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«Zahlvaterschaft»: Aktivlegitimation zur Erhebung einer Herabsetzungsklage?

Art. 457 und 522 ZGB, Art. 13a Abs. 1 SchlT ZGB; Art. 8 i.V.m. Art. 14 EMRK

Datum:
13.03.2025
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Erbrecht, Erbrechtliche Herabsetzung / Herabsetzungsklage
Thema:
„Zahlvaterschaft“
Stichworte:
Aktivlegitimation, Herabsetzungsklage, Kindesverhältnis, Vaterschaft mit Standesfolge, Vaterschaftsklage, Zahlvaterschaft
Erlass:
Art. 457 und 522 ZGB, Art. 13a Abs. 1 SchlT ZGB; Art. 8 i.V.m. Art. 14 EMRK
Entscheid:
BGer 5A_238/2023 vom 18.03.2024 = BGE 150 III 160 ff.
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Ausgangslage

Wer noch nach altem, bis 1978 gültigem Kindesrecht, in keinem rechtlichen Kindesverhältnis zum «Zahlvater» steht, kann keine Herabsetzungsklage erheben:

  • Offensteht jedoch – entgegen der intertemporalen Regelung gemäss SchlT ZGB 13a – die Vaterschaftsklage gemäss ZGB 263 Abs. 3.

Im Einzelnen:

Zur Erhebung einer Herabsetzungsklage sind lediglich pflichtteilsgeschützte Erben legitimiert:

  • Kein automatischer Wechsel von «Zahlvaterschaft» zur Vaterschaft mit Standesfolge
    • Hat der Erblasser eine Person zu Lebzeiten als altrechtlicher «Zahlvater» unterstützt, so ist diese Person nur dann zur Erhebung der Herabsetzungsklage berechtigt, wenn ein rechtliches Kindesverhältnis zum Verstorbenen hergestellt wurde, was nicht ipso iure mit der Gesetzesänderung per 1978 geschah,
      • als der Dualismus von «Zahlvaterschaft» und Vaterschaft mit Standesfolge abgeschafft wurde.
  • Im konkreten Fall keine Vaterschaftsklage
    • In concreto hatte der «Zahlvater» das Kind nie (rechtlich) anerkannt und es waren auch keine Klagen zwecks Herstellung eines rechtlichen Kindesverhältnisses eingereicht worden.
  • Fehlende Aktivlegitimation zur Erhebung einer Herabsetzungsklage
    • Weil es an einem rechtlichen Kindesverhältnis zum Beschwerdeführer fehlte,
      • war dieser nicht zur Erhebung einer Herabsetzungsklage legitimiert.

Entscheid des Bundesgerichts

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
  2. Die Gerichtskosten von Fr. 10’000.– werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
  3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, mitgeteilt.

BGer 5A_238/2023 vom 18.03.2024   =   BGE 150 III 160 ff.

Definition der sog. «Zahlvaterschaft»

Uneheliche Kinder ohne Erbberechtigung

Mit dem Begriff «Zahlvaterschaft» ist ein von 1912 bis 1977 gesetzlich vorgesehenes Konstrukt gemeint.

Vor dem 01.01.1978 kannte das Schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB) zwei Arten von Rechtsverhältnissen des Vaters zu seinem ausserehelich geborenen Kind:

  • 1) Das dem ehelichen weitgehend gleichgestellte Kindesverhältnis mit sog. Standesfolge;
  • 2) die «Zahlvaterschaft».

Die «Zahlvaterschaft» erlaubte es Vätern, ihre unehelichen Kinder nicht offiziell anerkennen zu müssen:

  • Sie mussten lediglich eine monatliche Unterstützungspflicht an die Mutter des ausserehelichen Kindes leisten.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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