsparteien das Arbeitspensum der Arbeitnehmerin im Rahmen eines «flexiblen Altersrücktritts» reduzieren, verlangt dies eine einvernehmliche Vertragsänderung.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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