Der Erzeuger des abgetriebenen Fötus ist nicht berechtigt, die Einstellung des Strafverfahrens gegen die Mutter wegen strafbaren Schwangerschaftsabbruchs mit Beschwerde anzufechten.
Der Erzeuger
- ist nicht Träger des mit der fraglichen Strafbestimmung geschützten Rechtsguts;
- kann nicht als Opfer-Angehöriger gelten,
- weil dieses ungeborene Leben nie eine eigene Rechtspersönlichkeit erlangt hat.
Urteil-Details
«Der Mann hatte seine ehemalige Freundin 2022 wegen strafbaren Schwangerschaftsabbruchs und weiterer Delikte angezeigt. Nach verschiedenen Untersuchungshandlungen, namentlich einer Gegenüberstellung, stellte die Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg das Verfahren ein. Das Freiburger Kantonsgericht trat auf die Beschwerde des Mannes nicht ein, soweit diese die Verfahrenseinstellung wegen strafbaren Schwangerschaftsabbruchs betraf. Das Bundesgericht weist die Beschwerde des Mannes ab. Er hatte geltend gemacht, er sei als Kindsvater des von seiner Freundin abgetriebenen Fötus als «Opfer» anzusehen und damit in Bezug auf die Einstellung des Strafverfahren zur Beschwerde zuzulassen. Zur Beschwerde gegen die Einstellung eines Strafverfahrens ist berechtigt, wer selber Träger des von der entsprechenden Strafbestimmung geschützten Rechtsguts ist oder wer Angehöriger des Opfers ist. Beides hat das Kantonsgericht zu Recht verneint. Artikel 118 Absatz 3 des Strafgesetzbuches (StGB) stellt einen Schwangerschaftsabbruch nach der zwölften Woche unter Strafe, soweit nicht die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Das geschützte Rechtsgut ist das menschliche Leben während der Schwangerschaft. Einbezogen sind damit Embryonen und Föten bis zu ihrer Geburt. Das von Artikel 118 Absatz 3 StGB geschützte ungeborene Leben besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit. Wird dieses ungeborene Leben im Mutterschoss durch Schwangerschaftsabbruch beendet, hat es niemals eine solche Persönlichkeit erlangt. Das ungeborene Leben ist deshalb auch kein Opfer im Rechtssinne. Der Beschwerdeführer ist somit weder selber Träger des geschützten Rechtsguts noch kann er mangels Opfereigenschaft des ungeborenen Lebens als Angehöriger gelten.»
BGer 7B_1024/2023 vom 26.04.2024
2. Schwangerschaftsabbruch.
Strafbarer Schwangerschaftsabbruch
Art. 118 StGB 165
1 Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2 Wer eine Schwangerschaft ohne Einwilligung der schwangeren Frau abbricht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr166 bis zu zehn Jahren bestraft.
3 Die Frau, die ihre Schwangerschaft nach Ablauf der zwölften Woche seit Beginn der letzten Periode abbricht, abbrechen lässt oder sich in anderer Weise am Abbruch beteiligt, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 Absatz 1 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
4 In den Fällen der Absätze 1 und 3 tritt die Verjährung in drei Jahren ein.167
165 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 23. März 2001 (Schwangerschaftsabbruch), in Kraft seit 1. Okt. 2002 (AS 2002 2989; BBl 1998 3005 5376).
166 Ausdruck gemäss Ziff. II 1 Abs. 4 des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979). Diese Änd. wurde im ganzen zweiten Buch berücksichtigt.
167 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 22. März 2002 (Verjährung der Strafverfolgung), in Kraft seit 1. Okt. 2002 (AS 2002 2986; BBl 2002 2673 1649).
Weiterführende Informationen
Quelle
LawMedia Redaktionsteam