SchKG 17; VVAG 9 Abs. 2, VVAG 11, VVAG 16; VZG 9 + 99 Abs. 2
Mit dem Konkurs eines Gesellschafters wird die einfache Gesellschaft aufgelöst:
- Die Modalitäten einer Abtretung der Anteilsrechte der Konkursmasse richten sich nach der Verordnung über die Pfändung und Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen (VVAG; SR 281.41).
- Der Konkursverwaltung steht dabei ein gewisser Ermessensspielraum zu.
Im Einzelnen:
Sachverhalt
«In der Konkursmasse von A.________ befindet sich ein Anteil an einer einfachen Gesellschaft. Im Gesamteigentum dieser Gesellschaft stehen zwei Liegenschaften in V.________ (W.________weg xx und yy). Einzige Mitgesellschafterin ist die Ehefrau von A.________. Sie ist im Konkurs ihres Ehemannes gleichzeitig mit Unterhaltsforderungen kolloziert.
Die Konkursmasse des A.________, vertreten durch das Konkursamt U.________, schloss am 18. Januar 2021 mit der Mitgesellschafterin bzw. Ehefrau einen Vertrag über den Verkauf des Gesamthandanteils ab. Mit Schreiben vom 19. Januar 2021 informierte das Konkursamt A.________ über den Vertragsabschluss und belehrte ihn über sein Beschwerderecht.» (A.a. + A.b.)
Prozess-History
- BG Uster als untere kantonale SchKG-Aufsichtsbehörde
- Am 1. Februar 2021 erhob A.________ Beschwerde beim Bezirksgericht Uster als untere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs.
- Er beantragte, die Verfügung des Konkursamtes vom 19. Januar 2021 sei aufzuheben und das Konkursamt sei anzuweisen, über die Beteiligungsverhältnisse und den Wert der im Gesamteigentum stehenden Liegenschaft Beweis zu erheben.
- Mit Beschluss vom 13. Juli 2021 wies das Bezirksgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.
- Obergericht des Kantons Zürich als obere kantonale SchKG-Aufsichtsbehörde
- Gegen den Beschluss des Bezirksgerichts erhob A.________ mit Eingabe vom 26. Juli 2021 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs und hielt in der Sache an seinen erstinstanzlichen Begehren fest.
- Mit Urteil vom 23. Dezember 2021 wies das Obergericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat, und bestätigte den Beschluss des Bezirksgerichts.
- Bundesgericht
- Mit Eingabe vom 12. Januar 2022 ist A.________ an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt im Wesentlichen die Aufhebung des Urteils des Obergerichts des Kantons Zürich vom 23. Dezember 2021 sowie die Aufhebung der Verfügung des Konkursamtes U.________ vom 19. Januar 2021.
- Zudem sei das Konkursamt anzuweisen, neue Beweismittel zu den Beteiligungsverhältnissen zu erheben sowie eine Schätzung der Liegenschaft anzuordnen.
- Mit Verfügung vom 31. Januar 2022 wurde der Beschwerde aufschiebende Wirkung im Sinne der Erwägungen gewährt.
Erwägungen des Bundesgerichts
Anlass zur Beschwerde gab die Verwertung eines zur Konkursmasse gehörenden Anteils an Gemeinschaftsvermögen im summarischen Verfahren durch Veräusserung an die einzige Mitgesellschafterin:
- Konkurseröffnung und Wirkungen
- Eröffnet das Konkursgericht über das Vermögen des Gesellschafters einer einfachen Gesellschaft den Konkurs,
- wird die einfache Gesellschaft aufgelöst (vgl. OR 545 Abs. 1 Ziffer 3);
- bestimmt das Konkursamt vorbehältlich der Kompetenzen des Gläubigerausschusses und der Gläubigerversammlung die Verwertungsart der zur Konkursmasse gehörenden Anteilsrechte (vgl. VVAG 16 Abs. 1).
- Eröffnet das Konkursgericht über das Vermögen des Gesellschafters einer einfachen Gesellschaft den Konkurs,
- Verwertungsvorbereitung
- Praxis
- Laut Bundesgericht (BGer) ist die Einigungsverhandlung zur Verwertung eines Gesamthandanteils im Konkursverfahren nicht zwingend vorgeschrieben, aber u.U. zweckmässig; diese beziehe sich nur auf den Zeitpunkt und die Versilberungsart von Aktiven (VVAG 16 Abs. 2 i.V.m. VVAG 9).
- Gesellschaftsunterlagen
- Bücher und Belege, zu deren Vorlage die Gesellschafter verpflichtet seien, dienten als Einigungsgrundlage für den Abfindungswert.
- Praxis
- Beschwerdefähigkeit
- Legitimation
- Die freihändige Verwertung des Gesamthandanteils kann vom Gemeinschuldner bei der SchKG-Aufsichtsbehörde angefochten werden (vgl. SchKG 17).
- Gemeinschuldnerziel
- Der Schuldner habe ein Interesse an einem möglichst hohen Verwertungserlös.
- Beschwerdegründe
- Der Gemeinschuldner kann anfechten
- nur die Gesetzmässigkeit,
- nicht aber die Unangemessenheit der Verwertung.
- Der Gemeinschuldner kann anfechten
- Legitimation
- Rüge 1 des BF – Verletzung des Grundsatzes der Einheit der Liquidation
- Liquidationsanteil als Verwertungsgegenstand
- Der BF weist zwar zutreffend darauf hin, dass VVAG 11 i.V.m. VVAG 16 Abs. 2 als Gegenstand der Versteigerung den Liquidationsanteil des Schuldners bezeichnet.
- Liquidationsgegenstand ist selbst dann sein Anteil, wenn einzig namhaftes Aktivum der einfachen Gesellschaft eine Liegenschaft ist.
- Keine Umfangsbeschränkung bloss auf den Anteil
- Unbegründet ist auch die Behauptung des BF, die Vorinstanz habe bei der Bestimmung des Umfangs seines Anteils einzig auf die Beteiligung an der Liegenschaft abgestellt, da der Liquidationsvertrag gerade eine umfassende Liquidation der Gesellschaft vorsieht und das Beteiligungsverhältnis dieser Liquidation zugrunde gelegt wurde.
- Liquidationsanteil als Verwertungsgegenstand
- Rüge 2 des BF – Umfang seines Liquidationsanteils an der einfachen Gesellschaft
- Umstrittener Massaanspruch?
- Die Vorbringen des BF, das Quantitativ seines Liquidationsanteils sei umstritten, basieren auf der unzutreffenden Prämissen:
- Gescheiterte Einigungsverhandlung (VVAG 9);
- Bestrittener Masseanspruch..
- Die Vorbringen des BF, das Quantitativ seines Liquidationsanteils sei umstritten, basieren auf der unzutreffenden Prämissen:
- Konkursmasse-Einigung mit der anderen Gesellschafterin
- Das Konkursamt als Vertreterin der Konkursmasse hat sich gütlich mit der einzigen Mitgesellschafterin geeinigt;
- von einer einseitigen Entscheidung der Masse über die materiell-rechtlichen Fragen konnte keine Rede sein.
- Das Konkursamt als Vertreterin der Konkursmasse hat sich gütlich mit der einzigen Mitgesellschafterin geeinigt;
- Funktion der Einigungsverhandlung
- Laut BGer gleicht die Einigungsverhandlung ihrem Wesen nach einer Vergleichsverhandlung.
- Ermessensspielraum der Konkursverwaltung
- Dem Konkursamt steht dabei ein Ermessensspielraum zu, d.h. für die
- Bestimmung der Verwertungsart;
- Ausgestaltung des Freihandverkaufs.
- Dem Konkursamt steht dabei ein Ermessensspielraum zu, d.h. für die
- Unzulässigkeit der Unangemessenheitsrüge
- Laut BGer ist Die Rüge der Unangemessenheit der gütlichen Einigung
- Umstrittener Massaanspruch?
weder zulässig
noch materiell begründet.
-
-
- Die Vorinstanz hat die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen sowie deren Abwägung einlässlich dargelegt.
-
- Rüge 3 des BF – Schätzungswert der Liegenschaft im Gesamteigentum der zu liquidierenden einfachen Gesellschaft
- Im Konkursverfahren finden die Regeln über eine Neuschätzung keine Anwendung (vgl. VZG 9 + VZG 99 Abs. 2), weshalb der Antrag des BF abzuweisen ist.
Der Beschwerde war kein Erfolg beschieden.
Entscheid des Bundesgerichts
- Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
- Die Gerichtskosten von Fr. 2’000.– werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
- Eine Parteientschädigung ist nicht zu leisten.
- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Konkursamt U.________, B.________ und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, mitgeteilt.
BGer 5A_24/2022 vom 21.03.2023
Art. 17 SchKG
1 Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.
2 Die Beschwerde muss binnen zehn Tagen seit dem Tage, an welchem der Beschwerdeführer von der Verfügung Kenntnis erhalten hat, angebracht werden.
3 Wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
4 Das Amt kann bis zu seiner Vernehmlassung die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung ziehen. Trifft es eine neue Verfügung, so eröffnet es sie unverzüglich den Parteien und setzt die Aufsichtsbehörde in Kenntnis.
Einigungsverhandlungen
Art. 9 VVAG
1 Wird die Verwertung eines Anteilsrechts an einem Gemeinschaftsvermögen verlangt, so versucht das Betreibungsamt zunächst, zwischen den pfändenden Gläubigern, dem Schuldner und den andern Teilhabern der Gemeinschaft eine gütliche Einigung herbeizuführen, sei es durch Abfindung der Gläubiger, sei es durch Auflösung der Gemeinschaft und Feststellung des auf den Schuldner entfallenden Liquidationsergebnisses.
2 Die Gemeinschafter sind zur Vorlage der Bücher und aller Belege verpflichtet, welche zur Feststellung des Abfindungswertes notwendig sind. Die Gläubiger erhalten jedoch nur mit Einwilligung aller Gemeinschafter Einsicht in die Bücher und Belege.
3 Die obere kantonale Aufsichtsbehörde kann zur Vornahme dieser Einigungsverhandlungen sich selbst oder die untere Aufsichtsbehörde als zuständig erklären.
Versteigerung des Anteilrechts
Art. 11 VVAG
1 Bei der Versteigerung gemäss Artikel 10 ist als Steigerungsgegenstand ausdrücklich der Liquidationsanteil des Schuldners an der genau zu bezeichnenden Gemeinschaft mit den namentlich zu nennenden Mitanteilhabern anzugeben. Letztere sind durch Spezialanzeige gemäss Artikel 125 Absatz 3 SchKG von Zeit und Ort der Steigerung in Kenntnis zu setzen.
2 Dem Ersteigerer ist eine schriftliche Bescheinigung des Betreibungsamtes darüber auszustellen, dass die Ansprüche des Schuldners auf Teilung der Gemeinschaft und Zuweisung des Liquidationserlöses auf ihn übergegangen sind.
III. Verwertung im Konkurs
Verfügung der Konkursverwaltung
Art. 16 VVAG
1 Im Konkursverfahren bestimmt die Konkursverwaltung unter Vorbehalt der Kompetenzen des Gläubigerausschusses und der Gläubigerversammlung die Art der Verwertung der zur Konkursmasse gehörenden Anteilsrechte.
2 Die Bestimmungen der Artikel 9 Absatz 2 und 11 dieser Verordnung sind entsprechend anwendbar.
B. Schätzung
Art. 9 VZG
1 Die Schätzung soll den mutmasslichen Verkaufswert des Grundstückes und seiner Zugehör, unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung, bestimmen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Pfandforderungen sind summarisch anzugeben, jedoch ist zu ihrer Feststellung ein Widerspruchsverfahren nicht einzuleiten.
2 Jeder Beteiligte ist berechtigt, innerhalb der Frist zur Beschwerde gegen die Pfändung (Art. 17 Abs. 2 SchKG) bei der Aufsichtsbehörde gegen Vorschuss der Kosten eine neue Schätzung durch Sachverständige zu verlangen. Hat ein Gläubiger die Schätzung beantragt, so kann er Ersatz der Kosten vom Schuldner nur dann beanspruchen, wenn die frühere Schätzung des Betreibungsamtes wesentlich abgeändert wurde. Streitigkeiten über die Höhe der Schätzung werden endgültig durch die kantonale Aufsichtsbehörde beurteilt
III. Grundbuchauszug und Schätzung
Art. 99 VZG
1 Nach der Mitteilung des Verwertungsbegehrens an den Schuldner und gegebenenfalls den Dritteigentümer des Grundpfandes (Art. 155 Abs. 2 SchKG) fordert das Betreibungsamt einen Auszug aus dem Grundbuch über das zu versteigernde Grundstück ein (Art. 28 und 73 hiervor) und ordnet die Schätzung an (Art. 9 Abs. 1 und 23 hiervor).
2 Das Ergebnis der Schätzung ist, wenn es nicht in die Steigerungspublikation nach Artikel 29 hiervor aufgenommen wird, dem Gläubiger, der die Verwertung verlangt, sowie dem Schuldner und einem allfälligen Dritteigentümer mit der Anzeige mitzuteilen, dass sie innerhalb der Beschwerdefrist bei der Aufsichtsbehörde eine neue Schätzung durch Sachverständige im Sinne des Artikels 9 Absatz 2 hiervor verlangen können.
Weiterführende Informationen
- SchKG-Beschwerde
- Ehegatten-Gesellschaft
- Gesamteigentum
- Verwertung im Konkurs
Quelle
LawMedia Redaktionsteam