Das Bundesgericht (BGer) stellte klar,
- dass der isolierten und unangemessenen Formulierung zur «relativ kurzen Dauer» einer Vergewaltigung
- im Bundesgerichtsurteil 7B_15/2021 vom 19.09.2023
- für die Rechtsprechung keine Bedeutung zukommt.
Im Gegensatz dazu, was die fragliche Passage vermuten lassen könnte,
- darf die Dauer einer Vergewaltigung
- bei der Strafzumessung
- keinesfalls zu Gunsten des Täters berücksichtigt werden.
- bei der Strafzumessung
Umgekehrt kann es sich indessen erschwerend auf die Schuld des Täters auswirken,
- wenn die Länge der Tat auf eine erhöhte kriminelle Energie schliessen lässt.
Detail-Informationen
«2023 überwältigte ein Mann im Kanton Wallis auf dem Heimweg von einer Bar eine Frau und vergewaltigte sie. Nach einigen Minuten gelang es ihr, um Hilfe zu rufen, worauf der Täter flüchtete. Er wurde vom Bezirksgericht Martigny und St-Maurice 2024 zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt, zur Hälfte bedingt vollziehbar. Das Kantonsgericht des Kantons Wallis erhöhte die Freiheitsstrafe auf Berufung der Staatsanwaltschaft auf dreieinhalb Jahre unbedingt. Das Bundesgericht weist die dagegen erhobene Beschwerde des Täters ab. Er hatte argumentiert, dass das Kantonsgericht bei der Strafzumessung seine Schuld wegen der kurzen Tatdauer milder hätte beurteilen müssen. Gemäss dem Urteil des Bundesgerichts 7B_15/2021 vom 19. September 2023 stelle die relativ kurze Dauer einer Vergewaltigung einen Faktor dar, der schuldmindernd zu berücksichtigen sei. Dieser Schluss kann aus dem fraglichen Urteil nicht gezogen werden. Das Urteil enthält im Zusammenhang mit der Strafzumessung eine isolierte und unangemessene Formulierung («So ist bundesrechtskonform, dass die Vorinstanz die [im Vergleich relativ kurze] Dauer der Vergewaltigung berücksichtigt.»). Die Frage der Tatdauer wurde im Entscheid aber nicht weiter behandelt. In grundsätzlicher Weise und im Gegensatz dazu, was die fragliche Passage vermuten lassen könnte, ist daran festzuhalten, dass die Dauer eines sexuellen Übergriffs in keinem Zusammenhang mit der Schwere der Verletzung des geschützten Rechtsguts steht. Die Bezeichnung «Vergewaltigung von kurzer Dauer» stellt ein Unding dar, zumal die Verletzung des geschützten Rechtsguts ab dem ersten Moment der sexuellen Handlung bewirkt wird. Unter dem Blickwinkel der Schuld kann die «relativ kurze Dauer» einer Vergewaltigung in keinem Fall als mildernder Umstand zu Gunsten des Täters gewürdigt werden. Umgekehrt spricht nichts dagegen, die Dauer einer kriminellen Handlung schulderhöhend zu berücksichtigen, wenn die Länge der Tat auf eine umso höhere kriminelle Energie des Täters schliessen lässt. Im Weiteren verwirft das Bundesgericht auch das Argument des Beschwerdeführers, dass die Strafe im Vergleich mit anderen vom Bundesgericht beurteilten Fällen besonders streng ausgefallen sei. Die Vorinstanz hat den massgeblichen Strafzumessungskriterien Rechnung getragen.»
Quelle: Medienmitteilung des Bundesgerichts vom 15.10.2024
BGer 6B_612/2024 vom 18.09.2024
Quelle
LawMedia Redaktionsteam