OR 266l, OR 266o + ZGB 972 i.V.m. ZGB 656 Abs. 1 + GBV 81 bzw. GBV 89 Abs. 3
Die Mietvertragskündigung ist nichtig, wenn nicht alle Vermieter bzw. Miteigentümer mitwirken.
Sachverhalt
Einer der drei Miteigentümer und Mitvermieter einer 4½-Zimmer-Wohnung im Kanton Waadt veräusserte seinen Miteigentumsanteil an eine Gesellschaft, wobei die erste Grundbuchanmeldung abgewiesen und die Gesellschaft erst mit der zweiten im Grundbuch eingetragen wurde. Der frühere Miteigentümer wirkte vor der Eintragung seiner Rechtsnachfolgerin im Grundbuch nicht an der Mietvertragskündigung mit.
Erwägungen des Bundesgerichts
Der von einer Mehrzahl von Vermietern und Mietern geschlossene Mietvertrag stellt ein einheitliches Rechtsverhältnis dar, welches alle Beteiligten bindet.
- Das Kündigungsrecht als unteilbares Gestaltungsrecht steht nur allen Vermietern oder Mietern gemeinsam zu und hätte hier von allen Vermietern ausgeübt werden müssen.
- Der grundbuchliche Vollzug der Eigentumsübergang erfolgte erst mit der zweiten Grundbuchanmeldung, weshalb der frühere Miteigentümer hätte mitwirken müssen.
Die Kündigung war daher nichtig.
Entscheid des Bundesgerichts
- Abweisung des Rechtsmittels der aktuellen Vermieter bzw. Miteigentümer, unter Kostenfolgen.
BGer 4A_26/2023 vom 14.02.2023
1. Form der Kündigung bei Wohn- und Geschäftsräumen
2. Im Allgemeinen
Art. 266l OR
1 Vermieter und Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen müssen schriftlich kündigen.
2 Der Vermieter muss mit einem Formular kündigen, das vom Kanton genehmigt ist und das angibt, wie der Mieter vorzugehen hat, wenn er die Kündigung anfechten oder eine Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen will.
3. Nichtigkeit der Kündigung
Art. 266o OR
Die Kündigung ist nichtig, wenn sie den Artikeln 266l–266n nicht entspricht.
II. Bedeutung der Eintragung
1. Im Allgemeinen
Art. 972 ZGB
1 Die dinglichen Rechte entstehen und erhalten ihren Rang und ihr Datum durch die Eintragung in das Hauptbuch.
2 Ihre Wirkung wird auf den Zeitpunkt der Einschreibung in das Tagebuch zurückbezogen, vorausgesetzt, dass die gesetzlichen Ausweise der Anmeldung beigefügt oder bei den vorläufigen Eintragungen nachträglich rechtzeitig beigebracht werden.
3 Wo nach kantonalem Recht die öffentliche Beurkundung durch den Grundbuchverwalter vermittelst Einschreibung in das Urkundenprotokoll erfolgt, tritt diese an die Stelle der Einschreibung in das Tagebuch.
B. Erwerb
I. Eintragung
Art. 656 ZGB
1 Zum Erwerbe des Grundeigentums bedarf es der Eintragung in das Grundbuch.
2 Bei Aneignung, Erbgang, Enteignung, Zwangsvollstreckung oder gerichtlichem Urteil erlangt indessen der Erwerber schon vor der Eintragung das Eigentum, kann aber im Grundbuch erst dann über das Grundstück verfügen, wenn die Eintragung erfolgt ist.
3. Kapitel: Eintragungsverfahren
Art. 81 GBV Behandlung der Anmeldung
1 In das Tagebuch eingetragen werden:
- Anmeldungen: sofort nach ihrem Eingang;
- von Amtes wegen eingeleitete Verfahren: sofort nach ihrer Einleitung.
2 Jeder Tagebucheintrag enthält:
- eine fortlaufende Ordnungsnummer, deren Zählung mit jedem Kalenderjahr neu beginnt;
- das Datum und die genaue Uhrzeit der Anmeldung oder der Einleitung des Verfahrens;
- den Namen oder die Firma und den Wohnort oder den Sitz der anmeldenden Person;
- den Inhalt des beantragten Hauptbucheintrags in Stichworten und die Bezeichnung der betroffenen Grundstücke oder einen Hinweis auf die Anmeldung. Sind alle Angaben der Anmeldung (Art. 47) bereits in einer Geschäftskontrolle erfasst, so genügt im Tagebuch der Hinweis auf diese.
3 Der Eintrag im Tagebuch wird auf Wunsch bescheinigt.
4. Kapitel: Eintragung in das Hauptbuch
1. Abschnitt: Grundsätze und Verfahren
1 Das Grundbuchamt trägt in das Hauptbuch nur ein, was in der Anmeldung beantragt wird.
2 Die Eintragungen werden in den dafür vorgesehenen Abteilungen des Hauptbuchs vorgenommen.
3 Der Eintrag im Hauptbuch erhält das Datum des Eintrags im Tagebuch.
4 Bemerkungen zu den Einträgen können in alle Abteilungen eingetragen werden und sind Teil des Eintrags.
Weiterführende Informationen
- Wohnungskündigung
- Miteigentumsanteil-Veräusserung
- Miteigentum allgemein
- Grundbuchrecht
Quelle
LawMedia Redaktionsteam