Raphael Märki
Der Verjährungseinredeverzicht
Zürich 2023
374 Seiten
DIKE Verlag
CHF 96.00
ISBN 978-3-03891-470-9
Buchart
Buch (gebunden)
Reihe «Eximius» 04, Hervorragende Beiträge zu den Rechtswissenschaften
Inhalt / Rezension
Einleitung
Bei der Geltendmachung und Abwehr von Ansprüchen ist das Verjährungsmanagement von besonderer Wichtigkeit.
Die Verjährung kann unterbrochen werden durch:
- Unterbrechungshandlungen des Schuldners (OR 135 Ziffer 1)
- (ausdrückliche) Forderungsanerkennung
- Stillschweigende Forderungsanerkennung
- Unterbrechungshandlungen des Gläubigers (OR 135 Ziffer 2)
- Schuldbetreibung
- Offene Betreibung (mit Betreibungsregistereintrag)
- Stille Betreibung
- Von einer stillen Betreibung wird gesprochen, wenn der Gläubiger ein Betreibungsbegehren einreicht, welches er vor Ausstellung des Zahlungsbefehls durch das Betreibungsamt bereits wieder zurückzieht (vgl. BGer 5A_18/2018 vom 21.06.2018, Erw. 2.1)
- Betreibung: Verjährungsunterbrechung mittels sog. stiller Betreibung
- Klage vor einem staatlichen Gericht oder Schiedsgericht
- ev. Rückzug unter Vorbehalt der Wiedereinbringung
- Vgl. Schlichtungsverfahren
- (Eingabe im Konkurs)
- Schuldbetreibung
Weigert sich der Schuldner, die Forderung ganz oder teilweise anzuerkennen, entsteht für den Gläubiger aufgrund des bevorstehenden Verjährungseintritts ein Handlungszwang:
- Er muss, will er seinen Anspruch nicht verjähren lassen, entweder betreiben (2/a) oder klagen (2/b).
- Droht der Gläubiger mit verjährungsunterbrechenden Massnahmen, wird vom Schuldner oft als Alternative die Abgabe einer sog. „Verjährungseinredeverzichtserklärung“
Zum Verjährungseinredeverzicht
Die Verjährungseinredeverzichtserklärung ist eine einseitige Erklärung des Schuldners, für eine bestimmte Dauer auf die Verjährungseinrede zu verzichten.
Erstaunlicherweise ist der Verjährungseinredeverzicht ein in der Praxis äusserst beliebtes Mittel des Verjährungsmanagements:
- Bedenkt man, dass eine Verjährungseinredeverzichtserklärung zur Situation führt,
- dass der Anspruch des Gläubigers anschliessend verjährt und die prozessuale Geltendmachung nur dadurch möglich ist, dass der Schuldner im Prozess auf die Einrede der Verjährung verzichtet;
- dass dem Schuldner alle Willensmängel-Behelfsmittel zur Verfügung stehen und er klage- oder einredeweise die Unverbindlichkeit des Verjährungseinredeverzichts geltend machen könnte (vgl. dazu auch die nachfolgenden Hinweise zum Muster des Autoren für eine Verjährungseinredeverzichtserklärung);
- dass Schuldner bei der Verlängerung des Verjährungseinredeverzichts die Abgabe der Verlängerungserklärung so lange hinauszögern, dass dem Gläubiger die Zeit für die Vorbereitung der Klageschrift und der massgebenden Beweismittel fehlen;
- dass die wiederholte Verlängerung des Verjährungseinredeverzichts das Befassungsinteresse des Gläubigers schwinden lässt.
- Verjährungseinredeverzichtserklärungen beinhalten daher meistens einen Vorteil für den Anspruchsschuldner.
- Für Gläubiger ist der Verjährungseinredeverzicht eine gefährliche, mit Fallstricken verbundene Last, zB
- Ausgestaltung des Verzichtstextes
- Prüfung des Verzichtstextes auf zu weit gehende Einschränkungen und Vorbehalte, denen man möglicherweise erst bei der Prozessvorbereitung gewahr wird;
- Fehlende Vollmachten (wegen Absenz von Prozessvollmachten)
- Einholung des Verjährungseinredeverzichts von der ermächtigten Person;
- Fristenkontrolle + Eingangsüberwachung
- Rechtzeitige Einholung des Verjährungseinredeverzichts (Schuldnerspielchen (so späte Zustellung, dass nicht mehr geklagt werden kann, „vergessenene“ Erklärungszustellungen etc.));
- Nachbetreuung
- Lückenlose Einholung der Verjährungseinredeverzichte;
- Ausgestaltung des Verzichtstextes
- Gläubiger sollten daher – wie oben erwähnt – die sichereren Unterbrechungsmittel der Betreibung oder Klage bevorzugen.
Es ist eine Strategie- und Philosophiefrage, ob man zur Zeitverschaffung für eine aussergerichtliche Parteieinigung auf das sozialverträglichere, aber rechtsunsichere Unterbrechungsmittel der „Verjährungseinredeverzichtserklärung“ zurückgreift oder, ob man – entsprechend kommuniziert – ein gesetzliches Verjährungsunterbrechungsmittel wählt (ev. abgeschwächt als stille Betreibung oder Klagerückzug unter Vorbehalt der Wiedereinbringung).
Zum Werk „Der Verjährungseinredeverzicht“
Der Autor hat sich in verdankenswerterweise eines die Anwaltschaft im Alltag stark beschäftigenden Themas angenommen.
In seinem Werk berücksichtigt der Autor in systematischer und übersichtlicher Darstellung
- das seit 01.01.2020 in Kraft stehende neue Verjährungsrecht;
- den revidierten Art. 141 OR über den Verjährungseinredeverzicht;
- die verschiedenen Neuerungen, die der Art. 141 OR mit sich bringt,
- wobei der Gesetzgeber in vielen Punkten am bisherigen Recht festhielt;
- alle Facetten des Verjährungseinredeverzichts:
- Zweck
- Rechtsnatur
- Form
- Anwendungsbereich
- Inhaltliche Ausgestaltung
- Widerruf und Modifikation
- Auslegung
- Wirkungen
- etc.
Ziel der vorliegenden Dissertation ist es,
- die revidierte Bestimmung über den Verjährungseinredeverzicht in seiner Gesamtheit zu erfassen und
- Unklarheiten zu beseitigen.
Als Service für die Leser des Werkes bietet der Autor ein Muster für eine Verjährungseinredeverzichtserklärung an, welches unserer Ansicht nach partiell unvollständig bzw. ungenügend ist:
- Es fehlt u.E. im Muster die Angabe für einen bezifferbaren Forderungs- oder Streitwert.
- Die gesetzlichen Verjährungsunterbrechungsmittel von Betreibung oder Klage verlangen, dass sich der Gläubiger betraglich festlegt und damit dem Schuldner ein betraglich quantifizierbares Risiko offenbart wird.
- Die fehlende Forderungs-, Interessenwert- oder Streitwert-Angabe kann dem Gläubiger im Anfechtungsfalle zum Nachteil gereichen.
- Sollten sich die Parteien nicht auf diese Wertangabe einigen können, hat der Gläubiger immer noch die Möglichkeit zur (stillen) Betreibung oder zur Klage (und Rückzug unter Vorbehalt der Wiedereinbringung).
Das Werk enthält die üblichen Hilfsmittel wie Literaturverzeichnis, Materialienverzeichnis, Abkürzungsverzeichnis und Sachregister.
Inhaltsübersicht
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Materialienverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
1. Teil: Grundlagen
- Grundlagen und Begriffe des Verjährungsrechts
- Revision des Verjährungsrechts
2. Teil: Entstehungsgeschichte und Rechtsvergleich (Art. 141 und 129 OR)
- Entstehungsgeschichte
- Internationale Modellregelwerke und europäische Rechtsordnungen
3. Teil: Verjährungseinredeverzicht (Art. 141 OR)
- Zweck
- Wesen des Verjährungseinredeverzichts
- Rechtsnatur des Verjährungseinredeverzichts
- Anwendungsbereich
- Wirkungen des Verjährungseinredeverzichts
- Vorausverzichtsverbot (Art. 141 Abs. 1 OR)
- Zehnjährige Maximaldauer (Art. 141 Abs. 1 OR)
- Dauer des Verjährungseinredeverzichts
- Form (Art. 141 Abs. 16’s Satz 1 OR)
- Verjährungseinredeverzicht in AGB (Art. 141 Abs. 1I»‹ Satz 2 OR)
- Widerruf und Modifikation
- Inhaltliche Ausgestaltung
- Wirkung gegenüber Dritten (Art. 141 Abs. 2-4 OR)
- Übergangsrecht
4.Teil: Verjährungsfristvereinbarung (Art. 129 OR)
- Einleitung
- Zweck
- Unabänderlichkeit der Verjährungsfristen des dritten Titels des OR
- Abänderlichkeit der Verjährungsfristen ausserhalb des dritten Titels des OR
- Konflikt zwischen Art. 141 und 129 OR?
- Unterschiede zwischen Verjährungseinredeverzicht und Verjährungsfristvereinbarung
5. Teil: Zusammenfassung
Anhang: Muster
Sachregister
Fokus
Unterbrechung der Verjährung durch Verjährungseinredeverzichtserklärung des Schuldners.
Bewertung
Grundlagenwerk zum aktuellen Stand von Gesetzgebung, Lehre und Rechtsprechung.
Weitere Detailinformationen zum Rechtsgebiet
- Verjährung
- Verjährungsunterbrechung
- Verjährungseinredeverzicht
- Stille Betreibung
- Schlichtungsbegehren + Klagerückzug unter Vorbehalt der Wiedereinbringung
Quelle
LawMedia Redaktionsteam