Verstoss gegen Treu und Glauben nach OR 271 Abs. 1?
Das Bundesgericht hatte den Fall einer Mieterin aus dem Kanton Genf zu beurteilen, die am letzten Tag der Abholfrist aus den Ferien nach Hause kam. Die zuständige Poststelle hatte bereits geschlossen, so dass sie den eingeschriebenen Brief nicht mehr abholen konnte. Danach erkundigte sie sich nicht, wer Absender des verpassten Einschreibens war. Daher erfuhr sie erst nach Ablauf der Frist für eine Anfechtung der Kündigung, dass ihr Vermieter den Mietvertrag gekündigt hatte.
Das Bundesgericht hielt dafür, dass die mit eingeschriebener Post zugestellte Kündigung des Mietvertrags an dem Tage als zugestellt gelte, der jenem folge, an dem der Briefträger die Abholeinladung in den Briefkasten des Adressaten gelegt habe.
Entgegen der Ansicht der Vorinstanz hätte die Mieterin die Abholeinladung nicht einfach ignorieren dürfen. Vielmehr hätte sie sich bei der Post erkundigen müssen, von wem der eingeschriebene Brief stammte, und dies ungeachtet dessen, dass die Abholfrist bereits abgelaufen war.
Gemäss Bundesgericht war unerheblich, dass die Mieterin nicht mit einem eingeschriebenen Brief rechnen musste und deshalb auch keine Vorkehrungen für einen rechtzeitigen Empfang traf.
Quelle
BGE 4A_293/2016 vom 13.12.2016
Weiterführende Informationen / Linktipps
- BGer 4A_293/2016 vom 13.12.2016 | servat.unibe.ch
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