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Anwendung des BGFA auf RA als Erbschaftsverwalter + bundesrechtswidrige Publikation eines Berufsausübungsverbots

ZGB 518 Abs. 2; BGFA 12 lit. i + a; BV 49 Abs. 1

Datum:
03.12.2024
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Erbrecht, Anwälte / Mediatoren
Thema:
Anwendung des BGFA auf RA als Erbschaftsverwalter + bundesrechtswidrige Publikation eines Berufsausübungsverbots
Stichworte:
Anwaltssorgfalt, Berufsausübung, Berufsausübungsverbot, Disziplinarmassnahmen, Erbschaftsverwalter, Rechenschaftspflicht, Rechnungslegungspflicht, Rechtsanwalt, Willensvollstrecker
Erlass:
ZGB 518 Abs. 2; BGFA 12 lit. i + a; BV 49 Abs. 1
Entscheid:
BGer 2C_164/2023 vom 25.03.2024
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Ausgangslage

Es wurde ein Rechtsanwalt (RA) aufgrund seines Anwaltsberufs als Willensvollstrecker beauftragt. Der RA wurde vom kantonalen Erbschaftsamt zum Erbschaftsverwalter berufen, weil er bereits als Willensvollstrecker amtete und kein Interessenskonflikt vorlag.

Erbschaftsverwalter als Rechtsanwalt

Weil seine Einsetzung als Erbschaftsverwalter indirekt auf die Anwaltstätigkeit zurückzuführen war, unterstand er den anwaltsrechtlichen Berufsregeln.

Rechenschafts- und Rechnungslegungspflicht

Der Willensvollstrecker wie der Erbschaftsverwalter müssen den Erben Rechenschaft über ihre Arbeit ablegen:

  • Reagiert der Erbschaftsverwalter nicht auf die wiederholten Anfragen der Alleinerbin betreffend der Verwendung einer Akontozahlung und der Auszahlung des Restbetrags,
    • verstösst er gegen BGFA 12 lit. i und
    • macht sich überdies disziplinarisch verantwortlich.

Der Beschwerdeführer bezahlte auch die vom Nachlass geschuldete Rechnung des Erbschaftsamts entgegen den Vorgaben von ZGB 518 Abs. 2 nicht,

  • weshalb die Vorinstanz davon ausgehen durfte,
    • der Beschwerdeführer habe gegen die Generalklausel von BGFA 12 lit. a verstossen.

Gelöschte Disziplinarmassnahmen

Das Bundesgericht bestätigte die Rechtsprechung, wonach gelöschte Disziplinarmassnahmen bei der Beurteilung neuer Sanktionen berücksichtigt werden könnten:

  • Allerdings nahm das Bundesgericht eine Präzisierung vor:
    • Zurückliegende Disziplinarmassnahmen verlören in der Regel mit zunehmendem zeitlichem Abstand an Bedeutung.

Im Kanton Zug bestehen anwaltsrechtliche Besonderheiten, nämlich:

  • Im Kanton Zug wird der Anzeigeerstatter ohne konkreten Nachweis eines besonderen Interesses zur Beschwerde gegen den Nichteintretensentscheid zugelassen.
  • Im Kanton Zug ist eine Publikation des nach kantonalem Recht vorgesehenen befristeten Berufsausübungsverbots im kantonalen Amtsblatt vorgesehen.
    • Diese Publikation stellt eine Disziplinarmassnahme dar und verletzt laut Bundesgericht den Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts gemäss BVG 49 Abs. 1.

Entscheid des Bundesgerichts

  1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird teilweise gutheissen; die Dispositiv-Ziffer 1 des Urteils des Obergerichts des Kantons Zug wird insoweit aufgehoben, als die Publikation von Ziffer 2 des Beschlusses vom 23. November 2022 der Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte des Kantons Zug im Amtsblatt bestätigt wurde. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
  2. Die reduzierten Gerichtskosten von Fr. 1’500.– werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
  3. Der Kanton Zug hat den Beschwerdeführer mit Fr. 500.– zu entschädigen.
  4. Die Sache wird zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Rechtsmittelverfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen.
  5. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Obergericht des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung, und dem Bundesamt für Justiz BJ mitgeteilt.

BGer 2C_164/2023 vom 25.03.2024

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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