LAWNEWS

Arbeitsrecht

QR Code

Grossbanken-Fusion: Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses

Datum:
13.04.2023
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht
Thema:
Grossbanken-Fusion
Stichworte:
Änderungskündigung, Arbeitgeberkündigung, Arbeitnehmerkündigung, Arbeitszeugnis, Aufhebungsvereinbarung, Auflösung Arbeitsverhältnis, Entlassung, Freistellung, Massenentlassung
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG
von
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte

Teil 7

Die Einleitung

Die Übernahme der CS durch die UBS – unabhängig von der Fusionsform (Absorption, Vertragsübernahme etc.) – bringt – wie Teil 1 dargelegt – für die Mitarbeitenden der Credit Suisse während der nächsten Monate eine Zeit der Unsicherheit.

Beim Stellenabbau ist stets die Ultima ratio die Entlassung, d.h. die Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

Grundsätze des schweizerischen Arbeitsrechts

Das schweizerische Arbeitsrecht

  • basiert auf dem Prinzip der «Kündigungsfreiheit»;
  • kennt im Gegensatz zu ausländischen Rechten keinen Bestandesschutz.

Ausnahmen:

Keine Regel ohne Ausnahmen!

Die Gesetzgebung kennt zwei Kündigungsschutzarten:

  • den sachlichen Kündigungsschutz
    • Der sachliche Kündigungsschutz bezieht sich auf das Kündigungsmotiv
    • Das Kündigungsmotiv soll nicht sein:
      • nicht verwerflich und
      • nicht missbräuchlich
    • siehe: missbräuchliche Kündigung
  • den zeitlichen Kündigungsschutz
    • Der zeitliche Kündigungsschutz greift dann ein, wenn die Beendigung des Arbeitsvertrages als unzeitig erscheint
    • Das Kündigungsmotiv bleibt dabei unbeachtlich.
    • siehe: Kündigung während Sperrfristen

Entlassungs-Definition

Die Kündigung des Arbeitsvertrags beinhaltet eine einseitige Willenserklärung, mit welcher der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beenden.

Die Entlassung fokussiert auf die Kündigung des Arbeitgebers; sie ist begrifflich negativ konnotiert.

Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist der Oberbegriff für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung oder einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsvertrages.

Entlassungs-Grundlagen

Die Entlassungsgrundlagen sind in der Regel anlassbezogen:

Entlassungs-Arten

Die wichtigste Unterscheidung ist jene bei der Kündigung in:

  • Ordentliche Kündigung
    • Die Kündigungsfristen betragen nach Gesetz:
      • 1 Monat im ersten Dienstjahr
      • 2 Monate im zweiten bis neunten Dienstjahr
      • 3 Monate ab dem zehnten Dienstjahr
    • Arbeitgeber und Arbeitnehmer können schriftlich eine abweichende Regelung treffen, wobei die Kündigungsfrist nicht weniger als einen Monat betragen darf.
    • Für weitere Details siehe
  • Fristlose Kündigung
    • Der Arbeitgeber (oder Arbeitnehmer) kann das Arbeitsverhältnis jederzeit aus wichtigen Gründen fristlos auflösen.
    • Als wichtiger Grund gilt jeder Umstand, der die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar macht.
    • Eine Unzumutbarkeit liegt in der Regel vor, wenn der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber schwere Vertragsverletzungen begeht:
      • Arbeitnehmer
        • beharrliche Arbeitsverweigerung
        • Straftaten zum Nachteil des Arbeitgebers (Tätlichkeiten, grobe Beleidigungen, Veruntreuung usw.)
        • Konkurrenzierung des Arbeitgebers
        • Störung des Betriebsfriedens
      • Arbeitgeber
        • Beharrliche Nichtbezahlung des Lohnes
        • Krasse Verletzung der Fürsorge- bzw. Sicherheitspflichten
        • etc.
    • Risiko
    • Für weitere Details siehe
  • Massenentlassung
    • Eine Massenentlassung des Arbeitgebers liegt vor, wenn ein Arbeitgeber innert 30 Tagen Kündigungen ausspricht gegen
      • 10 Arbeitnehmer in Betrieben, die in der Regel mehr als 20 und weniger als 100 Arbeitnehmer beschäftigen
      • mindestens 10 % der Arbeitnehmer in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 und weniger als 300 Arbeitnehmern
      • mindestens 30 Arbeitnehmer in Betrieben mit in der Regel mindestens 300 Arbeitnehmern
    • Weitere Erfordernisse
      • Konsultation der Arbeitnehmervertretung
      • Anzeige ans kantonale Arbeitsamt
    • Für weitere Details siehe

Änderungskündigung

Eine Änderungskündigung ist die Arbeitsvertragskündigung des Arbeitgebers verbunden mit dem Angebot, einen neuen Arbeitsvertrag zu veränderten Bedingungen zu schliessen (Verknüpfung von Antrag auf Vertragsänderung und Kündigung).

Aufhebungsvereinbarung

Ein Aufhebungsvertrag ist eine Vereinbarung, mit welcher der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer einvernehmlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses regeln.

Entlassung

Die Entlassung (konnotierter Begriff für Arbeitgeberkündigung) hat nicht nur arbeitsrechtliche Folgen, sondern auch vorsorge-, sozialversicherungs- und steuerrechtliche Wirkungen.

Arbeitgeberkündigung

Wird die Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber ausgesprochen, wird allgemein von einer sog. «Arbeitgeberkündigung» gesprochen.

Arbeitnehmerkündigung

Wird die Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitnehmer ausgesprochen, wird allgemein von einer sog. «Arbeitnehmerkündigung» gesprochen.

Freistellung

Bei der Freistellung verzichtet der Arbeitgeber auf die weitere Arbeitsleistung des Arbeitnehmers bis zum Ablauf der Kündigungsfrist; entscheidend ist weiter, ob der Arbeitnehmer während einer bestimmten Zeit oder bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Arbeitsleistung zu erbringen hat (+ Ferien beziehen kann/soll) bzw., ob er sich zur Verfügung des Arbeitgebers zu halten hat; bei einer Freistellung werden die übrigen Rechte und Pflichten sowie insbesondere die Lohnfortzahlungspflicht nicht tangiert.

Arbeitszeugnis

Das Arbeitszeugnis gilt als privat-schriftliche Urkunde des Arbeitgebers, in welcher er die Personalien des Arbeitnehmers, die Art und die Dauer des Arbeitsverhältnisses wiedergibt und sich wohlwollend über seine Leistungen und sein Verhalten äussert.

Nachvertragliche Pflichten

Die nachvertraglichen Pflichten treffen sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer:

  • Arbeitgeber
    • Begründung der Kündigung
    • Einsichtsgewährung in das Personaldossier des Arbeitnehmers
    • Verpflichtung, dem Arbeitnehmer das berufliche Fortkommen nicht zu erschweren
    • Ausstellung notwendiger Bestätigungen
      • zB Lohnausweis
      • zB Arbeitgeberbestätigung für die Arbeitslosenkasse
    • Leistung von Lohnnachgenuss bei Tod des Arbeitnehmers an dessen Angehörige, denen gegenüber der Arbeitnehmer unterstützungspflichtig war
    • Versicherungspflicht (vgl. UVG 69)
    • Weitergabe der Unfallversichererinformationen an den Arbeitnehmer
      • mittels Informationsschreibens
      • Hinweis auf die Abredeversicherung
    • Fürsorgepflicht
    • Datenschutz / Persönlichkeitsschutz
    • Ausstellung eines Schlusszeugnisses
    • Erteilung von Referenzauskünften
  • Arbeitnehmer
    • Treuepflicht
    • Geheimhaltungspflicht
    • Wahrung eines strafbewehrten Berufsgeheimnisses (Bankgeheimnis, Anwaltsgeheimnis, Arztgeheimnis etc.)
    • Beachtung eines Konkurrenzverbotes und eines allf. Kundenabwerbeverbots (OR 340 – OR 340c)
    • Mitarbeiterabwerbeverbot.

Entlassungs-Checkliste

Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer könnten folgende Checklisten hilfreich sein:

Checklisten:

Special für Arbeitgeber: Agenda des Kündigungsschutzes

Bei Kündigung stehen oft folgende Themen auf der Traktandenliste:

  • Kündigungsfristen
  • Begründung der Kündigung
  • Missbräuchliche Kündigung
  • Sperrfristen
  • Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers bei Krankheit/Unfall/Schwangerschaft
  • Fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber
  • Fristloses Verlassen der Stelle durch den Arbeitnehmer

Download: Agenda des Kündigungsschutzes (PDF, 25 KB)

Special für Arbeitgeber: Entlassungen nicht einziges Mittel für Ausgabensenkung

Die Unternehmer haben teils bessere Optionen, die sogar die Mitarbeitermotivation steigern, wobei die Mitarbeiter auch mitmachen müssen und in der Regel auch mitmachen:

  • Längere Arbeitszeiten bei gleichem Gehalt
  • Umwandlung von Voll- in Teilzeitarbeit
    • Arbeitszeit- und Verdienstreduktion um je 10, 15 oder 20 %
  • Flexible Arbeitszeiten einführen, aber auch gleichzeitig Teile des Fixgehaltes variabel und vom Erfolg abhängig gestalten (Mitarbeiter geben einen Teil ihres fixen Lohnes zugunsten der variablen Vergütung auf, haben aber die Chance, dass sie bei übertroffenen Zielen mehr erhalten als vorher)
    • Wichtig: präzise Zielvereinbarungen
    • „Klammerziele“: Beiträge für das Team, den Bereich oder das Gesamtunternehmen verabreden
    • Vorteil: 5 – 15 % Reduktion der gesamten Personalkosten
    • Nachteil: Komplexität, Fallstricke in Gesetz oder GAV
  • Überbetrieblicher Personalpool mit Personalverleih
  • Strategisches Personalmanagement
    • (kurzfristige) Sparmassnahmen bei
      • Nebenkosten
      • Freiwilligen Sozialleistungen
      • Einsparmöglichkeiten: 40 – 60 %.
    • Achtung:
      • Zitrone nicht zu fest auspressen
      • Arbeitnehmer müssen sich mit der Unternehmung

identifizieren und an die Zukunft glauben

  • Vernachlässigung der langfristigen Personalpolitik
  • Abbau von Überstundenguthaben
  • Einführung von Kurzarbeit
  • Feriengestaltung
    • Unbezahlter Urlaub
    • Betriebsferien
    • Weiterbildungsurlaub
  • Insourcing
    • Personaleinsatz für Reparatur und Erneuerung
    • Personaleinsatz für Unterhalt (zB Gartenarbeiten)

Download: Entlassungen nicht einziges Mittel für Ausgabensenkung (PDF, 33 KB)

Special für Arbeitgeber: Trennungsgespräche

Jeder tut sich schwer, Mitarbeitern die Nachricht vom Ende der Zusammenarbeit angemessen mitzuteilen!

Dennoch gibt es einige Regeln wie das Vorgehen fair und respektvoll gestaltet werden kann:

To do’s

  • Kündigen ist Chefsache
    • Vertreter der Personalabteilung kann dabei sein
    • Aber keine Delegation, insbesondere nicht der Entlassungserklärung
  • Gute Vorbereitung
    • Wer führt das Gespräch? Immer der Fachvorgesetzte!
    • Wo findet das Gespräch statt? Im Chefbüro (man fühlt sich besser als im unpersönlichen Sitzungszimmer)
    • Zeitpunkt? Am besten vormittags am Wochenanfang! So hat der Betroffene auch Gelegenheit sich Beratung zu suchen.
    • Checkliste für die Besprechungspunkte erstellen
      • ev. Beratung durch einen Arbeitsrechtler
      • Kündigungsbegründung festlegen
      • Kündigungsschreiben und ev. Freistellungserklärung (samt Quittung für die Rückgabe der Arbeitgeber-Gegenstände) vorbereiten lassen
      • Historie, die zur Kündigung führte
      • Prozedere für den Vollzug des Austritts

siehe

  • Muster Informationsschreiben Versicherungen
  • Kontrollblatt für Arbeitgeber: Austritt eines Arbeitnehmers
  • Gute Gesprächsführung
    • Kündigung in den ersten 3 Minuten mitteilen
    • Äussern Sie ihr Bedauern. Thematisieren Sie nicht langatmig Ihr Befinden.
    • Kündigung gut begründen
    • Unmissverständliche und ehrliche Äusserungen
    • Gelegenheit für emotionale Reaktionen oder Rechtfertigungen geben
    • die nächsten Schritte der Entlassung erklären

Download: Trennungsgespräche (PDF, 47 KB)

Quelle: https://law.ch/lawinfo/entlassung-kuendigung/specials/

Fazit

Nach einer Arbeitsvertragskündigung, sei es durch den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer wird empfohlen, eine Standortbestimmung der jeweiligen Rechte und Pflichten zu machen und die nächsten Schritte zu überlegen:

  • Arbeitnehmer
    • Abklärung Ferienguthaben
    • Stellensuche
    • Organisation Bewerbungsgespräche
    • Arbeitsvertragserfüllung bis zum Vertragsende
    • Prüfung und Wahrung der nachvertraglichen Arbeitnehmerpflichten
    • usw.
  • Arbeitgeber
    • Abklärung Ferienguthaben des scheidenden Arbeitnehmers
    • Ggf. Suche eines neuen Mitarbeiters
    • Organisation Bewerbungsgespräche
    • Arbeitsvertragserfüllung bis zum Vertragsende
    • Versicherungspflicht (vgl. UVG 69)
    • Weitergabe der Unfallversicherer-Informationen an den Arbeitnehmer
      • mittels Informationsschreibens
      • Hinweis auf die Abrede-Versicherung
    • Prüfung und Wahrung der nachvertraglichen Arbeitgeberpflichten
    • etc.

    Kontakt

    Bürgi Nägeli Rechtsanwälte

    Kontakt / Help

    Bürgi Nägeli Rechtsanwälte

    Anrede

    Ihr Vorname*

    Ihr Nachname*

    Firma

    Telefonnummer*

    Betreff (Interessen- / Streitgegenstand)*

    * = Pflichtfelder

    Eine Kopie der Mitteilung geht an die im Feld "E-Mail" angegebene E-Mail-Adresse.

    Vorbehalt / Disclaimer

    Diese allgemeine Information erfolgt ohne jede Gewähr und ersetzt eine Individualberatung im konkreten Einzelfall nicht. Jede Handlung, die der Leser bzw. Nutzer aufgrund der vorstehenden allgemeinen Information vornimmt, geschieht von ihm ausschliesslich in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko.

    Urheber- und Verlagsrechte

    Alle in dieser Web-Information veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Das gilt auch für die veröffentlichten Gerichtsentscheide und Leitsätze, soweit sie von den Autoren oder den Redaktoren erarbeitet oder redigiert worden sind. Der Rechtschutz gilt auch gegenüber Datenbanken und ähnlichen Einrichtungen. Kein Teil dieser Web-Information darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – sämtliche technische und digitale Verfahren – reproduziert werden.