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Anwaltsrecht Zürich

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Anwälte: Berufspflichtverletzung durch Kritik an Ausstandsgesuch + durch den Anschluss an die Äusserungen eines Dritten

BGFA 12 lit. a / StPO 56 lit. f

Datum:
24.11.2025
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Anwälte / Mediatoren
Stichworte:
Ahndung, Anwalt, Anwaltsrecht, Aufsichtsbehörde, Ausstandsgesuch, Berufspflichtverletzung, Berufsplichten, Kritik, Rechtsanwalt
Erlass:
BGFA 12 lit. a / StPO 56 lit. f
Entscheid:
BGer 2C_83/2023 vom 26.03.2024
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Gerichtspolizeiliche Disziplinierung schliesst eine zusätzliche RA-Aufsichtsbehörden-Ahndung nicht aus

Die gerichtspolizeiliche Disziplinierung eines Anwalts schliesst die zusätzliche Ahndung seines Fehlverhaltens durch die Aufsichtsbehörde über die Anwälte nicht aus (vgl. Erw. 6.1):

  • Art. 12 lit. a BGFA gilt als sog. «Auffangtatbestand» zu den übrigen in diesem Artikel geregelten Berufspflichten der Anwalts (vgl. Erw. 6.2.1).

Bestmögliche Interessenwahrung

  • Die Anwälte haben in erster Linie die Interessen ihrer Klientschaft bestmöglich zu vertreten (vgl. Erw. 6.2.2), wobei sie alles zu unterlassen haben, was die Vertrauenswürdigkeit der Anwaltschaft infrage stellt (vgl. Erw. 6.2.3).

Prozessualer Kontext entscheidend

Die Beurteilung kritischer Äusserungen eines Rechtsanwalts gegenüber einer Behörde oder einem Behördenmitglied hängt wesentlich vom prozessualen Kontext ab (vgl. Erw. 6.2.4).

Ausstandsbegehren gegen Strafrichter

Im konkreten Fall hat ein Anwalt

  • verlangt
    • den Ausstand eines Strafrichters wegen Feindschaft gegenüber seinem Klienten

und

  • die Haltung des Richters im Rahmen des Ausstandsgesuchs u.a. bezeichnet als:
    • «bösartig»;
    • «feindselig»;
    • «höhnisch».

Einzelne Äusserungen nicht sanktionswürdig, aber in ihrer Gesamtsumme

Im vorliegenden Kontext erscheinen die einzelnen Äusserungen für sich allein genommen

  • zwar noch nicht sanktionswürdig,
  • In ihrer Summe erweisen sie sich indessen
    • als unnötig polemisch und
    • herabsetzend,
    • womit sie über das zulässige Mass hinausgehen,

(vgl. Erw. 6.3.2 – Erw. 6.3.4).

Indem sich der Anwalt weiter dem Ausstandsgesuch eines anderen Rechtsvertreters vorbehaltlos angeschlossen hat,

  • welches auch
    • unsachliche,
    • persönlich verletzende Äusserungen gegenüber dem Richter enthielt,
  • hat er sich dessen Aussagen
    • zweifellos erkennbar zu eigen gemacht und
  • diese sind damit nach dem gleichen Massstab zu beurteilen,
    • wie wenn er sie selbst getätigt hätte

(vgl. Erw. 6.4.2  f.).

BGer 2C_83/2023 vom 26.03.2024

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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