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Vertrag / Vertragsrecht

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Prätendentenstreit: ZPO enthält keine Grundlage für eine Klagefristansetzung nach Hinterlegung

Datum:
07.09.2017
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Vertrag / Vertragsrecht
Stichworte:
Hinterlegung
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

OR 168 Abs. 1 / ZPO 250 lit. a Ziff. 6

Die Beschwerdeführerin rügte gemäss BGE 143 III 102 ff. beim Bundesgericht, die Vorinstanz habe ihren Eventualantrag, der Beschwerdegegnerin Frist zur Klageeinleitung anzusetzen, zu Unrecht abgewiesen.

Das Bundesgericht resümierte, dass OR 168 (als Spezialfall von OR 96) zur Anwendung gelange, wenn strittig sei, wem eine Forderung zustehe; gemäss Abs. 1 könne sich der Schuldner durch gerichtliche Hinterlegung befreien. Die befreiende Wirkung trete allerdings nur ein, wenn die Hinterlegungsvoraussetzungen erfüllt seien. Diese Prüfung obliege nicht dem Hinterlegungsrichter, der nur die Hinterlegungsstelle zu bezeichnen habe. Ob der Hinterlegung befreiende Wirkung zukomme, entscheide erst der ordentliche Richter, falls der angebliche Gläubiger trotz Hinterlegung den Schuldner auf Erfüllung belange.

Nach dem Zivilprozessrecht einzelner Kantone (zB Kanton Zürich), d.h. vor Inkrafttreten Eidg. Zivilprozessordnung (ZPO) 2011, hätte der Hinterlegungsrichter im Falle von OR 168 Abs. 1 die Möglichkeit gehabt, einem der beiden Ansprecher (und zwar demjenigen, welcher den Rechtsschein gegen sich hat) Frist zur Klage gegen den andern anzusetzen, unter der Androhung, dass der hinterlegte Betrag bei Nichteinhaltung der Frist dem andern herausgegeben würde.

Unter der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), die sich darauf beschränke, die Hinterlegung eines streitigen Betrages nach OR 168 Abs. 1 in ZPO 250 lit. a Ziff. 6 dem summarischen Verfahren zuzuweisen, bestehe für eine derartige Anordnung jedenfalls keine Grundlage mehr.

Der Entscheid der Vorinstanz, dem Eventualantrag der Beschwerdeführerin mangels gesetzlicher Grundlage nicht stattzugeben, war demnach nicht zu beanstanden.

Die Rüge der Beschwerdeführerin erwies sich damit als unbegründet.

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