ZGB 712g Abs. 3
In dem vom Bundesgericht (BGer) zu hängigen Prozess 5A_100/2020 ging es um die Änderung des Verwaltungs- und Benutzungsreglements einer Stockwerkeigentümergemeinschaft. Strittig war insbesondere, ob in Bezug auf die Änderung des Reglements ein noch strengeres Mehrheitserfordernis als gemäss ZGB 712g Abs. 3 vorgesehen, zulässig ist.
Zusammengefasst erwog dabei das BGer was folgt:
- Grundsatz
- Für die Änderung des Verwaltungs- und Benutzungsreglements des Stockwerkeigentums nach ZGB 712g Abs. 3 ist grundsätzlich notwendig:
- die Mehrheit der Stimmen der Stockwerkeigentümer, die zugleich zu mehr als der Hälfte anteilsberechtigt sind.
- Für die Änderung des Verwaltungs- und Benutzungsreglements des Stockwerkeigentums nach ZGB 712g Abs. 3 ist grundsätzlich notwendig:
- Zulässigkeit der Erschwerung
- Ein noch strengeres Mehrheitserfordernis als in ZGB 712g Abs. 3 vorgesehen, wird vom BGer dem Grundsatze nach bejaht.
- Beschränkung der Erschwerung
- Eine Erschwerung dieses Quorums ist zulässig,
- solange der Minderheitenschutz gewährleistet bleibt und
- ein Stockwerkeigentümer oder
- eine Minderheit von Stockwerkeigentümern nicht so viel Einfluss erhält,
- dass jede Änderung blockiert werden kann.
- Eine Erschwerung dieses Quorums ist zulässig,
- Erschwerung je nach Konstellation
- Ein Mehrheitserfordernis von beispielsweise 3/5 oder 2/3 erscheint je nach Konstellation grundsätzlich zulässig, nicht aber die «Einstimmigkeit».
BGer 5A_100/2020 vom 15.08.2023 = Die Praxis 1/2024 Nr. 5
C. Verwaltung und Benutzung
I. Die anwendbaren Bestimmungen
Art. 712g ZGB
1 Für die Zuständigkeit zu Verwaltungshandlungen und baulichen Massnahmen gelten die Bestimmungen über das Miteigentum.
2 Soweit diese Bestimmungen es nicht selber ausschliessen, können sie durch eine andere Ordnung ersetzt werden, jedoch nur im Begründungsakt oder mit einstimmigem Beschluss aller Stockwerkeigentümer.
3 Im übrigen kann jeder Stockwerkeigentümer verlangen, dass ein Reglement über die Verwaltung und Benutzung aufgestellt und im Grundbuch angemerkt werde, das zu seiner Verbindlichkeit der Annahme durch Beschluss mit der Mehrheit der Stockwerkeigentümer, die zugleich zu mehr als der Hälfte anteilsberechtigt ist, bedarf und mit dieser Mehrheit, auch wenn es im Begründungsvertrag aufgestellt worden ist, geändert werden kann.
4 Eine Änderung der reglementarischen Zuteilung ausschliesslicher Nutzungsrechte bedarf zudem der Zustimmung der direkt betroffenen Stockwerkeigentümer.608
608 Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 4637; BBl 2007 5283).
Weiterführende Informationen
- Stockwerkeigentum
- Beschlussfassung
- Vetorechte
- Strengeres Mehrheitserfordernis für die Änderung des Benutzungs- und Verwaltungsreglements
Quelle
LawMedia Redaktionsteam