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Verkehrsrecht

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Autoposer: Unnötiges Motor aufheulen lassen ist strafbar

Datum:
10.01.2020
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Verkehrsrecht
Stichworte:
Lärm, Lärmsorgen, Motorengeheule, Motorrad, Strassenverkehr
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Bespassung auf der öffentlichen Strasse

Einleitung

Der Lärm gewisser Fahrzeuge und Motoren geht im Strassenverkehr – abgesehen von den verursachenden Fahrern – beinahe jedem auf die Nerven, sogar autoaffinen Personen.

Motorengeheule als Lärm

Belärmungsarten

Wer kennt sie nicht, die aufheulenden Motoren getunter Sportwagen, die einem durch Mark und Bein gehen. Die so auf sich aufmerksam-machenden Fahrer wenden zur Verstärkung des „Rennsport-Sounds“ unterschiedliche Methoden an:

  • Dröhnende Quickstarts bei Poolposition-Situationen an Lichtsignalen
  • Warten an Lichtsignalanlagen bis die vorderen Fahrzeuge ein Stück davon gefahren sind und dann laut-stark Gas gegeben
  • Tunnelfahrten mit wiederholenden Gas-Schüben
  • Nutzung sog. „Klappenauspuffsysteme“ (Auspuff- und Schalldruck-Technik), mittels welcher bei jedem Schaltvorgang ohrenbetäubende Spucksalven zu hören sind
  • Auto im Leerlauf rollen lassen, mit wiederholenden, lautstarken Drehzahlerhöhungen
  • etc.

Solche „Autoposer“ bzw. „Autodröhner“ wollen auf sich aufmerksam machen und verfolgen so ein anachronistisches, kontraproduktives Imponiergehabe besonderer Art.

Schreckhafte Lärmerzeugung

Manchmal ist nicht einmal der Lärm das gröbste Problem, sondern die schreckhafte Erzeugung, insbesondere für Fussgänger und Velofahrer.

Das unerwartete Motorheulen verbunden mit der Hörbarkeit eines Beschleunigungsvorgangs erzeugt für alle in der Nähe befindlichen Personen eine Schreck- und Vorsichtssekunde.

Am 17.12.2019 wurde in der Nähe des „Kaufleuten“ in Zürich sogar ein Fahrer entdeckt, der Lärmerzeugung und Auto-Akrobatik kombinierte: Er gab mit seinem Fahrzeug der Marke Range Rover, Typ „Sport“, so Gas, dass sich ein „Wheelie“ ergab (Fahren mit den Vorderrädern in der Luft); dies wiederholte er mehrmals.

Teils ungeübte Fahrer: Ein Sicherheitsrisiko

Oft handelt es sich bei diesen sog. „Autoposern“ um Mieter von PS-starken Autos, die sonst keine solche Maschine kaufen oder leasen könnten.

Es fehlt ihnen nicht nur die Fahrpraxis für solche Autos, sondern auch die Fahrerfahrung mit dem betreffenden Fahrzeug. Die „Tagesmiete“ ist meist zu kurz, um sich in solchen „Spielchen“ zu beüben.

Sie wollen auffallen, Aufmerksamkeit und Anerkennung mit dem super-coolen und lauten Wagen erheischen, die sie sonst nicht haben. Dies schliesst für diese Fahrer ein Anwendung da aus, wo sie hingehören, nämlich auf absperrte, nicht-öffentliche Plätze und Fahrstrecken.

Charakterliche Fahreignung?

Diese Fahrer haben oft nur eines in ihrem Blickwinkel: Sich und ihre Bespassung. Dies schränkt ihre Wahrnehmung von Gefahren und Risiken ein. Sie laufen in ihren Beschleunigungsvorhaben stets Gefahr, die Fahrdynamik des (Miet-)Fahrzeugs falsch einzuschätzen und von der geplanten Fahrlinie abzukommen.

Wer seine Fahrweise im Publikumsbereich auf möglichste Lärmerzeugung, statt auf höchste Fahrsorgfalt und Sicherheit fokussiert, beachtet weder die Vorschriften, noch nimmt er Rücksicht auf Mitmenschen (SVG 14 Abs. 2 lit. d; siehe nachfolgend).

Der Verkehrssicherheit zu wider laufende Zeiterscheinung

In letzter Zeit sieht und liest man in der Tagespresse vermehrt von Unfällen mit ebensolchen Fahrzeugen, die formell gemietet oder informell, unter welchen Vorgaben auch immer, solchen Fahrern überlassen wurden.

Es ist an die Vernunft der Vermieter solcher PS-Karossen zu appellieren, ihre schönen, leistungsfähigen und muskelstarken Fahrzeuge nicht an jedermann und fürs blosse Herumposen zu vermieten.

Ohne Selbstbeschränkung dürfte dieser Art von Autovermietungs-Business in verschiedener Hinsicht Einschränkungen bevorstehen (Bewilligungspflicht, Check des fahrerischen Leumundes des Automieters, Versicherungsbeschränkungen bzw. höhere Selbstbehalte und griffigere Regressregeln etc.).

Bespassung zu Lasten der Allgemeinheit

Es geht nicht an, die Allgemeinheit zur eigenen Bespassung zu belästigen. Wie nachfolgend aufgezeigt wird, ist dies denn auch verboten. Noch weniger tolerabel ist, wenn die Bespassung zum Sicherheitsrisiko für die Anderen wird.

Grundlagen + mögliche Massnahmen

Lärmvermeidung

Art. 42 SVG   Vermeiden von Belästigungen

Vermeiden von Belästigungen

1 Der Fahrzeugführer hat jede vermeidbare Belästigung von Strassenbenützern und Anwohnern, namentlich durch Lärm, Staub, Rauch und Geruch, zu unterlassen und das Erschrecken von Tieren möglichst zu vermeiden.

2 Der Betrieb von Lautsprechern an Motorfahrzeugen ist untersagt, ausgenommen für Mitteilungen an Mitfahrende. Die nach kantonalem Recht zuständige Behörde kann in Einzelfällen Ausnahmen gestatten.

Weitere Verhaltensvorschriften finden sich in folgenden Erlassen:

  • Örtliche Polizeiordnungen
  • Kantonale Gesetze

Solche Erlasse wirken vor allem in Wohnquartieren und in Erholungszonen sowie nachts.

Fahreignung und Fahrkompetenz

Art. 14 SVG   Fahreignung und Fahrkompetenz

Fahreignung und Fahrkompetenz

1 Motorfahrzeugführer müssen über Fahreignung und Fahrkompetenz verfügen.

2 Über Fahreignung verfügt, wer:

  1. das Mindestalter erreicht hat;
  2. die erforderliche körperliche und psychische Leistungsfähigkeit zum sicheren Führen von Motorfahrzeugen hat;
  3. frei von einer Sucht ist, die das sichere Führen von Motorfahrzeugen beeinträchtigt; und
  4. nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr bietet, als Motorfahrzeugführer die Vorschriften zu beachten und auf die Mitmenschen Rücksicht zu nehmen.

3 Über Fahrkompetenz verfügt, wer:

  1. die Verkehrsregeln kennt; und
  2. Fahrzeuge der Kategorie, für die der Ausweis gilt, sicher führen kann.

Verkehrspsychologische Begutachtung des Lenkers?

Wenn hinreichend begründete Anhaltspunkte vorliegen, dass der Fahrzeuglenker sich nicht an die Verkehrsregeln halten will und/oder rücksichtslos fahren wird, kann in Zweifelsfällen eine verkehrspsychologische oder psychiatrische Begutachtung und ggf. ein Sicherungsentzug des Führerausweises angeordnet werden.

Fahrzeugeinziehung?

In der Rechtsprechung ist noch kein Entscheid zu finden, bei welchem es um die Einziehung dröhnender Fahrzeuge als Deliktsgut geht, ähnlich wie bei Raser-Fahrzeugen.

Beispielhafte Bestrafung eines Motorrad-Dröhners

Ein Motorradlenker befuhr am 16.06.2017 zwischen 18.20 Uhr und 19.05 Uhr mit einem Motorrad Kawasaki Ninja ZX-6R mehrmals die Strecke zwischen Roggwil und Vordemwald durch den «Boowald» (Gemeinde Murgenthal), weil die Fahrt dort eine «gewisse Rennatmosphäre» entstehen lasse. Ihm wurde vorgeworfen, er sei teilweise in niedrigen Gängen und mit hoher Motordrehzahl unterwegs gewesen. Dadurch habe er erhebliche Lärmimmissionen verursacht.

Die Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm sprach daher den Motorradfahrer mittels Strafbefehl der mehrfachen einfachen Verletzung der Verkehrsregeln schuldig (begangen durch fortgesetztes unnötiges Herumfahren und Verursachen von unnötigem Lärm durch hohe Motordrehzahl beim Fahren in niedrigen Gängen). Sie auferlegte ihm eine Busse von Fr. 300.–.

Der Motorradlenker war uneinsichtig:

  • Einsprache beim Bezirksgericht Zofingen, welchen den Motorradfahrer wegen mehrfacher einfacher Verletzung der Verkehrsregeln verurteilte und ihm eine Busse von Fr. 300.—auferlegte
  • Abweisung der Berufung durch das Obergericht des Kantons Aargau und Bestätigung des Strafbefehls
  • Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht, weil welchem er die Aufhebung des obergerichtliche Urteils des Obergerichts und seinen Freispruch von Schuld und Strafe verlangte.

Das Bundesgericht bestätigte die Busse von 300 Franken und vertrat ebenfalls die Ansicht,

  • es spiele keine Rolle, dass der Wald nicht speziell als Erholungsgebiet signalisiert war;
  • der Lenker habe durch das mehrmalige Befahren des Waldes in kurzen Zeitabständen und niedrigen Gängen mit hoher Drehzahl einen vermeidbaren Lärm verursacht

Vgl. ferner BGer 6B:1112/2018 vom 25.09.2019

Handlungsbedarf

Lärm ist ein messbares Ereignis. Die zuständigen Behörden sollten in diesem Bereich mehr unternehmen, vor allem auch wegen der mit einer schreckhaften Lärmerzeugung verbundenen Unfallrisiken in Innenstädten.

Vielleicht würde dann auch mancher Fahrer aus dem Verkehr gezogen, der früher oder später in anderen Verkehrssituationen Dritte gefährdet.

Die Bekämpfung solcher Lärm- und Fahr-Unsitten sollte nicht nur ein guter Neujahrs-Vorsatz bleiben.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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