Gesetzliche Definition?
Eine gesetzliche Definition der selbständigen Erwerbstätigkeit fehlt. Einzig in DBG 18 zählt der Gesetzgeber nur mögliche Tätigkeitsgebiete für eine selbständige Erwerbstätigkeit auf. Eine Definitionsfestlegung überlässt Lehre und Rechtsprechung.
DBG 18 – Nicht Definition, aber Aufzählung der Tätigkeitsgebiete
„… alle Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-, Gewerbe- Land- und Forstwirtschaftsbetrieb aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen selbständigen Erwerbstätigkeit„.
Tätigkeitsgebiete
- Handels-, Industrie- und Gewerbebetriebe
- Land- und Forstwirtschaftsbetriebe
- Freie Berufe
Rechtsformen
Ungeschriebene Voraussetzung bildet das Vorhandensein eines Personenunternehmens:
- Einzelunternehmen *)
- Einfache Gesellschaft
- Kollektivgesellschaft (KLG)
- Kommanditgesellschaft (KMG)
*) Ob die Situation eines Freiberuflers (ohne Unternehmen; vgl. Erwerbstätigkeit (ohne Unternehmen)/selbständige Erwerbstätigkeit (freie Berufe) / DBG 18: „freie Berufe“) oder eines Einzelunternehmens gegeben ist, muss im konkreten Einzelfall beurteilt werden; akademische Berufsgattungen gelten als freie Berufe.
Merkmale
Stufe 1
Als kumulativ notwendige Merkmale einer selbständigen Erwerbstätigkeit gelten:
- Eigenes Risiko
- Freie Organisation
- Teilnahme am Wirtschaftsverkehr
- Gewinneignung der Tätigkeit.
Stufe 2
Sind die kumulativen Voraussetzungen gegeben, ist zu prüfen, ob vorliegt eine:
- ständige selbständige Erwerbstätigkeit
- nur gelegentliche selbständige Erwerbstätigkeit
Gefordert ist eine doch ständige Tätigkeit.
Die Details dieser 5 Voraussetzungen werden nachfolgend aufgearbeitet.
Eigenes Risiko
Voraussetzungen für eine Abgrenzung des Unternehmers von Unselbständigerwerbenden:
- Tätigkeit in eigenem Namen und auf eigene Rechnung
- Tragung des Unternehmerrisikos
- (Mit-)Beteiligung am Erfolg und Misserfolg
- (Mit-)Tragung von Verlusten.
Freie Organisation
Voraussetzungen für eine Abgrenzung des Unternehmers von Unselbständigerwerbenden:
- Freiheit des Unternehmers selber auszuwählen:
- Kunden
- Mitarbeiter
- Betriebsabläufe
- Keine Weisungsrechte des Kunden
- Freie Organisation als Kriterium der wirtschaftlichen Unabhängigkeit
Teilnahme am Wirtschaftsverkehr
Voraussetzungen für eine Abgrenzung des Unternehmers von Unselbständigerwerbenden:
- Erbringen von Lieferungen und Leistungen (L&L) an Dritte gegen Entgelt
- nach aussen sichtbares Auftreten als Unternehmer
Gewinneignung der Tätigkeit
Voraussetzungen für eine Abgrenzung des Unternehmers von Unselbständigerwerbenden:
- objektive Eignung der Tätigkeit, in absehbarer Zeit Gewinne zu erzielen
- mehrere aufeinanderfolgende Misserfolge begründen noch keine unselbständige Erwerbstätigkeit
- sofern die Handlungen des Steuerpflichtigen dem Grundsatze nach auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind
- lange Verlustphasen sind Indiz für fehlende Gewinneignung und damit für unselbständige Erwerbstätigkeit.
Ständige oder gelegentliche Tätigkeiten
Einleitung
Die Abgrenzung von ständigen und gelegentlichen Tätigkeiten soll helfen selbständige von bloss unselbständiger Tätigkeit zu trennen.
Für eine bloss gelegentliche Tätigkeit sprechen:
- Indiz für Hobby bzw. Liebhaberei
- Indiz für private Vermögensverwaltung.
Fokus
Die Abklärung „ständige oder gelegentliche Tätigkeit“ kann aufdecken:
- Private Vermögensverwaltung als selbständige Erwerbstätigkeit
- Verlust des Privilegs von steuerfreien Kapitalgewinnen
- Liebhaberei als nur private Tätigkeit
- Keine Aufwandabzüge
- Keine Verlustverrechnung.
Indizien
Indizien für die eine SE- oder Nicht-SE-Tätigkeit bilden:
- Einsatz von Fremdkapital
- Einsatz von Fachkenntnissen
- Zusammenhang mit der hauptberuflichen Tätigkeit?
- Häufigkeit von Transaktionen / Besitzesdauer
- Art der Wiederinvestition
- Gesellschafter in einfacher Gesellschaft
- Dauerhaftigkeit / Planmässigkeit
Die Indizien lassen Unschärfe und damit beachtlichen Interpretationsspielraum zu.
Weiterführende Informationen
- Besteuerung von Privatpersonen in der Schweiz
- ESTV-Kreisschreiben Nr. 36 Gewerbsmässiger Wertschriftenhandel vom 27.07.2012
- Höhn E. / Waldburger R., Steuerrecht, Band II, 9. Auflage, Bern/Stuttgart/Wien 2002, S. 212 – 216