Strafbarkeit auch in der Schweiz?
Bei einer Geschwindigkeitskontrolle blitzte die Polizei zwei Autolenker gleichzeitig, mit unterschiedlichen Straftaten. Das Internet ging nun viral.
Tatbestand
Die Polizei blitzte – aus einem Kofferraum heraus – am 28.12.2023 am Columbiadamm in Berlin mit nur einem Mal zwei Fahrzeuge:
- Ein Audi-Lenker war zu schnell unterwegs und wird wegen Geschwindigkeitsüberschreitung gebüsst.
- Der andere, bewusst langsam fahrende Audi-Lenker scheint jetzt ebenfalls dranzukommen, wegen seines «beleidigenden» Fingerzeigs (ausgestreckter Mittelfinger):
- Wusste er, was er tat?
- Handzeichen wie den «Vogel» oder den «Mittelfinger» zeigen, können in Deutschland strafbar sein:
- als Anstandsverletzung oder – heikler –
- als Beleidigung von Beamten.
Reaktionen im Internet
Die User im Internet liefen Sturm gegen die Polizei-Vorhaltungen. Die Internet-Nachricht ging viral. Blogg-Beiträge der User:
- Interpretiert die Polizei richtig?
- Der Lenker könnte die Beifahrerin gemeint haben.
- Der Lenker könnte sich über einen Bericht im Radio geärgert haben.
- Die Polizei soll erst mal ermitteln.
- Der «Stinkefinger»-Lenker wurde von den Usern auch als Opfer im Fahrzeug eingestuft.
- usw.
Viele User störten sich daran, dass sich die Polizei mit solchen Bagatellen beschäftige und bei Wichtigerem nicht energisch durchgreife.
Deutschland mit umfangreicher Rechtsprechung
In Deutschland existiert eine differenzierte Rechtsprechung mit zahlreichen Urteilen.
In der Schweiz sind nur wenige solche Verfahren bekannt.
Auch in der Schweiz strafbar (Ehrverletzungs-Tatbestände: StGB 173 – 177)
Die Beamtenbeleidigung ist auch in der Schweiz strafbar, bildet aber kein gesonderter Straftatbestand; die Strafbarkeitsregeln sind wie bei jeder anderen Person und es ist auch eine Strafanzeige notwendig.
Anwendung der «Beleidigungsregeln»
Statt einer Wiedergabe an dieser Stelle wird verwiesen auf:
Gesten als Beamtenbeleidigung (Nonverbale Ehrverletzung)
Die Beleidigungen und deren Strafverfolgung können sich auch auf nonverbale Äusserungen beziehen:
- Auch herabwürdigende Gesten können als strafrechtlich relevant gelten.
- Das bekannteste Beispiel ist das demonstrative Zeigen des Mittelfingers, wie es der «zweite Audi-Fahrer» tat.
Dazu:
Fazit
So wie beim Fahren emotionale Reaktionen vermieden werden sollten, sind auch nonverbale Gestiken zu vermeiden. Dazu zählt auch das «Mittelfinger-« oder «Vogel-Zeigen».
Weiterführende Informationen
- Strafanzeige / Strafantrag
- Ehrverletzung
- Üble Nachrede
- Verleumdung
- Beschimpfung
- Nonverbale Ehrverletzungen
- Kasuistik
- Ehrverletzung (StGB 177)
- BGE 104 IV 168: «sangliers plus police = ss»
- BGer 6B_794/2007, Erw. 3: «vaffanculo»
- AGVE 1983 Nr. 18: «Schmierlappen» an die Adresse eines Polizisten
- Üble Nachrede (StGB 173)
- —
- Verleumdung (StGB 174)
- —
- Beschimpfung (StGB 177)
- Siehe oben, unter «Ehrverletzung»
- Ehrverletzung (StGB 177)
- Verband Schweizerischer Polizei-Beamter VSPB
- Medienberichte
Quelle
LawMedia Redaktionsteam
Bildquelle: Polizei Berlin