Urs Bürgi
Rechtsanwalt und Inhaber des zürch. Notar-, Grundbuch- und Konkursverwalter-Patentes
Einleitung
Die Zahlungsschwierigkeiten einzelner Total-, General- und Bauunternehmen bringt Subunternehmer und Bauzulieferungsunternehmen in finanzielle Engpässe.
Solche Situationen rücken das Bauhandwerkerpfandrecht, ein Schutzinstrument für Handwerker, die Arbeit oder Arbeit und Material am Bau verwendet haben, in den Vordergrund.
Agenda
Definition des Bauhandwerkerpfandrechts
Das Bauhandwerkerpfandrecht gibt dem Bauhandwerker oder Unternehmer zur Sicherung seiner Werklohnforderungen aus Arbeit oder Arbeit und Material ein (mittelbares) gesetzliches Pfandrecht am Grundstück, in welches er seine Leistungen verarbeitet bzw. eingebracht hat, und zwar unabhängig davon, ob diese einen Grundeigentümer, einen Handwerker oder Unternehmer, einen Mieter, einen Pächter oder eine andere am Grundstück berechtigte Person zum Schuldner haben.
Grundlagen
- OR 363 – OR 379
- ZGB 837 ff.
- ZPO 248 ff.
Elemente
Der Baupfandanspruch basiert auf folgenden Elementen
- Vertragsverhältnis
- Besteller
- Vertragspartner, der nicht Grundeigentümer zu sein braucht
- Total- oder Generalunternehmer
- Bauunternehmer
- Grundeigentümer (Bauherr)
- Vertragspartner, der nicht Grundeigentümer zu sein braucht
- Handwerker / Unternehmer
- Vertragspartner
- Direkt beauftragter Unternehmer (auch General- oder Totalunternehmer)
- ev. als Subunternehmer
- Vertragspartner
- Werkvertrag
- Bauleistungen (Arbeit oder Arbeit + Material) auf einem Grundstück
- Werklohnforderung
- Besteller
- Pfandverhältnis
- Pfandgläubiger (Handwerker)
- Pfandschuldner (aktueller Grundeigentümer)
- Pfandgrundstück (Bauobjekt)
- Pfandsumme
- Pfandrechtserrichtung
- Grundbuchanmeldung
- des Grundeigentümers (einvernehmlich) oder
- gerichtliche Anmeldung (kontradiktorisch)
- Das Bauhandwerkerpfandrecht hat zur Fristwahrung spätestens vier Monate nach Arbeitsvollendung im Grundbuch «eingetragen» zu sein (vgl. ZGB 839).
- Eintragung im Grundbuch
- Vorläufige Eintragung: Vormerkung
- Definitive Eintragung: Grundpfandrecht (Kapitalhypothek)
- Realisierung des Bauhandwerkerpfandrechts
- Zahlung durch den Grundeigentümer
- Sicherheitsleistung
- Zwangsverwertung
- Grundbuchanmeldung
Voraussetzungen
Fristen
Der Anspruch auf Pfanderrichtung
- entsteht bereits mit Abschluss des Werkvertrages;
- erlischt vier Monate nach Vollendung der Arbeit;
Es gilt der Viermonatsfrist für die Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts im Grundbuch besondere Beachtung zu schenken.
Wichtig
- Das Bauhandwerkerpfandrecht muss vor Ablauf der Viermonats-Frist im Grundbuch vorgemerkt bzw. eingetragen sein.
- Eine Gesuchstellung beim Gericht am letzten Tag der Frist oder kurz vor Fristablauf ist nicht ausreichend. Vielmehr muss das Gesuch um Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts einige Tage vor Ablauf der Viermonats-Frist beim zuständigen Gericht eintreffen, da die Bearbeitung beim Gericht, der Entscheid und die Anmeldung des Bauhandwerkerpfandrechts durch das Gericht beim Grundbuchamt einige Zeit in Anspruch nehmen.
Gläubiger
Als „Handwerker und Unternehmer“ im Sinne von ZGB 837 kommen in Betracht:
Ohne Belang ist, wer beim Handwerker bzw. Unternehmer das Werk bestellt hat. Die Bestellung muss nicht durch den Bauherrn bzw. Grundeigentümer erfolgt sein. Es kann auch der Architekt oder der Totalunternehmer gewesen sein.
Forderung
Die Forderung, für welche die Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechtes beantragt wird, hat durch Lieferung von Material und Arbeit oder Arbeit allein entstanden zu sein.
Die physische Arbeit oder die Arbeit mit Materiallieferung muss kumulativ betroffen haben:
- das zu belastende Grundstück;
- die Erstellung einer Baute oder eines andern Werks.
Pfanderrichtungsanspruch
Die Gesetzesbestimmung von ZGB 837 Abs. 1 Ziffer 3 gibt dem Handwerker bzw. Unternehmer zur Sicherung seiner Werklohnforderung ein (mittelbares) gesetzliches Pfandrecht am Grundstück, auf dem er gearbeitet hat (Bauhandwerkerpfandrecht), welches zu seiner Gültigkeit binnen 4 Monaten seit der letzten Arbeit (sog. «letzter Hammerschlag») der Eintragung im Grundbuch bedarf:
- Das Bauhandwerkerpfandrecht muss vor Ablauf der Viermonats-Frist im Grundbuch vorgemerkt bzw. eingetragen sein.
- Die Gesuchs-Einreichung bei Gericht am letzten Tag der Viermonats-Frist genügt nicht.
- Das Gesuch sollte daher einige Tage vor Fristablauf gestellt werden; das Gericht braucht Zeit für die Gesuchs-Bearbeitung und den Entscheid sowie die Anmeldung beim Grundbuchamt.
Für die Geltendmachung des Bauhandwerkerpfandrechtsanspruch bzw. für eine Exkulpation des Grundeigentümers sind unbeachtlich:
- Das Nichtwissen des Grundeigentümers vom Subunternehmer;
- die Verletzung des Subunternehmer-Beizugsverbots;
- die Bezahlung des General- oder Totalunternehmers.
Weiter ist zu beachten:
- Keinen Anspruch auf eine Baupfanderrichtung besitzen in der Regel
- die Lieferanten, die für den Bau nur vertretbare Sachen geliefert haben.
- Für Sachen, die eigens für das konkrete Bauobjekt hergestellt wurden,
- hat der Hersteller einen Anspruch auf Baupfanderrichtung.
Sicherheit
Zur Sicherung seiner Werklohnforderung hat der Handwerker bzw. Unternehmer das gesetzliche Bauhandwerkerpfandrecht am Grundstück, auf dem er gearbeitet hat.
Leistet der Grundeigentümer für die Pfandforderung – meistens nach der «vorläufigen Eintragung» des Bauhandwerkerpfandrechtes – eine hinreichende Sicherheit (zB Bankgarantie, Kautionskonto beim zuständigen Gericht (Bezirkgericht oder Handelsgericht), ist die Vormerkung im Grundbuch zu löschen.
Belastungsgrenze
Bei landwirtschaftlichen Grundstücken ist die Belastungsgrenze zu beachten.
Vgl. hiezu BGBB 73 ff. und BGBB 75 Abs. 2.
Öffentliche Grundstücke
An öffentlichen Grundstücken, welche zum Verwaltungsvermögen des Staates (Bund, Kanton, Gemeinde) gehören, darf kein Pfandrecht bestellt werden.
Die Ausschlussgründe sind:
- Unvereinbarkeit der Verwertung mit dem Zweck des Verwaltungsvermögens;
- Keine Behinderung des Gemeinwesens durch zivilrechtliche Ansprüche in der Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben.
Bei Bauleistungen an oder für öffentliche Bauobjekte des Verwaltungsvermögens steht dem Handwerker bzw. Unternehmer als Sicherungsalternative zur Verfügung:
- Die vom Gemeinwesen zu stellende «einfache Bürgschaft».
Damit hat der Gesetzgeber anlässlich der «Sachenrechtsrevision 2012» der Unpfändbarkeit von Verwaltungsvermögen Rechnung getragen.
Vgl. hiezu ZGB 839 Abs. 4 – 6.
Eintrag im Grundbuch
Allgemeines
Das Bauhandwerkerpfandrecht ist auf zwei Arten möglich:
- Einvernehmlich: Grundbuchanmeldung
- Strittig: Gerichtliche Geltendmachung
Grundbuchanmeldung
Die Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechtes kann gestützt auf eine schriftliche Grundbuchanmeldung des Grundeigentümers erfolgen, und zwar:
- Ursprünglich
- zB nach Unterzeichnung des Werkvertrages und vor Baubeginn.
- Nachträglich
- zB nach Unterzeichnung des Werkvertrages, aber später, zB nach Baubeginn.
- Formalitäten
- Das einvernehmliche Grundpfandrecht (meist Grundpfandverschreibung mit Kapitalhypothek) setzt voraus, dass der Grundeigentümer anerkennt:
- die Pfandsumme und
- den Anspruch auf Pfandrechtserrichtung.
- Da es sich beim (einvernehmlichen) Bauhandwerkerpfandrecht um einen (mittelbaren) gesetzlichen Anspruch auf Eintragung handelt, benötigt es keinen Pfandvertrag.
- Das einvernehmliche Grundpfandrecht (meist Grundpfandverschreibung mit Kapitalhypothek) setzt voraus, dass der Grundeigentümer anerkennt:
Gerichtliche Geltendmachung
Anerkennt der Grundeigentümer den vom Handwerker bzw. Unternehmer abgerechneten Anspruch nicht, so ist eine Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts allerdings nur möglich, wenn der Anspruch des Bauhandwerkers gerichtlich festgestellt wird.
Hiezu braucht es allerdings ein rechtskräftiges Gerichtsurteil.
Der Handwerker bzw. Unternehmer hat seinen Pfandrechtsanspruch gerichtlich durchsetzen:
- Vorläufige Eintragung
- Provisorische Eintragung
- Meistens Dringlichkeit
- Wie erwähnt, soll nicht nur das Urteil der «vorläufigen Eintragungen» des zuständigen Gerichts vorliegen, sondern auch das Bauhandwerkerpfandrecht rechtzeitig im Grundbuch eingetragen sein.
- Prozessuales
- Es ist dem zuständigen Gericht ein Gesuch um provisorische Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechtes, als vorsorgliche Massnahme, einzureichen.
- Vgl. GBV 22 Abs. 4
- Meistens Dringlichkeit
- Provisorische Eintragung
- Superprovisorische Eintragung
- Drohender Ablauf
- Bei drohendem Fristenablauf empfiehlt es sich, dass der Rechtsanwalt die superprovisorische Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts dem Richter beantragt:
- Schnelles Verfahren
- Glaubhaftmachung
- Gelingt dies dem Rechtsanwalt, kann das Gericht das Grundbuchamt anweisen, eine vorläufige Eintragung vorzumerken:
- Verhinderung der Verwirkung der Eintragungsfrist;
- Sicherung des Ranganspruches.
- Bei drohendem Fristenablauf empfiehlt es sich, dass der Rechtsanwalt die superprovisorische Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts dem Richter beantragt:
- Drohender Ablauf
Tabellarische Zusammenfassung superprovisorische Eintragung:
Prozessuales | Gegenstand | Bemerkungen |
Zweck | Vorläufige Eintragung des (mittelbaren) gesetzlichen Bauhandwerkerpfandrechts | |
Gesetzliche Grundlage | OR 363 – OR 379
ZGB 837 Abs. 1 Ziffer 3; ZGB 961Abs. 1 Ziffer 1 |
|
Verfahrensart | Summarisches Verfahren | |
Zuständigkeit | Örtlich: Am Ort der gelegenen Sache
Sachlich: Zivilgericht, kantonal geregelt Funktional: kantonal geregelte Zuständigkeit für summarisches Verfahren (z.B. Einzelgericht), evtl. Handelsgericht |
|
Kläger | Handwerker / Unternehmer | |
Beklagter | Grundeigentümer | |
Streitwert | Grundpfandgesicherte Forderung | |
Fristen | 4-Monatsfrist ab letzter Arbeit | Verwirkungsfrist |
Voraussetzungen | Glaubhaftmachung der materiellen Berechtigung | |
Besonderheiten | Beweismittelbeschränkung (vgl. ZPO 254) | |
Rechtsmittel | Je nach Streitwert Berufung oder Beschwerde
Gegen kantonal letztinstanzlichen Entscheid ggf. Beschwerde in Zivilsachen oder subsidiäre Verfassungsbeschwerde |
- Definitive Eintragung
- Allgemeines
- In dieser Klage wird über die definitive Eintragung des Pfandrechtes entschieden.
- Fristansetzung
- Heisst das Gericht das Begehren um vorläufige Eintragung gut, setzt es dem Bauhandwerker eine Frist zur Zivilklage auf definitive Eintragung des Pfandrechtes an.
- Allgemeines
Tabellarische Zusammenfassung definitive Eintragung:
Prozessuales | Gegenstand | Bemerkungen |
Zweck | Definitive Eintragung des (mittelbaren) gesetzlichen Bauhandwerkerpfandrechts | |
Gesetzliche Grundlage | OR 363 – OR 379
ZGB 837 Abs. 1 Ziffer 3; ZGB 961Abs. 1 Ziffer 1 |
|
Verfahrensart | Ordentliches Verfahren | |
Zuständigkeit | Örtlich: Am Ort der gelegenen Sache
Sachlich: Zivilgericht Funktional: kantonales Einzelgericht oder Kollegialgericht, je nach Streitwert (Grenze CHF 30’000.00), evtl. Handelsgericht |
|
Kläger | Handwerker / Unternehmer | |
Beklagter | Grundeigentümer | |
Streitwert | Grundpfandgesicherte Forderung | |
Fristen | Gerichtliche Fristansetzung nach Abschluss des summarischen Verfahrens (Prosequierungsfrist) | |
Voraussetzungen | Beweis der materiellen Berechtigung an der Pfandrechtseintragung | |
Besonderheiten | Keine Beweismittelbeschränkung | |
Rechtsmittel | Je nach Streitwert Berufung oder Beschwerde
Gegen kantonal letztinstanzlichen Entscheid ggf. Beschwerde in Zivilsachen oder subsidiäre Verfassungsbeschwerde |
Wirkungen
Das Bauhandwerkerpfandrecht hat folgende Wirkungen:
- Entstehung des Bauhandwerkerpfandrechts mit der Eintragung im Grundbuch;
- Pfandstelle nach Alterspriorität, mit der Eintragung im Grundbuch
- Grundpfandrecht (Grundpfandverschreibung, Kapitalhypothek)
- Vormerkungen, Dienstbarkeiten und Grundlasten.
- Verhältnis unter mehreren Bauhandwerkerpfandrechten
- Die Bauhandwerkerpfandrecht sind untereinander gleichberechtigt.
- Vgl. ZGB 840.
- Vorrecht gegenüber vorgehenden Grundpfandgläubigern
- Gelangen die Bauhandwerker bei der Grundstückverwertung zu Verlust,
- so kann der Bauhandwerker bzw. Unternehmer gegenüber den vorgehenden Grundpfandgläubigern ein Haftungs- und Umverteilungsanspruch geltend machen, wegen des Bestehens eines zu geringen Sorgfaltsmassstabs der Banken und/oder des unsorgfältigen Einsatzes des Bautreuhänder:
- Baukredite
- Zweckwidrige Verwendungen
- Bezahlung nicht baubezogener Forderungen;
- Bezahlung grundstücksfremder Bauforderungen;
- Zweckgemässe Verwendungen
- Zahlungen an Hauptunternehmer
- Zahlungen an nicht baupfandberechtigte Baupfandgläubiger
- Zweckwidrige Verwendungen
- Andere Kredite
- Baukredite
- so kann der Bauhandwerker bzw. Unternehmer gegenüber den vorgehenden Grundpfandgläubigern ein Haftungs- und Umverteilungsanspruch geltend machen, wegen des Bestehens eines zu geringen Sorgfaltsmassstabs der Banken und/oder des unsorgfältigen Einsatzes des Bautreuhänder:
- Vgl. ZGB 841.
- Gelangen die Bauhandwerker bei der Grundstückverwertung zu Verlust,
Fazit
Das Bauhandwerkerpfandrecht hat viele sachenrechtliche und zivilprozessuale Voraussetzungen sowie letztlich auch die Prüfung der Werthaltigkeit des Pfandobjektes bei einer allfälligen Grundpfandverwertung resp. Pfandrealisation («Versilberung»), die es genau zu prüfen gilt.
Auszug Gesetzesbestimmungen
II. Des Bundesprivatrechts
1. Fälle
Art. 837 ZGB
1 Der Anspruch auf Errichtung eines gesetzlichen Grundpfandrechtes besteht:
- für die Forderung des Verkäufers an dem verkauften Grundstück;
- für die Forderung der Miterben und Gemeinder aus Teilung an den Grundstücken, die der Gemeinschaft gehörten;
- für die Forderungen der Handwerker oder Unternehmer, die auf einem Grundstück zu Bauten oder anderen Werken, zu Abbrucharbeiten, zum Gerüstbau, zur Baugrubensicherung oder dergleichen Material und Arbeit oder Arbeit allein geliefert haben, an diesem Grundstück, sei es, dass sie den Grundeigentümer, einen Handwerker oder Unternehmer, einen Mieter, einen Pächter oder eine andere am Grundstück berechtigte Person zum Schuldner haben.
2 Ist ein Mieter, ein Pächter oder eine andere am Grundstück berechtigte Person Schuldner von Forderungen der Handwerker oder Unternehmer, so besteht der Anspruch nur, wenn der Grundeigentümer seine Zustimmung zur Ausführung der Arbeiten erteilt hat.
3 Auf gesetzliche Grundpfandrechte nach diesem Artikel kann der Berechtigte nicht zum Voraus verzichten.
3. Handwerker und Unternehmer
a. Eintragung
Art. 839 ZGB
1 Das Pfandrecht der Handwerker und Unternehmer kann von dem Zeitpunkte an, da sie sich zur Arbeitsleistung verpflichtet haben, in das Grundbuch eingetragen werden.
2 Die Eintragung hat bis spätestens vier Monate nach der Vollendung der Arbeit zu erfolgen.
3 Sie darf nur erfolgen, wenn die Pfandsumme vom Eigentümer anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist, und kann nicht verlangt werden, wenn der Eigentümer für die angemeldete Forderung hinreichende Sicherheit leistet.
4 Handelt es sich beim Grundstück unbestrittenermassen um Verwaltungsvermögen und ergibt sich die Schuldpflicht des Eigentümers nicht aus vertraglichen Verpflichtungen, so haftet er den Handwerkern oder Unternehmern für die anerkannten oder gerichtlich festgestellten Forderungen nach den Bestimmungen über die einfache Bürgschaft, sofern die Forderung ihm gegenüber spätestens vier Monate nach Vollendung der Arbeit schriftlich unter Hinweis auf die gesetzliche Bürgschaft geltend gemacht worden war.
5 Ist strittig, ob es sich um ein Grundstück im Verwaltungsvermögen handelt, so kann der Handwerker oder Unternehmer bis spätestens vier Monate nach der Vollendung seiner Arbeit eine vorläufige Eintragung des Pfandrechts im Grundbuch verlangen.
6 Steht aufgrund eines Urteils fest, dass das Grundstück zum Verwaltungsvermögen gehört, so ist die vorläufige Eintragung des Pfandrechts zu löschen. An seine Stelle tritt die gesetzliche Bürgschaft, sofern die Voraussetzungen nach Absatz 4 erfüllt sind. Die Frist gilt mit der vorläufigen Eintragung des Pfandrechts als gewahrt.
4. Titel: Massnahmen zur Verhütung der Überschuldung
Art. 73 BGBB Belastungsgrenze
1 Landwirtschaftliche Grundstücke dürfen nur bis zur Belastungsgrenze mit Grundpfandrechten belastet werden. Die Belastungsgrenze entspricht der Summe des um 35 Prozent erhöhten landwirtschaftlichen Ertragswerts und des Ertragswerts der nichtlandwirtschaftlichen Teile.
2 Die Belastungsgrenze muss beachtet werden für:
a. die Errichtung eines Grundpfandrechts;
b. die Bestellung eines Faustpfandes an einem Grundpfandtitel;
c. die Wiederbelehnung eines abbezahlten Grundpfandtitels, über den der Eigentümer verfügen kann (Eigentümerschuldbrief).
3 Massgebend für die Beurteilung, ob die Belastungsgrenze erreicht wird, ist die Summe der im Grundbuch eingetragenen, vorgemerkten und angemerkten Grundpfandrechte. Nicht mitgezählt werden die Grundpfandrechte nach Artikel 75 Absatz 1.
Art. 74 BGBB Gesamtpfandrechte
1 Wird für eine Forderung ein Grundpfand auf mehreren Grundstücken errichtet (Gesamtpfand; Art. 798 Abs. 1 ZGB, so darf jedes Grundstück bis zum Betrag belastet werden, der der Summe der Belastungsgrenzen der verpfändeten Grundstücke entspricht.
2 Die Errichtung eines Gesamtpfandrechtes auf Grundstücken, die diesem Gesetz unterstehen, und solchen, die diesem Gesetz nicht unterstehen, ist nicht zulässig.
Art. 75 BGBB Ausnahmen von der Belastungsgrenze
1 Keine Belastungsgrenze besteht für:
a. die gesetzlichen Grundpfandrechte nach den Artikeln 808 und 810 ZGB59 sowie die gesetzlichen Grundpfandrechte nach kantonalem öffentlichen Recht (Art. 836 ZGB);
b. Grundpfandrechte für Bodenverbesserungen (Art. 820 und 821 ZGB);
c. Grundpfandrechte zur Sicherung von Darlehen, die nach dem Landwirtschaftsgesetz vom 29. April 1998 als Betriebshilfe oder Investitionskredite gewährt werden;
d. Grundpfandrechte zur Sicherung von Darlehen, die der Bund oder ein Kanton aufgrund der Gesetzgebung über die Wohnbauförderung gewährt oder verbürgt, soweit die Wohnungen den Bedürfnissen des Betriebes dienen;
e. Grundpfandrechte in Form von Grundpfandverschreibungen zur Sicherung des Gewinnanspruchs der Miterben und des Veräusserers.
2 Vorläufige Eintragungen von Grundpfandrechten nach den Artikeln 837 und 961 Absatz 1 Ziffer 1 ZGB dürfen ungeachtet der Belastungsgrenze im Grundbuch vorgemerkt werden.
3 Durch Eintragung eines Grundpfandrechts nach Absatz 1 Buchstaben a und b werden bereits eingetragene Grundpfandrechte, die im Rang nachgehen, in ihrem Bestand nicht berührt.
Art. 76 BGBB Überschreitung der Belastungsgrenze
1 Ein Grundpfandrecht, für das die Belastungsgrenze gilt und das diese überschreitet, darf nur zur Sicherung eines Darlehens errichtet werden, das:
a. eine vom Bund anerkannte Genossenschaft oder Stiftung des Privatrechts oder eine Institution des kantonalen öffentlichen Rechts dem Schuldner zinslos gewährt;
b. eine dritte Person dem Schuldner gewährt und das durch eine Genossenschaft, Stiftung oder Institution im Sinne von Buchstabe a verbürgt oder verzinst wird.
2 Die kantonale Behörde kann ein Darlehen von Dritten, das durch ein die Belastungsgrenze übersteigendes Pfandrecht gesichert wird, unter Beachtung der Vorschriften nach den Artikeln 77 und 78 bewilligen.
3 Der Grundbuchverwalter weist eine Anmeldung ab, die keine dieser Voraussetzungen erfüllt.
5. Titel: Summarisches Verfahren
1. Kapitel: Geltungsbereich
Art. 248 ZPO Grundsatz
Das summarische Verfahren ist anwendbar:
- in den vom Gesetz bestimmten Fällen;
- für den Rechtsschutz in klaren Fällen;
- für das gerichtliche Verbot;
- für die vorsorglichen Massnahmen;
- für die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Art. 249 ZPO Zivilgesetzbuch
Das summarische Verfahren gilt insbesondere für folgende Angelegenheiten:
- Personenrecht:
- Fristansetzung zur Genehmigung von Rechtsgeschäften einer minderjährigen Person oder einer Person unter umfassender Beistandschaft (Art. 19a ZGB),
- Anspruch auf Gegendarstellung (Art. 28l ZGB),
- Verschollenerklärung (Art. 35–38 ZGB),
- Bereinigung einer Eintragung im Zivilstandsregister (Art. 42 ZGB);
- …
- Erbrecht:
- Entgegennahme eines mündlichen Testamentes (Art. 507 ZGB),
- Sicherstellung bei Beerbung einer verschollenen Person (Art. 546 ZGB),
- Verschiebung der Erbteilung und Sicherung der Ansprüche der Miterbinnen und Miterben gegenüber zahlungsunfähigen Erben (Art. 604 Abs. 2 und 3 ZGB);
- Sachenrecht:
-
- Massnahmen zur Erhaltung des Wertes und der Gebrauchsfähigkeit der Sache bei Miteigentum (Art. 647 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB),
- Eintragung dinglicher Rechte an Grundstücken bei ausserordentlicher Ersitzung (Art. 662 ZGB),
- Aufhebung der Einsprache gegen die Verfügungen über ein Stockwerk (Art. 712c Abs. 3 ZGB),
- Ernennung und Abberufung des Verwalters bei Stockwerkeigentum (Art. 712q und 712r ZGB),
- vorläufige Eintragung gesetzlicher Grundpfandrechte (Art. 712i, 779d, 779k und 837–839 ZGB),
- Fristansetzung zur Sicherstellung bei Nutzniessung und Entzug des Besitzes (Art. 760 und 762 ZGB),
- Anordnung der Schuldenliquidation des Nutzniessungsvermögens (Art. 766 ZGB),
- Massnahmen zu Gunsten des Pfandgläubigers zur Sicherung des Grundpfands (Art. 808 Abs. 1 und 2 sowie Art. 809–811 ZGB),
- Anordnung über die Stellvertretung bei Schuldbrief (Art. 850 Abs. 3 ZGB),
- Kraftloserklärung von Schuldbrief (Art. 856 und 865 ZGB),
- Vormerkung von Verfügungsbeschränkungen und vorläufigen Eintragungen im Streitfall (Art. 960 Abs. 1 Ziff. 1, 961 Abs. 1 Ziff. 1 und 966 Abs. 2 ZGB).
Grundbuchgebühren
- Gebühren für die vorläufige Eintragung:0,5 ‰ von der Pfandsumme im Rahmen von Fr. 50.00 – 300.00
(§ 1 Ziff. 2.5.5.1 des Anhanges zur Notariatsgebührenverordnung)bei Fehlen einer Pfandsumme
(Sicherstellung des Gewinnanspruchs)
pro Grundstück Fr. 50.-
im Rahmen von Fr. 100.- bis 300.- - Gebühren für die definitive Eintragung:1,0 ‰ von der Pfandsumme, mindestens Fr. 100.00
(§ 1 Ziff. 2.3.1 des Anhanges zur Notariatsgebührenverordnung)
PS: Die Gebühren werden pro Eintragung je Grundstück erhoben (Vorsicht daher bei Stockwerkeigentum)
Stand: 18.07.2024
Weiterführende Informationen
- Bauhandwerkerpfandrecht Allgemein
- Baupfandabwehr
- Grundbuchanmeldung
- Grundpfandrecht
- Rangverhältnis Alterspriorität (Grundpfandrecht zu Vormerkung, Dienstbarkeiten und Grundlasten)
- Bezirksgericht
- Handelsgericht
- Bankgarantie
- Einfache Bürgschaft
- Zwangsverwertung von Grundstücken
s.e.&o. – Ohne Gewähr.