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Zivilprozessrecht

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Zwei Bundesgerichtsentscheide im Zusammenhang mit der Prozesskostenhilfe

Datum:
30.04.2015
Rubrik:
Berichte, Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Zivilprozessrecht
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Keine unentgeltliche vorsorgliche Beweisführung – BGE 4A_589/2013

Der Antrag einer beim Überqueren des Fussgängerstreifens verletzten Person um vorsorgliche Beweisführung und Erstellung eines Gerichtsgutachtens hinsichtlich der medizinischen Unfall-Dauerfolgen bzw. Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wurde nun auch vom Bundesgericht mit der Begründung abgewiesen, dass kein Rechtsverlust drohe und das Gericht keine materiellen Rechte und Pflichten der Parteien zu beurteilen habe; die vorsorgliche Beweisführung diene Antragstellerin einzig zur Entscheidfindung, ob sie die Klage einreichen könne bzw. solle.

Parteientschädigung bei erfolgreicher Geltendmachung der Kosten aus bewilligter unentgeltlicher Rechtspflege gegen den Kanton – BGE 4A_374/2013

Macht der unentgeltliche Rechtsbeistand sein Honorar für die unentgeltliche Prozessführung – ohne Verfahrensfehler in angemessener Höhe – geltend und obsiegt dabei, ist gemäss Bundesgericht der zahlungspflichtige Kanton zur Entrichtung einer Parteientschädigung – wie in jedem andern Fall des Obsiegens  – an den Rechtsbeistand verpflichtet.

Informationen zur unentgeltlichen Rechtspflege

Verfassungsmässiger Anspruch

Gemäss Art. 29 Abs. 3 der Bundesverfassung hat jede Person, der die Mittel für die Durchsetzung ihrer Rechte fehlen, einen Anspruch auf unentgeltliche Prozessführung (URP) und auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand (URB) (vgl. für den Zivilprozess ZPO 117 ff.). Im Strafprozess wird der unentgeltliche Rechtsbeistand als amtlicher Verteidiger der beschuldigten Person bezeichnet (vgl. für den Strafprozess StPO 130 ff.).

UP-/URB-Voraussetzungen im Zivilprozess

Die Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung (auch: Prozesskostenhilfe) sind:

  • Natürliche Person (Juristischen Personen und Konkursmassen wird keine UP/URB gewährt)
  • Anspruchsberechtigung
  • Prozessverfahren (Verfahren vor staatlichen Gerichten / keine Finanzierung einer ausserprozessualen Beratung)
  • Bedürftigkeit der Partei
  • Keine Aussichtslosigkeit des Prozesses.

Subsidiarität von UP/URB

Vor Gewährung der unentgeltlichen Rechtpflege (UB/URB) sollen die Prozesskosten bevorschussen:

  • der andere Ehegatte
  • die Eltern gegenüber den Kindern im Rahmen ihrer Unterhaltspflichten.

Vorrang der UP/URB vor weiteren Hilfsansprüchen

Bei Prozessarmut darf die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (UP/URB) nicht unter Hinweis auf die Verwandtenunterstützung oder die juristische Opferhilfe verweigert werden.

Entschädigung der Gegenpartei

Die unentgeltliche Prozessführung entbindet nicht von der Entschädigung der Gegenpartei im Unterliegensfall (durch den Kanton).

Vorbehalt / Disclaimer

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