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Unternehmenssteuern / Strafrecht

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Steuerhinterziehung: Gleichzeitige Bestrafung von Gesellschaft + Organ aus der gleichen Straftat ist rechtens

Datum:
06.09.2023
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Unternehmenssteuern, Strafrecht
Thema:
Steuerhinterziehung
Stichworte:
Steuerhinterziehung, Straftat
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

DBG 177; DBG 181 Abs. 3; Art. 4 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK; Art. 14 Abs. 7 UNO Pakt II – Keine Verletzung des Grundsatzes «ne bis idem»

Sachverhalt

Die H. AG, mit Sitz im Kanton Genf, betrieb ein Transportunternehmen insbesondere für Beton. Der Vater des Beschwerdeführers A. (BF) war Alleinaktionär der H. AG und deren Verwaltungsratspräsident (VRP).

Der BF A. war Verwaltungsratssekretär und Geschäftsführer der H. AG.

In den Jahren 2002 bis 2010 mietete die H. AG, vertreten durch den GF A., Baufahrzeuge, die seinem Einzelunternehmen gehörten, unter anderem zu überhöhten Beträgen.

  1. unterzeichnete als Verwaltungsratssekretär der H. AG von 2008 bis 2010 die Bilanzen sowie die Gewinn- und Verlustrechnungen der Gesellschaft.

Für diese versteckte Gewinnausschüttungen wurde die H. AG wegen Steuerhinterziehungen gebüsst (Entscheid BGer 2C_333/2017 vom 12.04.2018).

In der Folge ermittelten die kantonalen Behörden auch gegen A. (BF) und verurteilten ihn wegen Beihilfe zu der von der H. AG begangenen Steuerhinterziehungen (DBG 177 i.V.m. DBG 181 Abs. 3).

Prozess-History

  • Der BF erhob Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht.
    • Der BF machte u.a. die Verletzung des Grundsatzes «ne bis in idem» geltend.
      • Gemäss dem Grundsatz «ne bis idem» darf niemand zweimal wegen derselben Straftat verurteilt werden.

Erwägungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht (BGer) stellte zusammengefasst folgende Erwägungen an:

  • Die Busse für die Beteiligung an der Steuerhinterziehung nach DBG 177 (siehe Box unten) habe den Charakter einer strafrechtlichen Sanktion im Sinne von EMRK 6 Abs. 1.
    • Der Grundsatz «ne bis in idem» finde daher Anwendung.
  • DBG 181 (siehe Box unten) postuliere ausdrücklich, dass im Falle der Verurteilung einer juristischen Person wegen Steuerhinterziehung zusätzlich noch die für sie handelnden Organe oder Vertreter wegen Beteiligung bestraft werden könnten.
    • Aus Sicht der BGer ist nicht ersichtlich, inwiefern dieses System das Prinzip ne bis in idem verletzten solle:
      • Eine AG und ihre Organmitglieder seien verschiedene Rechtssubjekte, weshalb die hier verhängten Strafen unterschiedliche Personen betreffen würden.

Entscheid des Bundesgerichts

  • Abweisung der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, unter Kostenfolgen

BGer 2C_872/2021 vom 02.08.2022   =   BGE 149 II 74 ff.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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