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Strategie gegen Hasstiraden auf sozialen Netzwerken

Datum:
26.02.2018
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Internetrecht
Stichworte:
Kommunikation, Social Media
Autor:
Andreas-Schneider
Verlag:
LAWMEDIA AG

Trolling, Fake News, Shitstorm – wir kennen diese Begriffe noch nicht lange und doch haben sie bereits eine unglaubliche internationale Macht. Es ist die Macht von Einzelpersonen, die online das Leben anderer Personen und Unternehmen zur Hölle machen. Wieviel muss man sich davon gefallen lassen und ab wann darf man rechtlich gegen die Hasstiraden vorgehen?

Im Sommer 2016 weckte das Schicksal des deutschen Journalisten Richard Gutjahr Aufsehen. Er erlebte das Attentat vom 14. Juli 2016 in Nizza hautnah mit und war wenige Tage später Augenzeuge der Terror-Attacke im Olympia-Einkaufszentrum in München. Nur Stunden nach seiner Berichterstattung in den Deutschen Medien begannen die ersten Verschwörungstheorien auf Twitter, die vermuteten, dass Gutjahr mit seiner Familie in die Anschläge verwickelt sein könnte. Ihnen folgten tausende von Hasskommentaren auf sozialen Netzwerken. Richard Gutjahr und seine Familie reagierten mit Zurückhaltung auf den Shitstorm. Zusätzlich zum Online Shitstorm, begann sogar das Umfeld der Familie, den Fake News im Internet zu glauben und wendete sich von ihnen ab. Dies war der Moment, in dem sich die Familie Gutjahr rechtliche Hilfe holte und gegen den Shitstorm aktiv vorging.

Hätte die Familie Gutjahr dies schon früher tun können? Welche rechtlichen Chancen bestehen, um sich gegen beleidigende Online-Kommentare und Fake News zur Wehr zu setzen? Dieses Thema beschäftigt nicht nur Privatpersonen, sondern auch viele Unternehmen.

Als Shitstorm bezeichnet man einen Sturm der Entrüstung, der Kritik aber auch Beleidigungen mit sich bringen kann. Die Flut an Kritik kann dabei, begründet oder unbegründet, einem Firmenimage massiv schaden. Wenn dabei auch Falschmeldungen zirkulieren, wird von Fake News gesprochen. Die Verfasser von Shitstorm-Beiträgen, sogenannte Hassbürger, werden auch als Haters oder Internet Trolle dargestellt.

Mit all diesen Begriffen muss sich ein Unternehmen mit einem Onlineauftritt heutzutage auseinandersetzen. Online-Marketing und Social Media sind für eine Unternehmung Teil einer modernen Marketingstrategie. Dies bietet jedoch eine grosse Angriffsfläche für Hassbürger. Ohne grosse Hemmschwellen kann heute jeder seinen Unmut über ein Unternehmen auf Social Media kundtun und abhängig von Likes und Shares eine grosse Reichweite erzielen. Wie reagiert man als Unternehmen, wenn Hassnachrichten auf dem Social Media Firmenprofil erscheinen? Wie nutzt man die Nachrichten geschickt, um die eigene Reputation aufzuwerten und wann sind rechtliche Schritte notwendig?

Grundsätzlich muss jeder Shitstorm individuell betrachtet werden, jedoch sollten Unternehmungen stets auf Kommentare auf ihrem Social Media Profil antworten, um Aufmerksamkeit und Ernsthaftigkeit zu signalisieren. Mit etwas Geschick kann so ein aufgebrachter Kunde beruhigt und  weiterhin als Kunde behalten werden. Im besten Fall wird ein anderer Kunde den Wortverkehr online lesen und die Kompetenz des Unternehmens wertschätzen. Auf keinen Fall sollte eine Kritik auf dem Firmenprofil gelöscht werden, ansonsten weckt dies der Eindruck einer Zensur, welche das Unternehmen oder die Privatperson als nicht kritikfähig darstellt. Jedoch müssen Beiträge, die gegen das Gesetz verstossen (wie Kinderpornografie) unverzüglich gelöscht werden. Die Antworten der Unternehmung auf die Hasskommentare sollten sachlich und unbedingt sprachlich einwandfrei sein. Rechtschreibe- oder Grammatikfehler wären eine zusätzliche Einladung für weitere schikanierende Kommentare. Im Falle von kursierenden Falschmeldungen müssen diese richtiggestellt werden. Dabei sollten aber keine Drittperson beschuldigt werden, auch wenn diese Person oder Unternehmung für die eigentliche Missstimmung verantwortlich wäre.

Falls der Shitstorm trotz beschwichtigender Kommentare von Seiten der Unternehmung nicht abflacht, können rechtliche Schritte eingeleitet werden. Dabei ist aber zu beachten, dass nicht jeder Kommentar auf Social Media strafrechtlich relevant ist. Dies muss sorgfältig eingeschätzt werden. Jedoch kann ein aggressiver Kommentar schnell den Tatbestand der Beschimpfung (Art. 177 StGB), der üblen Nachrede (Art. 173 StGB) oder sogar der Verleumdung (Art. 174 StGB) erfüllen und auf Antrag zur strafrechtlichen Verfolgung führen. Einer entstandenen oder auch einer unmittelbar drohenden Persönlichkeitsverletzung kann in zivilrechtlicher Hinsicht mit Klage auf Unterlassung, Beseitigung oder Feststellung begegnet werden (Art. 28a ZGB), wobei gegen jeden, der an der Verletzung mitgewirkt hat, vorgegangen werden kann. Auch Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung können geltend gemacht werden.
Am häufigsten begehen Verfasser von Hasskommentaren den Tatbestand der Beschimpfung. Die Täter fühlen sich im Internet anonym, was jedoch durch eine IP-Rückverfolgung ein Scheintrug ist. Entsprechend können solche Haters oder Internet Trolle aufgespürt und mit Geldstrafen oder gar mit Freiheitsstrafe belangt werden.

Viele Social Media Betreiber haben für Einträge auf ihren Plattformen Verhaltensregeln (Netiquette) und eigene Melde- und Löschverfahren implementiert, mit denen sie bei Glaubhaftmachung einer Rechtsverletzung mit der Löschung des Beitrages reagieren können (siehe dazu www.ict-law.ch).

Zusammenfassend möchte ich Ihnen sechs Punkte zur Prävention und richtigem Handeln im Shitstorm, auf den Weg geben:

  1. Reagieren Sie schnell. Kontrollieren Sie deshalb täglich ihre Social Media Accounts.
  2. Danken Sie dem User für das Feedback.
  3. Bleiben Sie professionell und werden Sie keinesfalls ausfallend oder persönlich angreifend.
  4. Versprechen Sie dem User, dass Sie dem Ganzen nachgehen.
  5. Versichern Sie ernsthaft Besserung und sagen Sie auch, wie Sie den Fehler in Zukunft vermeiden wollen.
  6. Denken Sie daran: Es geht nicht nur um diesen einen User, sondern um alle anderen Nutzer, die jetzt oder in Zukunft über diesen Beitrag des Users stolpern und nicht wissen (können), ob das der Wahrheit entspricht oder nicht.

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Art. 173 StGB 1. Ehrverletzungen. / Üble Nachrede

1. Ehrverletzungen.

Üble Nachrede

1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,

wer eine solche Beschuldigung oder Verdächtigung weiterverbreitet,

wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bestraft.

2. Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.

3. Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.

4. Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.

5. Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat der Richter dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.

Art. 174 StGB 1. Ehrverletzungen. / Verleumdung

Verleumdung

1. Wer jemanden wider besseres Wissen bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,

wer eine solche Beschuldigung oder Verdächtigung wider besseres Wissen verbreitet.

wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.

2. Ist der Täter planmässig darauf ausgegangen, den guten Ruf einer Person zu untergraben, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe nicht unter 30 Tagessätzen bestraft.1

3. Zieht der Täter seine Äusserungen vor dem Richter als unwahr zurück, so kann er milder bestraft werden. Der Richter stellt dem Verletzten über den Rückzug eine Urkunde aus.

Art. 177 StGB 1. Ehrverletzungen. / Beschimpfung

Beschimpfung

1 Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.1

2 Hat der Beschimpfte durch sein ungebührliches Verhalten zu der Beschimpfung unmittelbar Anlass gegeben, so kann der Richter den Täter von Strafe befreien.

3 Ist die Beschimpfung unmittelbar mit einer Beschimpfung oder Tätlichkeit erwidert worden, so kann der Richter einen oder beide Täter von Strafe befreien.

Art. 28a ZGB B. Schutz der Persönlichkeit / II. Gegen Verletzungen / 2. Klage / a. Im Allgemeinen

2. Klage

a. Im Allgemeinen

1 Der Kläger kann dem Gericht beantragen:

  1. eine drohende Verletzung zu verbieten;
  2. eine bestehende Verletzung zu beseitigen;
  3. die Widerrechtlichkeit einer Verletzung festzustellen, wenn sich diese weiterhin störend auswirkt.

2 Er kann insbesondere verlangen, dass eine Berichtigung oder das Urteil Dritten mitgeteilt oder veröffentlicht wird.

3 Vorbehalten bleiben die Klagen auf Schadenersatz und Genugtuung sowie auf Herausgabe eines Gewinns entsprechend den Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag.

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