Das Bundesgericht (BGer) hatte sich nach eigenem Bekunden erstmals mit den divergierenden Lehrmeinungen und kantonalen Rechtsprechungen zur Berechnung der Dreijahresfrist nach ZGB 712i Abs. 1 beim Stockwerkeigentums-Gemeinschaftspfandrecht auseinanderzusetzen:
- Literatur + Rechtsprechung
- Das BGer berücksichtigte die einschlägige Literatur und die kantonale Rechtsprechung zu ZGB 712i Abs. 1.
- Divergierende Ansichten
- Die Lehrmeinungen und die kantonale Rechtsprechung divergieren hinsichtlich des
- Anfangszeitpunkts der gesetzlichen Frist;
- Endzeitpunkts der gesetzlichen Frist.
- Ein Teil der Doktrin plädiert dafür,
- dass für den Endzeitpunkt die Eintragung im Grundbuch massgebend sei,
- während sich der Anfangszeitpunkt nach den letzten drei abgeschlossenen Rechnungsjahren bestimme.
- Andere Autoren vertreten die Auffassung,
- Ausgangspunkt für die «Rückrechnung» sei das Begehren um Eintragung des Gemeinschaftspfandrechts,
- während es für den Anfangszeitpunkt einzig auf die Fälligkeit der Beitragsforderungen ankomme.
- Die Lehrmeinungen und die kantonale Rechtsprechung divergieren hinsichtlich des
- Auslegung von ZGB 712i Abs. 1
- Die grammatikalische, historische und systematische Auslegung führte zu keinem eindeutigen Ergebnis,
- weshalb das BGer auf den Sinn und Zweck von ZGB 712i Abs. 1 abstellte.
- Die grammatikalische, historische und systematische Auslegung führte zu keinem eindeutigen Ergebnis,
- Entscheid pro «Rückrechnung»
- Das BGer entschied sich dazu, dass die Dreijahresfrist durch sog. «Rückrechnung» ab Stellung des Begehrens um Eintragung des Gemeinschaftspfandrechts zu berechnen ist.
- Entscheid contra «Abstellen auf die Fristberechnung ab den drei letzten abgeschlossenen Rechnungsjahren
- Im Ergebnis verwarf das BGer die Ansicht, welche für die Fristberechnung auf die letzten drei abgeschlossenen Rechnungsjahre abstellt.
Damit folgte das BGer also jener Lehrmeinung und Rechtsprechung, welche die Dreijahresfrist durch «Rückrechnung» ab Stellung des Begehrens um Eintragung des StWEG-Gemeinschaftspfandrechts berechnet.
Im Ergebnis war die Beschwerde daher abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden konnte.
BGer 5A_357/2022 vom 08.11.2023 = BGE 150 III 113 ff.
2. Haftung für Beiträge
a. Gesetzliches Pfandrecht
Art. 712i ZGB
1 Die Gemeinschaft hat für die auf die letzten drei Jahre entfallenden Beitragsforderungen Anspruch gegenüber jedem jeweiligen Stockwerkeigentümer auf Errichtung eines Pfandrechtes an dessen Anteil.
2 Die Eintragung kann vom Verwalter oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, von jedem dazu durch Mehrheitsbeschluss oder durch das Gericht ermächtigten Stockwerkeigentümer und vom Gläubiger, für den die Beitragsforderung gepfändet ist, verlangt werden.
3 Im Übrigen sind die Bestimmungen über die Errichtung des Bauhandwerkerpfandrechts sinngemäss anwendbar.
Weiterführende Informationen
- Stockwerkeigentum
- StWEG-Beitragspfandrecht
- Detaillierte Gerichtsentscheid-Erläuterung
Quelle
Redaktionsteam LawMedia AG