Ein Bericht, der im Auftrag des Bundesrats Adoptionen aus insgesamt 10 Herkunftsländern untersuchte, kam zum Schluss, dass es bei internationalen Adoptionen in der Vergangenheit in grösserem Umfang als bisher angenommen zu Unregelmässigkeiten kam:
- Der Bundesrat (BR)
- hat den Bericht am 08.12.2023 zur Kenntnis genommen;
- anerkennt und bedauert, dass es die schweizerischen Behörden trotz gewichtiger Hinweise unterlassen hatten, angemessene Massnahmen dagegen zu ergreifen;
- verlangt, um solche Unregelmässigkeiten in Zukunft zu verhindern, eine Revision des internationalen Adoptionsrechts.
- Eine unabhängige Expertengruppe soll dem BR bis Ende 2024 vertiefte Abklärungen vorlegen.
Die Detail-Informationen
«Im Auftrag des Nationalrats hatte der Bundesrat bereits früher die Praxis der privaten Vermittlungsstellen und Behörden bei Adoptionen aus Sri Lanka untersuchen lassen. Sein Bericht «Adoptionen von Kindern aus Sri Lanka in der Schweiz 1973-1997: zur Praxis der privaten Vermittlungsstellen und der Behörden» vom 11. Dezember 2020 hat gezeigt, dass es die Behörden von Bund und Kantonen trotz früher und eindeutiger Hinweise auf Unregelmässigkeiten bei Adoptionsvermittlungen aus Sri Lanka unterlassen hatten, angemessene Massnahmen gegen die Missstände zu ergreifen. Der Bundesrat hat nun einen weiteren Bericht erstellen lassen: «Adoptionen von Kindern aus dem Ausland in der Schweiz, 1970er- bis 1990er-Jahre: Bestandesaufnahme zu Unterlagen im Schweizerischen Bundesarchiv zu zehn Herkunftsländern». Diese zweite Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) kommt zum Schluss, dass es auch hier zu Unregelmässigkeiten gekommen ist.
Unregelmässigkeiten in weiteren Ländern
Die Ergebnisse dieser neuen Studie über Adoptionen aus Bangladesch, Brasilien, Chile, Guatemala, Indien, Kolumbien, Korea, Libanon, Peru und Rumänien hat der Bundesrat am 8. Dezember 2023 zur Kenntnis genommen. Laut der Studie hat es auch in diesen Herkunftsländern Hinweise auf illegale Praktiken, Kinderhandel, gefälschte Dokumente und fehlende Herkunftsangaben gegeben. Die genaue Zahl der Betroffenen lässt sich aufgrund der Aktenlage nicht ermitteln. Die Zahl der erteilten Einreisebewilligungen legt aber nahe, dass mehrere tausend Adoptivkinder im untersuchten Zeitraum von den Unregelmässigkeiten betroffen sein könnten.
Bundesrat spricht Betroffenen sein Bedauern aus
Der Bundesrat anerkennt die Unregelmässigkeiten bei den internationalen Adoptionen und bedauert, dass die Behörden ihre Verantwortung gegenüber den Kindern und ihren Familien nur unzureichend wahrgenommen haben. Diese Versäumnisse der Behörden prägen das Leben der damals adoptierten Personen bis heute. Es liegt in der Verantwortung der Kantone, die Betroffenen bei ihrer Herkunftssuche zu unterstützen. Ein am 15. November 2023 veröffentlichter Bericht im Auftrag der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) formuliert konkrete Empfehlungen, wie die unterschiedlichen Zuständigkeiten gebündelt und die Betroffenen bei der Herkunftssuche besser unterstützt werden können. Der Bund will die Kantone bei einer Lösungsfindung begleiten. Um das weitere Vorgehen zu diskutieren, treffen sich auf Einladung von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider Vertreterinnen und Vertreter des Bundes und der Kantone voraussichtlich in der ersten Hälfte 2024 zu einem Austausch.
Revision des internationalen Adoptionsrechts soll Missbräuche verhindern
Für den Bundesrat ist klar: solche Unregelmässigkeiten darf es nicht mehr geben. Auch wenn Bund und Kantone bereits viel getan haben, um die Praxis der internationalen Adoptionen transparenter und sicherer zu machen, kommt eine unabhängige Expertengruppe im Auftrag des Bundes in einem Zwischenbericht zum Schluss, dass mit einer Revision des internationalen Adoptionsrechts das Missbrauchspotential in Zukunft entscheidend gesenkt werden könnte. Der Bundesrat hat den Zwischenbericht zur Kenntnis genommen und die Expertengruppe beauftragt, ihm bis Ende 2024 vertiefte Abklärungen für eine Revision vorzulegen.»
Quelle: Mitteilung des Bundesamtes für Justiz vom 08.12.2023
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LawMedia Redaktionsteam