Die Veräusserungsmöglichkeit eines Erbanteils intern (an einen Miterben) oder – beschränkt – extern (an einen Dritten) statuiert eine Ausnahme vom Prinzip der gesamthänderischen Verfügung über das Nachlassvermögen!
Für die Veräusserung des Erbanteils bestehen 2 Möglichkeiten:
Für grenzüberschreitende Erbteilabtretungen ist hinsichtlich Zulässigkeit, Form und Wirkungen der Abtretungsverträge das Erbstatut von IPRG 92 massgebend.
Art. 635 ZGB
II. Vertrag über angefallene Erbanteile
1 Verträge unter den Miterben über Abtretung der Erbanteile bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form.
2 Werden sie von einem Erben mit einem Dritten abgeschlossen, so geben sie diesem kein Recht auf Mitwirkung bei der Teilung, sondern nur einen Anspruch auf den Anteil, der dem Erben aus der Teilung zugewiesen wird.
Erbanteilabtretung an Miterben
- Begriff:
- Bei der Erbanteilabtretung scheidet der eine Miterbe aus, unter Anwachsung seines Erbanteils an den oder die übrigen Miterben, in der Regel gegen Entgelt.
- Rechtsnatur:
- Wechsel in der Aenderung des Personenstandes der Erbengemeinschaft (der abtretende Erbe scheidet aus); ein Teil der Lehre bezeichnet den Vorgang auch als sog. subjektiv-partielle Erbteilung.
- Rechtsgeschäft:
- Das Erwerbsgeschäft ist kausal und erfordert daher ein
- Verpflichtungsgeschäft und
- Verfügungsgeschäft
- Zustandekommen:
- Bei gegenseitig übereinstimmender Willenserklärung der Parteien.
- Ausscheiden des einen Erben (Aufgabe der Erbenstellung) und Anwachsen des Erbanteils beim anderen Erben.
- Das Erwerbsgeschäft ist kausal und erfordert daher ein
- Parteien:
- Miterben (unabhängig davon, ob gesetzlicher oder eingesetzter Erbe)
- Form:
- Schriftform (einfache Schriftlichkeit)
- Abtretungsgegenstand:
- Klassische Abmachung:
- Abtretung des Erbanteils und Ausscheiden des abtretenden Erben
- Besondere Abmachung:
- Abtretung nur eines Teils des Erbanteils (der abtretende Miterbe bleibt Erbe, mit einem reduzierten Erbanteil)
- gegen Entschädigung aus Privatvermögen des erwerbenden Miterben
- im Sinne einer objektiv-partiellen Erbteilung (gegen Herausnahme von Nachlassgegenständen)
- Abtretung des Teilungsergebnisses (zugeteiltes Los)
- Abtretung des Liquidationsergebnisses (Erlös aus Versilberung)
- usw.
- Abtretung nur eines Teils des Erbanteils (der abtretende Miterbe bleibt Erbe, mit einem reduzierten Erbanteil)
- Klassische Abmachung:
- Rechtswirkung:
- Obligatorische und dingliche Wirkung:
- Abwachsung beim ausscheidenden Erben und Anwachsung beim Miterben
- Ev. unter Schuldübernahme:
- Entlastung des ausscheidenden Erben und Schuldübernahme durch übernehmenden Miterben
- Obligatorische und dingliche Wirkung:
Erbanteilabtretung an Dritten
- Begriff:
- Abtretung des auf den Erbanteil des abtretenden Erben entfallenden Nachlassliquidations-Erlöses.
- Rechtsnatur:
- Analoge Anwendung der Regeln über den Kauf (OR 184 ff.).
- Rechtsgeschäft:
- Das Erwerbsgeschäft ist kausal und erfordert daher ein
- Verpflichtungsgeschäft und
- Verfügungsgeschäft
- Zustandekommen:
- Bei gegenseitig übereinstimmender Willenserklärung der Parteien.
- Das Erwerbsgeschäft ist kausal und erfordert daher ein
- Parteien:
- Veräussernde Partei ist Erbe und erwerbende Partei ist Miterbe oder Dritter.
- Form:
- Schriftform (einfache Schriftlichkeit)
- Abtretungsgegenstand:
- Anspruch auf Herausgabe des Liquidationserlöses, der auf den veräussernden Erben entfällt.
- Rechtswirkung:
- Der Erwerber erhält lediglich, aber immerhin einen obligatorischer Anspruch auf Herausgabe des auf den „veräussernden“ Miterben entfallenden Liquidationserlöses.
- Der Dritterwerber erwirbt keine Mitgliedschaftsrechte, er partizipiert nicht an der Erbteilung und hat keine Bestimmungsrechte im Rahmen der internen Willensbildung (Einstimmigkeit); seine Interessen müssen vom „veräussernden“ Erben wahrgenommen werden.
- Der „veräussernde“ Erbe haftet trotz Erbanteilsabtretung an den Dritten als Solidarschuldner für Erbschaftsschulden weiter.
Prozessuales
In prozessualer Hinsicht ist zu beachten:
- Klagegrund:
- Durchsetzung Erbanteils-Erwerbsvertrag
- Aktivlegitimation:
- Erben-Erwerber oder Dritt-Erwerber
- Passivlegitimation:
- Veräusserer-Erbe
- Gerichtsstand:
- Wohnsitz des Beklagten bzw. am Ort der charakteristischen Leistung.
- Streitwert:
- Mutmasslicher Liquidationserlös des betreffenden Erbanteils im Veräusserungszeitpunkt.
- Rechtsbegehren:
- Durchsetzung der Rechte aus dem Erbteil-Erwerbsgeschäftes (Leistungsklage).
- Beweis:
- Beweisbelastet ist der Kläger.
- Urteilswirkung:
- Leistungspflicht
- Definitiver Rechtsöffnungstitel
- Klagefrist:
- 10 Jahre seit Begründung des Anspruchs auf Herausgabe des Liquidationserlöses (OR 127).
Steuern
Siehe Ausführungen zum » Inhalt des Teilungsvertrags