Sachverhalt und Erwägungen
Das Bundesgericht (BGer) hatte eine Ausstandsstreitigkeit zu entscheiden und erwog dabei folgendes:
- Grundsatz: Mitwirkung bei Zwischenentscheid begründet noch keinen Befangenheits-Anschein
- Die Mitwirkung bei einem Zwischenentscheid über vorsorgliche Massnahmen genügt grundsätzlich nicht, um einen Befangenheits-Anschein im Verfahren der Hauptsache zu erwecken.
- Verfahrensstreit
- Im Verfahren der Hauptsache war strittig, wann Verwirkungsfrist für eine erteilte Baubewilligung begonnen hatte.
- Äusserung genügte für Annahme der Vorbefassung nicht
- Für die Annahme einer Vorbefassung genügt es nicht,
- dass der Präsident der zuständigen Abteilung des Baurekursgerichts sich im Rahmen des vorsorglichen Rechtsschutzes zu dieser Frage bereits geäussert hatte.
- Für die Annahme einer Vorbefassung genügt es nicht,
- Ausnahme: Befangenheitsannahme bei sehr bestimmter gegenteiliger Ansichtsäusserung
- Der Richter hat aber in Ausstand zu treten,
- weil er die umstrittene Rechtsfrage im Rahmen des vorsorglichen Rechtsschutzes nicht nur summarisch,
- sondern gestützt auf einen unstreitigen Sachverhalt vertieft geprüft hat, und
- weil er sich sehr bestimmt ausgesprochen hat,
- indem er die gegenteilige Rechtsauffassung als «haltlos» bezeichnet hat.
- weil er die umstrittene Rechtsfrage im Rahmen des vorsorglichen Rechtsschutzes nicht nur summarisch,
- Der Richter hat aber in Ausstand zu treten,
Entscheid des Bundesgerichts
- Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Verwaltungsgerichts Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, vom 16. September 2021 aufgehoben. Das Gerichtspräsidium der 4. Abteilung des Baurekursgerichts im Verfahren R4.2020.000134b muss infolge Vorbefassung im Verfahren R4.2021.00037 in den Ausstand treten.
- Es werden keine Kosten erhoben.
- Der Kanton Zürich (Baurekursgericht) hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3’000.– zu entschädigen.
- Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und Entschädigungen des vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht Zürich zurückgewiesen.
- (Mitteilungen)
BGer 1C_659/2021 vom 11.07.2023
Art. 30 BV Gerichtliche Verfahren
1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2 Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3 Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
Art. 18 KV/ZH
1 Jede Person hat vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf rasche und wohlfeile Erledigung des Verfahrens.
2 Die Parteien haben Anspruch auf einen begründeten Entscheid mit Rechtsmittelbelehrung.
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Quelle
LawMedia Redaktionsteam
Bildquelle: wikipedia by Roland Zumbühl of Picswiss , CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons