Sachverhalt
Ein Organspender forderte vom obligatorischen Krankenpflegeversicherer (Krankenkasse) der Organempfängerin Ersatz von Erwerbsausfall rund 10 Jahre nach erfolgter Nierentransplantation.
Der Mann hat seiner Schwester 2006 eine Niere gespendet.
Wegen einer dabei erlittenen Nervenschädigung konnte er anschliessend seine bisherige berufliche Tätigkeit nicht mehr uneingeschränkt ausüben.
Wegen dieser Langzeitfolgen leistete die jeweilige Krankenkasse der Organempfängerin dem Spender diverse Zahlungen für den Erwerbsausfall.
2017 wechselte die Organempfängerin zu einer anderen Krankenkasse.
Prozessuales
Die neue Krankenkasse der Organempfängerin weigerte sich, die vom Betroffenen geltend gemachten rund CHF 900’000 für weiteren Erwerbsausfall ab dem Jahr 2015 bis zu seiner Pensionierung zu übernehmen.
- Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau wies die Beschwerde des Spenders ab.
Erwägungen des Bundesgerichts
Das Bundesgericht kam zu folgenden Schlüssen:
- Anspruchherleitung nicht aus dem Krankenversicherungsrecht
- Der Organspender kann den direkt von der Krankenkasse der Organempfängerin geforderten Ersatz von Erwerbsausfall nicht aus den Normen des Krankenversicherungsrechts (Krankenversicherungsgesetz und entsprechendes Verordnungsrecht) herleiten.
- Zutreffende rechtliche Grundlage
- Gemäss Bundesgericht fällt als rechtliche Grundlage für eine solche Forderung des betroffenen Organspenders einzig Art. 14 Abs. 2 lit. b des Transplantationsgesetzes in Betracht.
- Anspruchsbestimmung
- Ein auf Art. 14 Abs. 2 lit. b des Transplantationsgesetzes gestützter Anspruch gehört indessen
- nicht zum Sozialversicherungsrecht,
- sondern zum Gesundheitsrecht des Bundes.
- Ein auf Art. 14 Abs. 2 lit. b des Transplantationsgesetzes gestützter Anspruch gehört indessen
- Zuständigkeiten
- Für die Überprüfung dieses gesundheitlichen Anspruchs war somit nicht das Thurgauer Verwaltungsgericht (als Sozialversicherungsgericht) zuständig.
- Die Beschwerde betreffend diesen Anspruch hätte vielmehr an das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) führen sollen.
- Überweisung ans Bundesverwaltungsgerichts (BVGer)
- Dementsprechend überweist das Bundesgericht die Sache dem Bundesverwaltungsgericht zur materiellen Behandlung.
Das Bundesgericht hatte die Beschwerde des Organspenders im Sinne der vorstehenden Ausführungen teilweise gutzuheissen:
Erkenntnis des Bundesgerichts
- Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägung 7.1 teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 25. Oktober 2023 wird aufgehoben, soweit er einen auf Art. 14 Abs. 2 lit. b Transplantationsgesetz gestützten Anspruch betrifft, und die Sache wird im gleichen Umfang zuständigkeitshalber dem Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung überwiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
- Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
- Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
BGer 9C_121/2024 vom 23.06.2025
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Quelle
LawMedia Redaktionsteam