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Anwalts-AG: Patentanwälte im Aktionariat, Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung

BGFA 8 Abs. 1 lit. d; PatGG 29

Datum:
03.09.2024
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Anwälte / Mediatoren
Thema:
Patentanwälte / Anforderungen an eine Anwaltskörperschaft
Stichworte:
Aktionariat, Anwalts-AG, Anwaltskanzlei, Geschäftsleitung, Patentanwälte, Verwaltungsrat, Zulassung
Erlass:
BGFA 8 Abs. 1 lit. d; PatGG 29
Entscheid:
VB.2022.00753 (URT.2024.25249)
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Sachverhalt

Im konkreten Fall ging es um die Frage der Zulässigkeit unabhängiger Patentanwälte im Sinne von PatGG 29 Abs. 1 im Aktionariat, Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung einer als Aktiengesellschaft organisierten Anwaltskanzlei.

Prozess-History

  • Feststellungsbegehren der F AG
    • Mit Eingabe vom 20. Mai 2022 informierte die F <AG> die Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte (fortan: Aufsichtskommission) über eine beabsichtigte Statutenänderung und beantragte die Feststellung, dass die Voraussetzung der persönlichen Unabhängigkeit im Sinne von Art. 8 Abs. 1 lit. d des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (BGFA; SR 935.61) der bei ihr angestellten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte auch nach deren Vornahme erfüllt sei.
      • Wichtigster Punkt der geplanten Änderung sei, dass an der F <AG> (nicht wie bisher) nur beteiligt sein könne, wer im kantonalen (Rechts-)Anwaltsregister als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt eingetragen sei, (sondern neu auch wer) im bundesweiten (Patent‑)Anwaltsregister als Patentanwalt oder Patentanwältin eingetragen und zudem vom Bundespatentgericht als unabhängige Patentanwältin oder unabhängiger Patentanwalt zur Vertretung vor Bundespatentgericht zugelassen sei.
  • Entscheid der Aufsichtskommission
    • Mit Beschluss vom 3. November 2022 wies die Aufsichtskommission dieses Feststellungsbegehren ab (Dispositivziffer 1).
    • Die auf Fr. 1’000.- festgesetzte Staatsgebühr auferlegte es den Gesuchstellern (Dispositivziffer 2).
  • Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
    • Gegen den Entscheid der Aufsichtskommission liessen A, B und C am 9. Dezember 2022 Beschwerde beim Verwaltungsgericht erheben.

Erwägungen

Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich erwog dabei folgendes:

  • Institutionelle Unabhängigkeit
    • Es prüfte die Grundlagen und die Praxis zum Erfordernis der institutionellen Unabhängigkeit gemäss BGFA 8 Abs. 1 lit. d,
      • insbesondere bei Anwaltskörperschaften sowie
      • hinsichtlich der vorgängigen Vereinbarkeit der beabsichtigten Statutenänderung mit BGFA 8 Abs. 1 lit. d.
  • Einschränkungen auf die körperschaftliche Organisation anwaltlicher Tätigkeit
    • Die aus BGFA 8 Abs. 1 lit. d fliessenden Einschränkungen auf die körperschaftliche Organisation anwaltlicher Tätigkeit
      • bestimmen sich nicht anhand formeller Kriterien,
      • sondern nach Massgabe der damit angestrebten Sicherstellung
        • der unabhängigen Berufsübung und
        • des Geheimnisschutzes
  • Gleichwertige unabhängige Berufsausübung
    • Die patentanwaltliche Tätigkeit als Parteivertreter im Sinne von PatGG 29 Abs. 1 unterliegt hinsichtlich der unabhängigen Berufsausübung inhaltlich gleichwertigen Anforderungen und ist gleichermassen einer behördlichen Aufsicht unterstellt.
    • Die neu zulässige Präsenz solcher Personen – gemäss strittigem Statutenentwurf – im Aktionariat, Verwaltungsrat oder der Geschäftsleitung der Gesellschaft beeinträchtigt die institutionelle Unabhängigkeit angestellter Rechtsanwältinnen und -anwälte im Sinne von BGFA 8 Abs. 1 lit. d nicht.
  • Nur geringfügige Unterschiede
    • Aufgrund der bloss geringfügigen Unterschiede im Schutz des Berufsgeheimnisses steht eine solche Regelung nicht im Widerspruch zu BGFA 13.
  • PatGG 29 Abs. 1 vs, Berufsregeln von BGFA 12
    • Dass unabhängige Patentanwältinnen und -anwälte im Sinne von PatGG 29 Abs. 1 nicht sämtlichen rechtsanwaltlichen Berufsregeln gemäss BGFA 12 unterstehen, vermag die Unabhängigkeit der angestellten Rechtsanwältinnen und -anwälte im Sinne von BGFA 8 Abs. 1 lit. d nicht unmittelbar zu beeinträchtigen.

Entscheid des Verwaltungsgerichts

  1. Die Beschwerde der Beschwerdeführer 1 und 3 wird im Sinn der Erwägungen gutgeheissen. Dispositivziffer 1 des Beschlusses der Beschwerdegegnerin vom 3. November 2022 wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass die Voraussetzung der persönlichen Unabhängigkeit der angestellten Rechtsanwältinnen und -anwälte im Sinn von Art. 8 Abs. 1 lit. d BGFA nicht beeinträchtigt wird, wenn die Statuten der F <AG> Patentanwältinnen und -anwälten, die im Patentanwaltsregister nach Art. 12 PAG eingetragen und zugleich auch vom Bundespatentgericht nach Art. 29 Abs. 1 PatGG zur Parteivertretung zugelassen sind, die Beteiligung an dieser Aktiengesellschaft bzw. den Einsitz im Verwaltungsrat derselben erlauben. Gleiches gilt für die mögliche Einsetzung solcher Personen als <Geschäftsführer oder Aktionärsvertreter in der Generalversammlung.
  2. In Bezug auf den Beschwerdeführer 2 wird das Verfahren als gegenstandslos geworden abgeschrieben.
  3. (Gerichtsgebühren)
  4. (Gerichtskosten)
  5. (Prozessentschädigung)
  6. (Rechtsmittelbelehrung)
  7. (Mitteilungen)

Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
3. Abteilung/3. Kammer
Urteil vom 21.03.2024 (Endentscheid / rechtskräftig)
VB.2022.00753
(URT.2024.25249)

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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