ZPO 261 ff. und ZPO 156
Der Einzelrichter am Handelsgericht des Kantons Zürich hatte drei Verfügungen zu treffen, wobei die Erwägungen von zwei dieser Verfügungen in ZR 117 (2018) publiziert sind:
Verfügung 1
- Streit
- Klägerin stellt Massnahmebegehren
- Beklagte (Konkurrenzunternehmen; VR = F., ehemaliger Arbeitnehmer der Klägerin) – Abweisung
- Vorwurf: Kopierung und Speicherung von Arbeitgeberunterlagen und Verwendung für die Bedürfnisse des neuen Arbeitgebers
- Entscheid
- Abweisung des Dringlichkeitsbegehrens wegen Zuwartens
- Wesentlichste Begründung
- Wenn viele Arbeitnehmer zu einem Konkurrenzunternehmen wechseln, kann der alten Arbeitgeberin zugemutet werden, sich dem Schutz ihres Datenbestandes frühzeitig zu widmen
- Die Arbeitgeberin hatte dafür mehr als drei Monate Zeit
- Im jetzigen Zeitpunkt war die besondere Dringlichkeit zu verneinen
Verfügung 3
- Anträge
- Verfahrensantrag des Klägers auf Schutzmassnahmen nach ZPO 156
- Gegenantrag der Beklagten, es sei der Verfahrensantrag nur in Bezug auf act. 3/19 – 111 und nur insoweit gutzuheissen, als den Rechtsvertretern uneingeschränkt Einsicht in diese Beilagen zu gewähren sei
- Entscheid
- Anordnung von Schutzmassnahmen
- Wesentlichste Begründung
- Zulassung der beklagtischen Anwälte hinsichtlich act. 3/19 – 111 unter dem ausdrücklichen Schutz des Berufsgeheimnisses von StGB 321 Abs. 1, dass der Inhalt Dritten, insbesondere Organen oder Mitarbeitern der Beklagten nicht offenbart werden darf
- Verpflichtung der beklagtischen Rechtsvertreter, ihre Hilfspersonen darauf hinzuweisen, dass auch sie im gleichen Sinne Geheimnisträger seien und für sie im Gleichen Sinne Geheimnisträger seien und für sie die gleiche Strafandrohung gelte (Bestrafung mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe)
- Freistellung der Beklagtenvertreter, ihre Stellungnahme zum Massnahmebegehren in zwei Teilen zu fertigen, und zwar mit einem Teil, der dem oberwähntem Berufsgeheimnis unterworfen ist und nicht den Organen und Mitarbeitern der Beklagten zugänglich gemacht werden darf bzw. dem zweiten Teil, der der Berufsgeheimnis-Vorgabe nicht unterworfen ist
- Zulassung der beklagtischen Anwälte hinsichtlich act. 3/19 – 111 unter dem ausdrücklichen Schutz des Berufsgeheimnisses von StGB 321 Abs. 1, dass der Inhalt Dritten, insbesondere Organen oder Mitarbeitern der Beklagten nicht offenbart werden darf
Fazit
Zu Verfügung 1
Der in der Basis nur rudimentär bzw. auszugsweise publizierte Entscheid zeigt, dass das potentiell bei einem Personalwechsel von einem Datenklau betroffene Arbeitgeberunternehmen mit seinen Vorkehren nicht zuwarten sollte, bis sich der Tatbestand verwirklicht hat, sondern vor dem Austritt des / der Mitarbeiter Vorsichtsmassnahmen treffen sollte.
Zu Verfügung 2
Das Konstrukt der beschränkten Einsichtnahme durch die beklagtischen Rechtsanwälte, die der Beklagten auftragsrechtlich zur Treue, Sorgfalt und Rechenschaft verpflichtet sind, unter dem Schutz eins (nach innen gerichteten (nicht gesetzlichen?) Anwaltsgeheimnisses klägerische Akten einsehen zu lassen, krankt an einem Schnittstellenwiderspruch und wird für die betroffenen Anwälte bei der Einholung der Klienten-Instruktion zum Balanceakt zwischen Freiheit und Gefängnis. Jedenfalls gibt die nur segmentierte Entscheidbegründung keine Aufschlüsse darüber, wie die erlaubte Klienten-Kommunikation von statten gehen soll. Die Beklagtenvertreter sind jedenfalls nicht Geheimnisherren des Klägers. Zudem führt dieses Verwertungsverbot voraussichtlich zur Zwecklosigkeit der Einsichtnahme! – Oder handelt es sich um modernes Gerichtsmanagement: Risiko-Auslagerung an die beklagtischen Anwälte, so dass diese plötzlich ebenfalls ein Einigungsinteresse haben. Daher der Klammervermerk: „(Die Parteien einigten sich in der Folge)“. Streitbeilegung ist immer besser als prozessieren, für alle Beteiligten.
Quelle
Einzelgericht des Handelsgerichts
Verfügungen vom 14.11.2016 und 13.12.2016
HE160464
in: ZR 117 (2018) Nr. 20, S. 73 f.