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Gesellschaftsrecht

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Fortführungsschaden aus verspäteter Überschuldungsanzeige: Verschulden des Verwaltungsrats?

Datum:
02.08.2023
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Gesellschaftsrecht
Thema:
Organhaftung / Verschulden
Stichworte:
Geschäftsführeraussagen, Organhaftung, Verschuldung, VR-Exkulpation
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

OR 754

Ein Verwaltungsratsmitglied kann nicht einen Irrtum über die finanzielle Lage der Gesellschaft als exkulpierend geltend machen, wenn seine Informationen lediglich auf Rückfragen beim Geschäftsführer basierten.

Der VR kann sich nicht mit der Argumentation entlasten, dass er sich verlassen durfte auf:

  • die exekutiven Verwaltungsratsmitglieder;
  • die beruhigenden Aussagen des Geschäftsführers.

Der VR ist verpflichtet, die für seine Aufgabenerfüllung notwendigen Informationen zu beschaffen. Hiezu hätte er folgendes unternehmen können:

  • Erkundigung bei der Revisionsstelle;
  • Abklärung der Situation von Buchführung und Rechnungslegung bei der Gesellschaft bzw. bei der Buchführungsbeauftragten;
  • Ermittlung der Gründe für die Verzögerung bei der Erstellung von Buchhaltung und Jahresabschlüssen, d.h. Bilanzen und Erfolgsrechnungen;
  • Organisatorische Massnahmen zur Problembehebung.

Bekannte Mängel in der Unternehmensorganisation verlangen vom VR eine erhöhte Kontrollpflicht.

Es liegt kein unvermeidbarer Irrtum vor, der das Verschulden (eine der vier Haftungsvoraussetzungen) ausschliesst, wenn das VR-Mitglied

  • sich trotz offensichtlicher Organisationsmängel auf die Geschäftsführer-Aussagen verlässt;
  • noch andere Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung hatte.

Nur ganz aussergewöhnliche Umstände können das Verschulden eines Verwaltungsratsmitglieds ausschliessen.

BGer 4A_292/2022 vom 22.12.2022

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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