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StWE-Beschluss: Bauliche Massnahme an Gebäudeteil im Sonderrecht

ZGB 712a Abs. 1, ZGB 712b Abs. 1, ZGB 712s Abs. 1 + ZGB 647

Datum:
04.12.2025
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Sachenrecht / Immobiliarsachenrecht, Stockwerkeigentum / Eigentumswohnungen
Thema:
StWE-Beschluss
Stichworte:
Ausschliessliches Benützungsrecht, Bauliche Massnahme, Eigentumswohnung, Sonderrecht, Stockwerkeigentum
Erlass:
ZGB 712a Abs. 1, ZGB 712b Abs. 1, ZGB 712s Abs. 1 + ZGB 647
Entscheid:
BGer 5A_17/2024 vom 03.02.2025
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Sachverhalt

«A.________ und B.________ sind gemeinsam Eigentümer (zu je hälftigem Miteigentum) der Stockwerkeinheit Nr. yy im ersten Obergeschoss an der D.________strasse ww in U.________ (SG), die zur Überbauung C.________ (Grundstück Grundbuch V.________ Nr. xxx) gehört. Die Stockwerkeinheit Nr. zz liegt direkt über der Stockwerkeinheit Nr. yy und steht im Eigentum von E.________ und F.________.

A.________ und B.________ vertreten die Ansicht, die Bodenbeläge in der Stockwerkeinheit Nr. zz seien in Verletzung von Art. 7 Abs. 2 Bst. a des Reglements der Stockwerkeigentümergemeinschaft ersetzt worden. Nach dieser Bestimmung ist es den Stockwerkeigentümern untersagt, die Böden ihrer Räume übermässig zu belasten und die Beschaffenheit der Bodenbeläge samt Unterbau so zu verändern, dass daraus eine Verschlechterung der Schallverhältnisse zulasten anderer Stockwerkeinheiten resultiert. 

Anlässlich der ordentlichen Stockwerkeigentümerversammlung vom 14. September 2021 beantragten A.________ und B.________ unter anderem, die Verwaltung sei zu beauftragen und zu bevollmächtigen, von E.________ und F.________ als den Eigentümern der Stockwerkeinheit Nr. zz den Rückbau der in den vier Schlafzimmern eingebauten Bodenbeläge innert zwei Monaten zu verlangen und erforderlichenfalls gerichtlich durchzusetzen (…). Einen identischen Antrag stellten sie bezüglich der im Bereich Wohnen/Essen/Diele eingebauten Bodenbeläge (…). Die Stockwerkeigentümergemeinschaft C.________ (im Folgenden: Stockwerkeigentümergemeinschaft) lehnte diese Anträge mit elf Stimmen gegen eine Stimme ab.»

Prozess-History

  • Schlichtungsverfahren
    • Das Schlichtungsverfahren blieb erfolglos.
  • Klage bei Einzelrichterin
    • A.________ und B.________ fochten den Beschluss der Stockwerkeigentümergemeinschaft nach erfolglosem Schlichtungsversuch beim Kreisgericht St. Gallen an und stellten in ihrer Klage vom 31. März 2022 – soweit für das bundesgerichtliche Verfahren relevant – dieselben Begehren wie anlässlich der Stockwerkeigentümerversammlung vom 14. September 2021.
    • Die Einzelrichterin des Kreisgerichts wies die Klage insoweit ab.
  • Berufung ans Kantonsgericht St. Gallen
    • Die gegen die Klageabweisung erhobene Berufung wies das Kantonsgericht St. Gallen mit Entscheid vom 21. November 2023 (eröffnet am 23. November 2023) ab.
  • Beschwerde (beider Parteien) ans Bundesgericht
    • A.________ und B.________ (Beschwerdeführer) gelangen mit Beschwerde in Zivilsachen vom 8. Januar 2024 ans Bundesgericht.

Erwägungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht hatte sich in der zur amtlichen Publikation vorgesehenen Streitsache BGer 5A_17/2024 mit der Frage auseinanderzusetzen,

  • ob die Stockwerkeigentümergemeinschaft (StWEG) verpflichtet ist,
    • die Einhaltung des Stockwerkeigentümerreglements durchzusetzen,
      • falls ein Stockwerkeigentümer
        • gestützt darauf den Rückbau von Bodenbelägen in einer Stockwerkeigentumseinheit eines anderen Stockwerkeigentümers verlangt.

Vorliegend wirkte sich der beanstandete Einbau der neuen Bodenbeläge ausschliesslich aus im Verhältnis:

  • zwischen der betreffenden Stockwerkeinheit und der Stockwerkeinheit der Beschwerdeführer.

Gemeinschaftliche Interessen sind aber, so das Bundesgericht, nicht betroffen:

  • Betroffenheit
    • Als unmittelbar betroffene Eigentümer haben die Beschwerdeführer die Möglichkeit, gegen störende Immissionen nach ZGB 679 i.V.m. ZGB 684 vorzugehen.
  • Übermässige Einwirkung?
    • Im Rahmen einer Immissionsklage ist die fragliche StWE-Reglementsbestimmung insofern von Bedeutung,
      • als sich nach ihr beurteilt,
        • ob eine übermässige Einwirkung vorliegt.
  • Beweisrisiko?
    • Ob das Beweisrisiko im Rahmen einer Klage aufgrund von ZGB 679 i.V.m. ZGB 684 – wie die Beschwerdeführer vorbringen – sehr hoch ist, liess das Bundesgericht offen.
  • Rechtsweg-Möglichkeit
    • Es steht gemäss Bundesgericht den Beschwerdeführern jedenfalls ein zumutbarer Rechtsweg zur Verfügung, um gegen durch den Einbau der neuen Bodenbeläge verursachte Störungen ihres Eigentums vorzugehen.

Dass keine gemeinschaftlichen Interessen betroffen sind,

  • ist ein sachlicher Grund für den Beschluss der Stockwerkeigentümergemeinschaft,
    • auf die beantragten Vorkehren zu verzichten.

Unter diesen Umständen verletzt der Verzicht auf die zur Durchsetzung der fraglichen StWE-Reglementsbestimmung beantragten Vorkehren

  • weder das Gesetz,
  • noch die Gemeinschaftsordnung.

Insbesondere erscheint er

  • weder als rechtsmissbräuchlich,
  • noch wird eine Ungleichbehandlung der Stockwerkeigentümer geltend gemacht.

Es ist daher auch nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz offengelassen hat,

  • ob die Beschwerdegegnerin überhaupt
    • ein schutzwürdiges Interesse im Sinne von ZPO 59 Abs. 2 lit. a
      • an der gerichtlichen Durchsetzung des StWE-Reglements gehabt hätte.

Soweit die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang eine widersprüchliche und damit willkürliche Argumentation der Vorinstanz beanstanden,

  • ist darauf mangels Entscheid-Relevanz nicht einzugehen.

Der Entscheid der Vorinstanz erwies sich demnach für das Bundesgericht als bundesrechtskonform.

Bundesgerichtsentscheid

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
  2. Die Gerichtskosten von Fr. 3’000.– werden den Beschwerdeführern auferlegt.
  3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, I. Zivilkammer, mitgeteilt. 

BGer 5A_17/2024 vom 03.02.2025

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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