Einleitung
Oft wissen Schenkende nicht, woran der zu Beschenkende Freude hat oder was ihm an präferierten Gegenständen noch fehlt.
Auch wird der «Schenkentscheid» manchmal aus Zeitmangel oder anderen Gründen herausgeschoben.
Kurzfristig bleibt dann als sinnvolle Schenkidee nur ein «Gutschein».
«Geschenkgutscheine» sind daher die beliebtesten Geschenke.
Nach Weihnachten und im neuen Jahr häufen sich die Fragen zur Handhabung der erhaltenen Geschenkgutscheine.
Agenda
- Einleitung
- Übergabe des Geschenkgutscheins
- Geltendmachung des Geschenkgutscheins durch den Beschenkten
- Beginn der Gültigkeitsdauer des Geschenkgutscheins
- Ablaufdatum des Geschenkgutscheins (Befristung)
- Kein Ablaufdatum des Geschenkgutscheins (Verjährungsfrist)
- Gutschein-Frist abgelaufen oder Gutschein verjährt
- Geltendmachung des Gutscheins im Konkursverfahren des Ausstellers
- Fazit
- Weiterführende Informationen
Übergabe des Geschenkgutscheins
Mit der Übergabe des «Gutscheins» wird die Entscheid-Obliegenheit der Produktewahl und des Erwerbszeitpunkts auf den Beschenkten übertragen. Der Zeitmangel des Beschenkten, der fehlende Bedarf an Produkten des Gutschein-Schuldners oder das Missfallen der dort angebotenen Produkte führt dazu, dass Gutscheine nicht selten bei Seite gelegt werden und wieder zufällig – kurz vor oder nach Ablauf der Gültigkeitsdauer – entdeckt werden.
Vgl.
- Ablaufdatum des Geschenkgutscheins (Befristung)
- Kein Ablaufdatum des Geschenkgutscheins (Verjährungsfrist)
Geltendmachung des Geschenkgutscheins durch den Beschenkten
Persönlicher Gutschein
Nicht selten ist im Gutschein der Beschenkte namentlich genannt.
In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob der Gutschein nur durch die benannte Person eingelöst werden kann.
- Grundsatz
- Der Name des Beschenkten wird im Gutschein oft festgehalten, um dem Gutschein eine persönliche Note zu verleihen.
- Daher hat nicht zwangsläufig der Beschenkte den Gutschein einzulösen.
- In der Regel ist ein Gutschein übertragbar, so dass er von einer anderen Person eingelöst werden kann.
- Bei formalem Vorgehen des Gutschein-Ausstellers kann, sofern und soweit möglich, eine Abtretung an den neuen Besitzer bzw. Präsentanten erfolgen.
- hiezu auch
- Ausnahmen
- In folgenden Fällen wird auf eine Unübertragbarkeit des Gutscheins geschlossen:
- Die Leistung aus dem Gutschein ist ganz auf die im Gutschein erwähnte Person zugeschnitten.
- Die Leistung ist auf die körperlichen Voraussetzungen der erwähnten Person ausgerichtet (Geschlecht, Alter, Physis, Konditionen etc.)
- In folgenden Fällen wird auf eine Unübertragbarkeit des Gutscheins geschlossen:
Geldbetrag-Gutschein
Anspruch auf Auszahlung des gesamten Gutschein-Betrages?
Der Gutschein-Aussteller ist nicht verpflichtet, dem Gutschein-Besitzer den Geldbetrag auszubezahlen, da der Geschenkgutschein zur Einlösung gegen Ware bestimmt ist.
- Auf dem Gutschein oder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) dürfte erwähnt sein, dass Barauszahlungen nicht möglich sind.
Anspruch auf Auszahlung eines Gutschein-Restbetrags?
Wird beim Einlösen des Geschenkgutscheins nicht der ganze Ausstellungsbetrag beansprucht, stellt sich die Frage, ob der Beschenkte sich den Restbetrag auszahlen lassen kann:
- Grundsätzlich besteht nur ein Anspruch auf die im Gutschein angegebene Ware oder Dienstleistung.
- Ein Anrecht auf die Auszahlung einer Gutschein-Restsumme hat der Beschenkte nur, wenn dies explizit erwähnt ist, und zwar
- auf dem Gutschein oder
- in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).
Besteht kein Auszahlungsanspruch für den Restbetrag, erweisen sich gewisse Anbieter insofern als kulant, indem sie
- eine gestaffelte Gutscheineinlösung erlauben und
- den Restbetrag auf dem Gutschein vermerken oder dem Gutscheininhaber eine Gutschrift im Restbetrag aushändigen.
Waren- oder Dienstleistungs-Gutschein
Ist der Geschenkgutschein nicht auf einen Geldbetrag, sondern auf eine Waren- oder Dienstleistung ausgestellt, stellt sich oft die Frage, ob der Gutscheinaussteller eine Zuzahlung verlangen darf, wenn die Leistung aus einem Gutschein inzwischen teurer geworden ist.
- Waren- oder Dienstleistung (ohne Wertangabe)
- Zwischenzeitliche Preiserhöhungen sind in solchen Fällen irrelevant, da der Gutschein nur für eine «Leistung» und nicht für einen «Wert» ausgestellt wurde.
- Waren- oder Dienstleistung «im Wert von CHF …»
- Der Gutschein ist für eine Leistung zu einem bestimmten Wert ausgestellt, weshalb seit der Gutschein-Ausstellung eingetretene Preiserhöhungen zu berücksichtigen sind und ein Mehrpreis nachzuzahlen ist.
Beginn der Gültigkeitsdauer des Geschenkgutscheins
Die Gültigkeitsdauer beginnt in aller Regel mit der Gutschein-Ausstellung durch den Anbieter (und nicht mit der Gutscheinübergabe an den Beschenkten).
Ablaufdatum des Geschenkgutscheins (Befristung)
Primär zu beachten ist, ob der Gutschein ein Ablaufdatum enthält.
Ist auf dem Gutschein ein Ablaufdatum aufgedruckt, gilt der Gutschein als befristet:
- Seine Gültigkeitsdauer ist bis zum vermerkten Datum befristet.
Zu beachten sind allfällige Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) des Gutschein-Ausstellers; oft, aber nicht immer, sind diese auf der Rückseite des Gutscheins aufgedruckt.
Hinweise
Den Unternehmen, welche Geschenkgutscheine anbieten, ist zu empfehlen,
- Gutscheine mit einem Ablaufdatum (zB Gültigkeitsdauer 1 Jahr) zu versehen,
- da das Unternehmen für Gutscheine bei der Buchführung und Rechnungslegung Rückstellungen zu bilden hat.
- Aus diesen Gründen sehen viele Gutscheinaussteller vor, dass gesammelte Punkte nach einer bestimmten Dauer verfallen.
- da das Unternehmen für Gutscheine bei der Buchführung und Rechnungslegung Rückstellungen zu bilden hat.
- Mehrwertsteuer (MWST)
- Der auf einen Geldbetrag lautende Geschenkgutschein gilt als Zahlungsmittel.
- Beim «Erwerb» des Gutscheins findet daher noch kein Leistungsverhältnis statt, sondern ein blosser Umtausch von Geld in ein anderes Zahlungsmittel (und nicht eine Vorauszahlung).
- Der Mittelzufluss beim Gutscheinaussteller ist ein Nicht-Entgelt (zum Ganzen vgl. auch MWST-Branchen-Info 06, Ziff. 1.12).
- Erst die Verwendung des Gutscheins für die Bezahlung einer Leistung des Gutscheinausstellers bewirkt einen der MWST unterliegenden Vorgang.
- Der Gutschein ist dabei Entgelt, es handelt sich um einen Vermögenswert im Sinne von MWSTG 3 lit. f.
Kein Ablaufdatum des Geschenkgutscheins (Verjährungsfrist)
Ist auf dem Gutschein kein Ablaufdatum aufgedruckt, unterliegt er den unterschiedlichen Verjährungsfristen nach OR 127 f.:
- 5 Jahre-Verjährungsfristen
- Von den 3 Kategorien der 5 Jahre-Verjährungsfristen (vgl. OR 128)sind gutschein-relevant die folgenden:
- Forderungen aus Lebensmitteln
- Von den 3 Kategorien der 5 Jahre-Verjährungsfristen (vgl. OR 128)sind gutschein-relevant die folgenden:
-
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- zB Restaurant-Gutscheine
- zB Comestible-Gutscheine
-
-
- Forderungen aus Handwerksarbeit oder Dienstleistungen
-
-
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- zB Goldschmied-Gutscheine
- zB Fitness-Center-Abonnemente
- zB Zeitschriften-Abonnemente
-
-
- 10 Jahre-Verjährungsfristen
- alle übrigen (unbefristeten) Gutscheine verjähren gemäss OR 127 nach spätestens 10 Jahren.
Gutscheinfrist abgelaufen oder Gutschein verjährt
Ist das auf dem Gutschein erwähnte Ablaufdatum verstrichen bzw. der Gutschein verjährt, kann der Gutschein – im Falle der Bedingungs- bzw. Verjährungseinrede – nicht mehr klageweise durchgesetzt werden. Zudem ist der Gutscheinaussteller nur gegenüber dem Schenker, der den Gutschein erwarb, und nicht gegenüber dem Gutscheinbesitzer «ungerechtfertigt bereichert».
Es kann zweckmässig sein, wenn der Gutscheinbesitzer – vor einer Gutschein-Geltendmachung – nachfrägt, wie das Aussteller-Unternehmen mit abgelaufenen Geschenkgutscheinen umgeht. So lässt sich vielleicht eine kulante Erledigung erzielen.
Geltendmachung des Gutscheins im Konkursverfahren des Ausstellers
Konkurs ohne Betriebsweiterführung
Der Gutschein wird im Konkurs des Ausstellers wie folgt behandelt:
- Geldbetrag-Gutschein
- Forderungsanmeldung
- Waren- oder Dienstleistungs-Gutschein
- Entscheid der Konkursverwaltung, ob sie in das Gutschein-Verhältnis im Sinne von SchKG 211 eintritt(Verpflichtung zur Gutschein-Erfüllung wie wenn der Gutscheinaussteller nicht im Konkurs wäre) oder nicht:
- Da die Gutschein-Erfüllung der Konkursmasse und damit den Gläubigern keine Vorteile bringt, wird die Konkursverwaltung aller Voraussicht nach nicht in die vorbestandenen Gutschein-Pflichten eintreten.
- Der Gutschein-Besitzer kann seine Gutscheinforderung in eine Geldforderung umwandeln (dies ist relativ einfach, wenn es sich um einen Waren- oder Dienstleistungs-Gutschein mitWertangabe handelt) und zur Zulassung im Kollokationsplan anmelden.
- hiezu
- Entscheid der Konkursverwaltung, ob sie in das Gutschein-Verhältnis im Sinne von SchKG 211 eintritt(Verpflichtung zur Gutschein-Erfüllung wie wenn der Gutscheinaussteller nicht im Konkurs wäre) oder nicht:
- Forderungsanmeldung
Auffanggesellschaft oder Betriebsübernahme aus dem Konkurs
Kommt es zu einer (ursprünglichen oder nachträglichen) Auffanggesellschaft resp. zur Betriebsweiterführung im Konkurs, werden in der Regel die Schulden, wozu auch Gutscheine gehören, vom Nachfolge-Unternehmen nicht übernommen.
Gleichwohl ist es denkbar, dass das Nachfolge-Unternehmen im Rahmen des Kundenbindungsprogramms – freiwillig – die Gutscheine des in Konkurs gegangenen Unternehmens bedient.
Fazit
Die Geltendmachung eines Gutscheins durch den Beschenkten kann für diesen manchmal Probleme bereiten.
Der Schenker sollte beim Gutschein-Erwerb auf eine allfällige Einlösefrist achten und sich erkundigen, ob der Gutschein auch in Teilbeträgen eingelöst werden kann.
Erkennt der Schenker, dass beim Anbieter Einlöse-Probleme zu erwarten sind, kann er einfach selbst einen Gutschein ausstellen und den (nahestehenden) Beschenkten beim Erwerb des Wunschgegenstandes begleiten und bezahlen.
Weiterführende Informationen
- Rechtsprechung
- Vertragsrecht
- Abtretung des Geschenkgutscheins
- Bedingungen / Befristungen / Verjährung
- Konkurs im Vertragsrecht
- Auffanggesellschaft
Quelle
LawMedia Redaktionsteam