LAWNEWS

Mietrecht

QR Code

Wohnungsknappheit: Ein Aktionsplan soll es richten

Datum:
19.02.2024
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Mietrecht / Miete / Mietvertrag
Thema:
Wohnungsknappheit
Stichworte:
Aktionsplan, Baurekurs, Wohnungsknappheit
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Einleitung

Seit Jahren treibt die schweizerische Wohnungsbevölkerung das Thema um, was kann gegen die Wohnungsknappheit unternommen werden.

Bundesrat Guy Parmelin hat sich am 12.05.2023 mit einem «Ersten runden Tisch» und nun am 13.02.2024 mit einem «Zweiten runden Tisch» Massnahmen zur Problemlösung mit allen Akteuren besprochen.

Erster Runder Tisch zur Wohnungsknappheit

Unter der Leitung von Bundesrat Guy Parmelin fand am 12.05.2023 ein «Erster runder Tisch» statt.

Die damalige Situation wurde analysiert von Vertretern der

  • Kantone;
  • Städte;
  • Gemeinden;
  • Bau- und Immobilienbranche.

Auch wurden Lösungsansätze diskutiert.

Als nächster Schritt wurde die Erarbeitung eines Massnahmenplans bzw. Aktionsplans in Aussicht genommen.

Entwicklung des Wohnungsbaus

Bekanntlich wuchsen die Bevölkerung und die Wohnfläche pro Kopf.

Gebaut wird aber weniger:

  • 2018 fertiggestellte Wohnungen: 53’000 neue Wohnungen;
  • 2023 geplante Wohnungen: noch 43’000 neue Wohnungen.

Die Anzahl der Baubewilligungen für Neubauten ging zwischen 2016 und 2023 um mehr als 30 % zurück.

Baurekurse als Bauverzögerungsgrund

Durch das verdichtete Bauen, die Auflagen der Baubewilligungsbehörden und die Nachbar-Einsprachen sind Baubewilligungsprozesse und die Streitigkeiten vor den Rechtsmittelinstanzen immer langwieriger geworden.

Die Zürcher Kantonalbank analysierte in einer Studie 2023, dass immer mehr Tage zwischen einem Baugesuch und der erteilten Baubewilligung verstreichen:

  • 2022 waren es im Durchschnitt 140 Tage – knappe 70 % mehr als 2010.

Bestandes-Mieter

Vorteile haben langejährige Wohnungsmieter:

  • Tiefe Mietzinse;
  • Grosse Wohnflächen.

Die Mietzinserhöhungs- und Kündigungsbeschränkungen sowie tadellose Mietverhältnisse führen dazu, dass bei Ehepaaren, deren Kinder die gemeinsame Grosswohnung verlassen haben, nur noch zwei Personen übermässig viel Wohnraum nutzen. Unsere Rechtsordnung sieht zu Recht vor, dass solche Mietverhältnisse nicht gegen den Willen der Mietvertragsparteien aufgelöst und Umzüge erzwungen werden.

Die neuen Arbeits- und Lebensgewohnheiten ihrer Kinder, v.a. die sinnvolle frühe Reintegration der Frauen in den Arbeitsprozess, schaffen heute Enkel-Obhut-Fälle (mit oder ohne Kita), wo plötzlich der überschüssige Wohnraum bei den Grosseltern wieder einer Nutzung zugeführt wird. – Nichts ist für immer planbar.

Neue Lebensgewohnheiten

In der modernen Schweiz mit ihren multinationalen Bewohnern finden sich auch Paare verschiedener Staaten mit unterschiedlichem Lebenshintergrund zu einer Beziehung. Alter und Scheidungsraten mahnen ferner manche Beziehungspartner davor, zu nahe zusammenzuleben.

Weil trotz Partnerschaftsbeziehung jeder Lebenspartner – zunehmend – seine eigene Wohnung behält, stieg in den vergangenen Jahren sicherlich der Bedarf an kleineren Wohnungen.

Diese Entwicklung ist nun getoppt worden: Solche «Übervorsichtigkeitspaare» mieten heute für ihr Beisammensein eine dritte Wohnung. – Soll nun der Gesetzgeber gegen solche unsinnigen, vielleicht nur temporären Auswüchse einschreiten und von den Vermietern verlangen, dass sie die Lebensumstände ihrer Mieter abklären und keine «Drittwohnungen» vermieten dürfen?

Zuwanderung

Die Schweiz ist nicht nur für’s Arbeiten, sondern auch für’s Wohnen und die Freizeitgestaltung sehr attraktiv.

Daher ziehen viele junge Leute aus nah und fern in die Schweiz. Der Zuzug beansprucht aber mehr Wohnraum und verengt entsprechend das Wohnungs- bzw. Leerstands-Angebot.

Zählte vor rund 30 Jahren die Schweiz noch 6 Mio. Bewohner, sprechen die Analytiker heute bereits von der sog. «10 Millionen-Schweiz».

Auch der Zu- und Wegzug ist u.a. auch wegen der Personenfreizügigkeitsabrede mit den EU-Staaten nicht planbar. Der Zu- und Wegzug hängt von Arbeitsmarkt- und Wirtschaftslage ab. Nicht assimilierte alleinstehende Arbeitnehmer werden eher wegziehen, als assimilierte, die aus dem Ausland ihre Familie nachzogen oder hier eine Familie gründeten und Nachwuchs haben.

Zweiter Runder Tisch zur Wohnungsknappheit

Am 13.02.2024 fand in Bern der «zweite Runde Tisch zum Thema Wohnungsknappheit» statt:

  • Summary
    • Unter der Leitung von Bundesrat Guy Parmelin haben sich Vertreterinnen und Vertreter der Kantone, Städte und Gemeinden sowie der Bau- und Immobilienwirtschaft und der Zivilgesellschaft auf einen Aktionsplan verständigt.
      • Der Aktionsplan empfiehlt mehr als 30 Massnahmen:
        • Erhöhung des Wohnungsangebots;
        • Schaffung von mehr qualitätsvollen, preisgünstigen und bedarfsgerechten Wohnungen.
  • Fokus
    • Im Fokus des «zweiten Runden Tischs zum Thema Wohnungsknappheit» stand der
      • «Aktionsplan Wohnungsknappheit».
    • Der Aktionsplan wurde während der vergangenen 9 Monaten unter Einbezug der Kantone, Städte und Gemeinden, der interessierten Kreise und der Bau- / Immobilienwirtschaft erarbeitet.
  • Agenda
    • Der Aktionsplan enthält über 30 empfohlene Massnahmen in folgenden Themenbereichen:
      • Innenentwicklung erleichtern und qualitätsvoll umsetzen;
      • Verfahren beschleunigen;
      • Genügend preisgünstigen und bedarfsgerechten Wohnraum sicherstellen.
  • Massnahmen
    • Zu Massnahmen zählen u.a.
      • Erleichterung der Durchmischung von Arbeits- und Wohnzonen;
      • Prüfung von geeigneten Orten;
      • Vermehrtes in die Höhe Bauen;
      • Anpassung der bisherigen Vorgaben zu Grenzabständen;
      • Herausgabe eines Leitfadens, welcher die korrekte und transparente Durchführung der Interessenabwägung in Bewilligungsprojekten erleichtern soll;
      • Mehrere Massnahmen zur Reduktion offensichtlich missbräuchlicher Einsprachen;
      • Gezielte Verbesserung der bestehenden Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus:
        • Schaffung eines Mindestanteils von preisgünstigem Wohnraum im Rahmen einer Mehrausnützung;
      • Massnahmen für die besonderen Herausforderungen von Tourismusgemeinden.
  • Ziele
    • Die vorerwähnten und weitere Massnahmen sollen beitragen zur
      • Erhöhung des Wohnungsangebots;
      • Schaffung von mehr qualitätsvollen, preisgünstigen und bedarfsgerechten Wohnraum.
    • Für ein Gelingen braucht es ein gutes Zusammenspiel zwischen
      • den staatlichen Rahmenbedingungen und
      • den Aktivitäten der Bau- und Immobilienwirtschaft.
  • Nicht weiterverfolgte Diskussionsergebnisse
    • Während der letzten Monate wurden auch Massnahmen diskutiert, welche, zumindest derzeit nicht weiterverfolgt werden, aus:
      • finanzpolitischen Gründen;
      • unterschiedlicher Beurteilung der Massnahmenfolgen.
  • Jährliche Umfrage zur Umsetzung der Massnahmen
    • Delegation das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO)
      • Für die Feststellung der Fortschritte der Arbeiten im Sinne des Aktionsplans wird das Bundesamt für Wohnungswesen BWO beauftragt, bei den zuständigen Akteuren einmal pro Jahr eine entsprechende Umfrage durchzuführen.
  • Mögliche Folgen der Wohnungsknappheit
    • Eine ungenügende Wohnraumversorgung hat Folgen:
      • Oft stark steigende Mieten;
      • soziale Probleme;
      • Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Entwicklung;
      • Verdrängungen mit ökologischen Folgen.

Aktionsplan

Der Aktionsplan setzt auf eine Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteure und umfasst einen Mix von Massnahmen, die den entsprechenden Partnern zur Umsetzung empfohlen werden:

Fazit

Die Findung des richtigen Lösungswegs in einem wirtschaftlich-ökonomischen Bereich mit Betroffenheit von Grundeigentümern und Mietern bleibt angesichts der Bedürfnisse von Nachhaltigkeit und Bodenknappheit ein beinahe unlösbares Problem.

Ob die vom Mieterverband verlangte Einführung einer schweizweiten Formularpflicht zum Vormietzins weiterhilft, ist zu bezweifeln. Am Markt ist jetzt schon klar, dass die bestehende Nettogewinn-Beschränkung und weitere administrative Hürden Kapitalanleger eher vom Wohnungsmarkt vertreiben; das Wohnungsangebot würde nicht erhöht. Auch das Anliegen eines Vorkaufsrechts zugunsten der Gemeinden für den gemeinnützigen Wohnungsbau ist kein Hilfsmittel, muss doch beim diesseitigen Bau, bei der Refinanzierung und v.a. bei der Bewirtschaftung der Wohnungen in Bezug die Mieter-Lebenszyklen (Familie, Anzahl Wohnungsbewohner, Wohnungsgrösse, Mietereinkommen, Beendigungs-Koordination von Genossenschafter- und Mieterstellung usw.) nicht nur in die persönlichen Verhältnisse eingegriffen, sondern auch vom Steuerzahler Beiträge (für andere, mietpreislich privilegierte Wohnraumnutzer) verlangt werden.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

Vorbehalt / Disclaimer

Diese allgemeine Information erfolgt ohne jede Gewähr und ersetzt eine Individualberatung im konkreten Einzelfall nicht. Jede Handlung, die der Leser bzw. Nutzer aufgrund der vorstehenden allgemeinen Information vornimmt, geschieht von ihm ausschliesslich in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko.

Urheber- und Verlagsrechte

Alle in dieser Web-Information veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Das gilt auch für die veröffentlichten Gerichtsentscheide und Leitsätze, soweit sie von den Autoren oder den Redaktoren erarbeitet oder redigiert worden sind. Der Rechtschutz gilt auch gegenüber Datenbanken und ähnlichen Einrichtungen. Kein Teil dieser Web-Information darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – sämtliche technische und digitale Verfahren – reproduziert werden.