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Betreibung / Konkurs / Sanierung / Zwangsvollstreckung

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Update zur «Neuen Löschung von (Schikane-)Betreibungen»

Datum:
28.01.2019
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Betreibung / Konkurs / Sanierung / Zwangsvollstreckung
Stichworte:
Betreibung, Löschung, SchKG
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Zwischen-Bericht zum per 01.01.2019 eingeführten Schutz vor ungerechtfertigten Betreibungen

  • Rückwirkung Anwendung auf -5 Jahre
  • Absehbare Auswirkungen auf das Grundziel von Betreibungen

Einleitung

Wie bereits im September 2018 berichtet, wurde per 01.01.2019 neu Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG eingeführt:

Themen-Übersicht

Keine „Löschung“ der Betreibung im Rechtssinn

Bereits unter altem Recht hat sich landläufig der Begriff „Löschung“ einer Betreibung eingebürgert. Dieser trifft jedoch des Pudels Kern nicht, da es sich immer nur um eine Streichung des Eintrages handeln kann, welchen zur Ausblendung der Betreibung im Betreibungsregisterauszug führt.

Verlangt der Schuldner selbst einen Betreibungsregisterauszug (=Selbstauskunft), kann er auch einen solchen inklusive ausgeblendete Betreibungen verlangen. Da ihm dies wenig nützen wird, sollte er vorsichtshalber die Verwendung des Betreibungsregisterauszuges zur Vorlage an Dritte erwähnen und um einen solchen ohne ausgeblendete Betreibungen ersuchen (siehe dazu auch Randziffer 13 der „Weisung der Dienststelle Oberaufsicht für Schuldbetreibung und Konkurs Nr. 5 (neuer Art. 8a Abs. 3 Bst. d SchKG)“).

Nachfolgend wird deshalb von „Ausblendung“, „Einblendung“ resp. von „Wieder-Einblendung“ von Betreibungen im Betreibungsregisterauszug gesprochen, da dies die Rechtslage besser trifft.

Schnittstelle Anwendbarkeit / Rückwirkung?

In Randziffer 5 der Weisung der Dienststelle Oberaufsicht für Schuldbetreibung und Konkurs Nr. 5 (neuer Art. 8a Abs. 3 Bst. d SchKG) wurde festgesetzt:

„5. Betrifft ein Gesuch eine Betreibung, die vor mehr als fünf Jahren eingeleitet wurde und folglich nicht mehr im Betreibungsauszug für Dritte einsehbar ist, so ist auf das Gesuch mangels Rechtsschutzinteresse nicht einzutreten.“

Solange die Betreibung im Betreibungsregisterauszug demnach noch erscheint, kann das Gesuch um „Löschung“, resp. um „Ausblendung“ im Betreibungsregisterauszug, gestellt werden. Nach heutiger Praxis erscheint eine Betreibung im Betreibungsregisterauszug, falls die Betreibung innerhalb der letzten fünf Jahre seit Verlangen eines Betreibungsregisterauszugs angehoben (=eingeleitet) wurde.

Die auf den ersten Januar 2019 neu eingeführte Bestimmung wirkt demzufolge zurück: Grundsätzlich können alle im Betreibungsregisterauszug heute noch ersichtlichen Betreibungen „gelöscht“ (=ausgeblendet) werden, falls die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.

Warnung vor einer verfrühten Gesuchstellung um Ausblendung

In Randziffer 4 der Weisung der Dienststelle Oberaufsicht für Schuldbetreibung und Konkurs Nr. 5 (neuer Art. 8a Abs. 3 Bst. d SchKG)“, erster Strich, Absatz 2, wird festgestellt, dass ein mehr als zwei Tage vor Ablauf der Frist eingereichtes Gesuch (kostenpflichtig) abgewiesen werden kann. Es existieren Betreibungsämter, welche solche Vorgaben rigoros durchsetzen.

Demzufolge sollte das Gesuch nicht früher als drei Monate nach dem Zustelltag (am Tag, welcher dieselbe Zahl trägt wie der damalige Zustelltag) versendet werden. Falls diese Faustregel eingehalten wird, trifft das Gesuch in der Regel am nächsten Tag, d.h. exakt am Tag des Fristablaufs, beim Betreibungsamt ein: Zustelltag 25. Januar, Versand Gesuch am 25. April, Eintreffen am 26. April = Tag des Fristablaufs von 3 Monaten, da die Frist „erst“ am 26. Januar zu laufen begonnen hat. Eine Rückweisung des Gesuchs ist dann nicht mehr statthaft.

Wann ist eine Ausblendung definitiv?

In der Regel definitiv ausgeblendet werden können u.E. Betreibungen, bei denen der Zahlungsbefehl vor mehr als einem Jahr zugestellt worden ist. Die Betreibung ist nur ein Jahr ab Zustellung gültig.

Hat der Schuldner die Betreibung nicht bezahlt und über ein Jahr lang nichts mehr von der Betreibung gehört (Gerichts- oder Friedensrichterpost), dann kann der Gläubiger regelmässig die erforderlichen Nachweise der Verfahrensweiterführung (oder der Zahlung) nicht mehr erbringen und damit nicht mehr verhindern, dass die Betreibung im Betreibungsregisterauszug für immer ausgeblendet wird.

Sonderfall verspätete Zahlungsmitteilung

Was passiert, wenn ein Gläubiger gegenüber dem Betreibungsamt den Zahlungsnachweis erst erbringt, nachdem die Betreibung bereits erloschen ist (d.h. über ein Jahr nach Zustellung des Zahlungsbefehles)?

Aus Sicht der Autoren dieses Artikels ist es dem Betreibungsamt nicht mehr erlaubt, bereits ausgeblendete und infolge Jahresablaufs erloschene Zahlungsbefehle im Betreibungsregister wieder einzublenden.

Nach Ablauf der Jahresfrist kann der Gläubiger kein Rechtsöffnungsbegehren unter dieser Betreibungsnummer mehr stellen. Auch in einer Anerkennungsklage kann er nicht mehr verlangen, dass der fragliche Rechtsvorschlag beseitigt wird. Schliesslich ist auch eine Fortsetzung der Betreibung nach deren Erlöschen nicht mehr möglich. Eine noch gültige resp. laufende Betreibung ist u.E. Voraussetzung der Wieder-Einblendung im Betreibungsregister. Mit Erlöschen der Betreibung ist die Wieder-Einblendung verwirkt. Der umgekehrte Fall, dass der Schuldner eine bereits erloschene Betreibung ausblenden lässt, stützt sich direkt auf die neue Gesetzesbestimmung und ist deshalb solange möglich, als die Betreibung im Auszug einsehbar ist.

Hätte der Gesetzgeber einem (späteren) Zahlungsnachweis die Rechtswirkung verleihen wollen, dass die bereits ausgeblendete Betreibung, unabhängig vom Zeitfaktor, wieder eingeblendet wird, hätte dies im Gesetzeswortlaut seinen Niederschlag finden müssen, hat es aber nicht. Die Zahlung der betriebenen Forderung als einem eigenständigen, von Amtes wegen zu berücksichtigenden Wieder-Einblendungsgrund bleibt im Gesetz unerwähnt. Es wäre ohne Schwierigkeiten möglich gewesen, den Gesetzestext so auszuformulieren, dass bei Zahlung der Forderung kein Gesuch gestellt werden kann. Der Gesetzgeber hat dies aber nicht getan.

Dem Gläubiger erwächst aus der Nicht-Wieder-Einblendung kein Nachteil, da es an ihm gelegen hätte, innerhalb der gesetzten 20 Tage, oder später bis zum Ablauf des Zahlungsbefehles, eine entsprechende Zahlungs-Mitteilung an das Betreibungsamt zu machen und die Wieder-Einblendung zu verlangen. Dieser Auslegung liegt die Ansicht zugrunde, dass es dem Gläubiger anheimgestellt bleiben soll, über die Sichtbarkeit der Betreibung zu entscheiden, und nicht dem Staat.

Darüber hinausgehend sprechen gute Gründe dafür, dass auch bei Zahlung der betriebenen Forderung vor Fortsetzung der Betreibung eine definitive Ausblendung möglich bleiben sollte. Siehe dazu nachstehend unter „Was gilt bei Zahlung“?

Inaktivität des Gläubigers / Ersatz eines aktiven Betreibungsrückzugs?

Zwischen Gläubiger und Schuldner handelt es sich bei einer Betreibung um ein kontradiktorisches resp. antagonistisches Verwaltungsverfahren, bei welchen die betroffenen Parteien offensichtlich gegenläufige Interessen verfolgen. Das Betreibungsamt amtet und verhält sich dabei grundsätzlich neutral resp. gesetzmässig.

Nach der vorliegend vertretenen Auffassung hat und kann das Betreibungsamt die Betreibung auch dann nicht wieder ein(zu)blenden, wenn es (nur) vom Schuldner oder von Dritten zufällig erfährt, dass die Betreibung – vor oder nach der Ausblendung – bezahlt wurde. Dies würde in den Nichtäusserungswillen des Gläubigers eingreifen, der die Zahlung innerhalb der gesetzten 20 Tage, oder später bis zum Ablauf des Zahlungsbefehles, dem Betreibungsamt hätte mitteilen können, hätte er ein Interesse an der Nicht-Ausblendung resp. an der Wieder-Einblendung gehabt. Weiterhin vorbehalten bleibt die nachstehend unter dem Titel „Was gilt bei Zahlung“ behandelte Auslegung, welche eine definitive Ausblendung nach Zahlung ermöglicht.

Demzufolge hat der Staat, da ihm faktisch die Kontrollmöglichkeit fehlt, auch nicht zu überwachen, ob der Schuldner bei der Gesuchstellung korrekte Angaben betreffend der Bezahlung oder Nichtbezahlung der betriebenen Forderung gemacht hat. Nach dem geltenden Gesetzeswortlaut ist dies auch kein Thema oder Prüfpunkt. Der Schuldner hat es demnach u.E. auch bei freiwilliger Bezahlung der betriebenen Forderung in der Hand, ein Gesuch zu stellen und eine Ausblendung der Betreibung zu bewirken.

Das nicht obligatorische Gesuchsformular des Bundes geht deshalb u.E. zu weit, da der Gesetzestext keine ausreichende Grundlage dafür bildet, vom Schuldner ein aktives, unterschriftlich bekräftigtes Bekenntnis betreffend der Nichtrechtfertigung der angehobenen Betreibung zu verlangen. Voten im Gesetzgebungsverfahren vermögen die gesetzliche Grundlage weder zu ersetzen, noch zu ergänzen. Falls der Gesetzgeber die Ausblendungsmöglichkeit auf bestrittene und unbezahlte Forderungen hätte einschränken wollen, hätte er die Gesuchstellung im Gesetzestext ausdrücklich von diesen weiteren Voraussetzungen abhängig machen können, und auch müssen, z.B.:

d. der Schuldner, welcher die betriebene Forderung für unberechtigt hält und deshalb nicht bezahlt hat, nach Ablauf einer Frist von drei Monaten…“.

Dem Bürger als Rechtsadressat kann nicht zugemutet werden, den Sinn einer Bestimmung nicht primär dem Wortlaut des Gesetzes zu entnehmen. Der Bürger als Rechtsunterworfener kann sich an den ausformulierten Gesetzeswortlaut halten und muss sich nicht einen daraus nicht erscheinenden Sinngehalt, als massgeblichen Gesetzesinhalt, vorhalten lassen. Dabei ist es einerlei, ob man den Vertrauensgrundsatz oder Treu und Glauben bemüht. Wer Gesetze verfasst, hat sich klar(er) zu äussern, ansonsten die objektiv vernünftige Auslegung des Bürgers gilt.

Die vorstehend schuldnerfreundliche Auslegung entlastet den bezahlenden Schuldner davor, als Bittsteller beim Gläubiger um aktiven Rückzug der Betreibung ersuchen zu müssen. Ist der Gläubiger mit der Ausblendung, trotz erfolgter Zahlung der betriebenen Forderung, nicht einverstanden, kann er dies im Ausblendungsverfahren, nach Fristansetzung durch das Betreibungsamt, äussern und belegen. Er kann dies noch bis zum Erlöschen der Betreibung, d.h. bis ein Jahr nach Zustellung, tun. Danach ist u.E. aber Schluss. Siehe aber auch die nachfolgenden Ausführungen unter dem Titel „Was gilt bei Zahlung“, welche u.U. dazu führen könnten, dass auch bei Zahlung einer betriebenen Forderung eine definitive Ausblendung möglich bleibt.

Was gilt bei Zahlung?

Gleichstellung von „Zahlung“ mit „kein Rechtsvorschlag“

Die Nicht-Ausblendung oder Wieder-Einblendung auf Grundlage einer vom Gläubiger nachgewiesenen, erfolgten Zahlung hat zur Folge, dass dieselbe rechtliche Situation angenommen wird, wie wenn gar kein Rechtsvorschlag erhoben worden wäre. Betreibungen, gegen welche kein Rechtsvorschlag erhoben wurde, sollen (auch) nicht ausgeblendet werden können.

Beide vorgenannten Feststellungen finden jedoch keine Grundlage im Gesetzestext:

Art. 8a Abs. 3 Bst. d SchKG

3 Die Ämter geben Dritten von einer Betreibung keine Kenntnis, wenn:

  1. der Schuldner nach Ablauf einer Frist von drei Monaten seit der Zustellung des Zahlungsbefehls ein entsprechendes Gesuch gestellt hat, sofern der Gläubiger nach Ablauf einer vom Betreibungsamt angesetzten Frist von 20 Tagen den Nachweis nicht erbringt, dass rechtzeitig ein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlages (Art. 79-84) eingeleitet wurde; wird dieser Nachweis nachträglich erbracht oder wird die Betreibung fortgesetzt, wird sie Dritten wieder zur Kenntnis gebracht.

„Schikane“ und „Zahlung“ als fehlende Regelungsgegenstände von Art. 8a Abs. 3 Bst. d SchKG

Der Gesetzgeber hat es u.a. im Gesetzestext unterlassen, die Gesuchstellung ausdrücklich von einem Bekenntnis des Schuldners abhängig zu machen, dass die Betreibung ungerechtfertigt erfolgte. Der Gesetzgeber hat dem Gläubiger, darüber hinaus, auch keine Option zur Verfügung gestellt, dass der Nachweis der Zahlung der betriebenen Forderung zur Nicht-Ausblendung oder Wieder-Einblendung der Betreibung führt (siehe den vorstehenden Gesetzestext).

Man könnte deshalb bereits darüber streiten, ob der Gläubiger-Nachweis der erfolgten Zahlung der in Betreibung gesetzten Forderung überhaupt zur Nicht-Ausblendung resp. zur Wieder-Einblendung der Betreibung führen soll oder kann. Anlass zur Lückenfüllung besteht u.E. keiner. Der Gesetzgeber entscheidet in eigener Kompetenz, wie weit die Regelung gehen soll. Es ist unzulässig, dass die vollziehende Verwaltung weitere, im Gesetzestext nicht enthaltene Inhalte durch Lückenfüllung ergänzt.

„Guillotine“ der Gültigkeit des Zahlungsbefehles

Auch die vorliegend vertretene Verwirkung der Wieder-Einblendung von Betreibungen (spätestens) nach Erlöschen der Gültigkeit der Betreibung (nach einem Jahr seit Zustellung) fusst auf der vorstehenden Gesetzesinterpretation. Diese unterstreicht zusätzlich die kontradiktorische resp. antagonistische Natur des Betreibungsverfahrens.

Aus Sicht der Autoren soll der Gläubiger (mindestens)rechtzeitig, d.h. vor Ablauf der Gültigkeit des Zahlungsbefehles von einem Jahr seit Zustellung, geltend machen müssen, ob die Wieder-Einblendung stattfinden soll. Für den Gläubiger stellt die Nichtreaktion – nach Aufforderung durch das Betreibungsamt – deshalb eine Alternative zum ausdrücklichen Betreibungsrückzug dar. Für den (braven) Schuldner jedoch eine Chance, nach Ablauf eines Jahres von einer Wieder-Einblendung der Betreibung verschont zu werden.

Zweckentfremdung der Ausblendungsmöglichkeit?

Natürlich könnten besonders findige, böse Schuldner extra Rechtsvorschlag erheben, dann bezahlen, dann die Betreibung ausblenden lassen, mit der Hoffnung, der Gläubiger spreche sich nicht dagegen aus (falls die Zahlung als Nicht-Ausblendungs- oder Wieder-Einblendungsgrund weiterhin Rechtsbestand hat), um die Ausblendung dann – nach Erlöschen der Betreibung – definitiv werden zu lassen. Der brave Schuldner, welcher ohne Rechtsvorschlag bezahlt, hat demgegenüber einen über 5 Jahre einsehbaren Betreibungsregistereintrag, quasi als (negative) „Belohnung“.

Wie weiter? Verbesserungsmöglichkeiten?

All dies stellt Anlass für die Gesetzgebung dar, bereits jetzt zu überdenken, ob nicht auch freiwillig bezahlte Betreibungen, welche zu keinerlei Verfahrensweiterungen geführt haben (keine Rechtsöffnung und keine Fortsetzung der Betreibung etc.), generell und automatisch, z.B. nach Ablauf eines Jahres, ausgeblendet werden sollen.

Für die Wirtschaft schädlich sind ja primär diejenigen Schuldner, welche effektiv schulden, und nicht freiwillig bezahlen. Das sind diejenigen Schuldner, die langwierig und kostspielig ausgepfändet werden müssen und allenfalls Verlustscheine ausgestellt werden. Das sind die bösen Schuldner. Nicht diejenigen, welche unter dem Druck einer Betreibung zwar zu spät, aber immerhin freiwillig bezahlen.

Demgegenüber werden unter dem neuen Recht effektive, böse Schuldner privilegiert, bei welchen Gläubiger – aus vielschichtigen Gründen – auf die weitere Rechtsverfolgung verzichten. Der brave, zahlende Schuldner wird im Ergebnis schlechter gestellt, als der böse Schuldner, welcher gar nicht und nie bezahlt. Dies dürfte der Motivation von eigentlich braven Schuldnern, freiwillig zu bezahlen, gewissermassen abträglich sein. Was habe ich als braver Schuldner denn davon, freiwillig zu bezahlen, um dann mit einem nicht ausblendbaren Betreibungseintrag über 5 Jahren belohnt zu werden? Aus Sicht der Autoren werden hier falsche Anreize gesetzt, welche dem Geist des SchKG abträglich sind.

Der Eintrag im Betreibungsregister sollte, für die ganze Dauer von 5 Jahren, (nur) diejenigen bösen Schuldner treffen, bei welchen das gesamte Betreibungs-Tam-Tam durchgeführt werden muss. Vor diesen ist der Wirtschaftsverkehr zu schützen. Dagegen sollte die zeitnahe, freiwillige Zahlung, und das sogar unabhängig von der Erhebung eines Rechtsvorschlages, insofern gesetzgeberisch belohnt werden, als solche Einträge nach Ablauf eines Jahres automatisch – gesuchsbefreit – ausgeblendet werden. Nur der Gesetzgeber kann dies vorsehen.

Damit würde, zu gegebener Massen, der „Pranger-Charakter“ einer Betreibung insgesamt reduziert und das Reputations-Risiko von Schuldnern vermindert. Fünf Jahre sind jedoch, in der heutigen Zeit, negativ wie positiv betrachtet, eine kleine Ewigkeit. Weder lässt sich z.B. aus einer vier Jahre alten Betreibung die heutige Zahlungsmoral eines Schuldners zuverlässig herleiten, noch kann ein in der Vergangenheit sauberer Betreibungsregisterauszug verlässliche Auskunft über die jetzige oder zukünftige Zahlungsmoral eines Schuldners geben. Da der Wirtschaftsverkehr in der Regel an aktuellen, nicht bis zu 5 Jahre alten Daten zum Zahlungsverhalten von Wirtschaftsteilnehmer interessiert ist, fällt die 5-Jahres-Periode durch die Maschen des Zeitgeistes, und muss eher als anachronistisch betrachtet werden.

Fazit zur „Zahlung“ von betriebenen Forderungen

Unabhängig von einzelnen Voten von Parlamentariern lässt sich abschliessend feststellen, dass der im Gesetzestext mit einer einzigen Stimme sprechende Gesetzgeber die Ausblendung einer Betreibung im Betreibungsregisterauszug nicht davon abhängig gemacht hat, dass die betriebene Forderung unberechtigt ist und nicht bezahlt wurde. Ein Interpretationsspielraum (nur) in diese Richtung lässt der Gesetzestext u.E. nicht zu. Demzufolge können u.E. auch Betreibungen definitiv ausgeblendet werden, die nach Einleitung der Betreibung, aber vor Fortsetzung der Betreibung, bezahlt worden sind, und zwar unabhängig von der Erhebung eines Rechtsvorschlages. Die Rechtsprechung wird dies wohl zu entscheiden haben.

Fazit / Grenzen der Ausblendungsmöglichkeit

Vom Schuldner nicht bezahlte und vom Gläubiger nicht weiter verfolgte Betreibungen, welche älter als ein Jahr seit Zustellung sind, können u.E. definitiv ausgeblendet werden. Diese „Säuberung“ des Betreibungsregisterauszuges kostet jedoch pauschal CHF 40.00 pro Ausblendung. Mengenrabatt gibt es keinen.

Vom Schuldner bezahlte Betreibungen, die a) auf Gesuch des Schuldners hin ausgeblendet und b) deren Bezahlung dem Betreibungsamt bis zum Ablauf des Zahlungsbefehles vom Gläubiger nicht bekannt gemacht wurden, bleiben u.E. auch definitiv ausgeblendet. Damit erledigt sich ein aktiver Rückzug einer bezahlten Betreibung durch den Gläubiger.

Es wird sich weisen, ob auch bezahlte und vom Gläubiger als bezahlt gemeldete Betreibungen ausgeblendet bleiben werden. Dies wird aufsichtsrechtlich zu entscheiden sein. Aus Sicht der Schuldner wäre dies natürlich erfreulich.

Schuldner-Optik zur Ausblendung von Betreibungen

Aktion Wann Frist Wirkung
Zustellung Zahlungsbefehl an Schuldner Tag Null 3 Monate Wartezeit nach Zustellung
Gesuch des Schuldners um „Löschung“ +3 Monate Bis 5 Jahre Start Verfahren durch Betreibungsamt
Verfügung Betreibungsamt an Schuldner +4 Monate 1 bis 1.5 Monate Entscheid des Betreibungsamtes betreffend Ausblendung, mit Beschwerdemöglichkeit

Gläubiger-Optik zur Ausblendung von Betreibungen

Aktion Wann Frist Wirkung
Anzeige des Betreibungsamtes an den Gläubiger Tag Null 20 Tage Rückmelde-Frist Weiterverfolgung Betreibung oder Zahlung durch Schuldner (mit Beleg)
Verspätete Mitteilung der Weiterverfolgung durch den Gläubiger 4 bis 12 Monate Gültigkeit Zahlungsbefehl Wieder-Einblendung Betreibung
Verspätete Mitteilung des Gläubigers an das Betreibungsamt der Zahlung des Schuldners 4 bis 12 Monate Ca. 12 Monate Evtl. Wieder-Einblendung Betreibung, je nach Stellungnahme der Rechtsprechung
Fortsetzungsbegehren des Gläubigers Vor Ablauf Gültigkeit Betreibung Gültigkeit Zahlungsbefehl Wieder-Einblendung Betreibung
Keine Aktion des Gläubigers Erlöschen der Betreibung und definitive Ausblendung im Betreibungsregister auf Gesuch des Schuldners

Hinweise für Spezialisten und juristisches Fachpersonal

„5+1-Jahre-Regel“ / Verfahrensabschluss

Nach Art. 8a Abs. 4 SchKG erlischt das Einsichtsrecht Dritter fünf Jahre nach Abschluss des Verfahrens. Es müsste folglich grundsätzlich auch in Betreibungen Einsicht gegeben werden, die zwar früher als fünf Jahre angehoben, aber vor fünf Jahren noch nicht abgeschlossen gewesen waren.

Da die Betreibungsämter systemtechnisch auf die Eintragung der Einleitung von Betreibungen ausgerichtet sind, dürfte einem solchen Ansinnen, zusätzlich in die vor fünf Jahren noch hängig gewesenen Betreibungen Einsicht zu erhalten, nur schwer umsetzbar sein. Sofern ein Gläubiger aber daran interessiert sein sollte, besteht die Möglichkeit, bei allfälliger Weigerung des Betreibungsamtes den Beschwerdeweg zu beschreiten. Über den Ausgang einer solchen Beschwerde lässt sich keine Voraussage machen.

Anerkennungsklage inkl. Rechtsöffnungsbegehren

Der Nachweis des Gläubigers der Anhebung einer Anerkennungsklage ist nur dann hinreichend, wenn der Gläubiger in einem separaten Rechtsbegehren in der Anerkennungsklage die Beseitigung des Rechtsvorschlages verlangt hat. Es genügt demnach nicht, nur die Bezahlung der Forderung einzuklagen. Der Antrag auf Verurteilung des Schuldners zur Bezahlung der Forderung muss von einem Rechtsöffnungsbegehren „flankierend“ begleitet werden.

Keine Fristerstreckung der 20-Tage-Frist

Da das Betreibungsamt dem Gläubiger eine datumsgenaue, zwanzig-tätige Frist ansetzt, kann es vorkommen, dass der Gläubiger erst spät (Abholfrist von 7 Tagen bei der Post) oder zu spät (Ferienabwesenheit und Rückbehalt der Post bei der Post) Kenntnis von der Fristansetzung erhält.

Als gesetzliche Frist sind die 20 Tage grundsätzlich nicht erstreckbar (unter Vorbehalt des besonders originellen Art. 63 SchKG, welcher eine Art gesetzliche Fristerstreckungswohltat enthält). Dies muss den Gläubiger jedoch nicht davon abhalten, auch nach Fristablauf den erforderlichen Nachweis zu erbringen, womit die bereits ausgeblendete Betreibung, u.E. unter Vorbehalt des nicht zwischenzeitlichen Ablaufs der Betreibung, wieder eingeblendet wird.

Formal korrekte, inhaltlich veraltete Betreibungsauszüge

Bei verspäteter Reaktion des Gläubigers hat der Schuldner die Möglichkeit, während weniger Tage einen „sauberen“ Betreibungsregisterauszug zu erhalten. Dies lässt sich nicht verhindern.

Dem Schuldner könnte allenfalls von einem getäuschten Dritten dann ein Vorwurf gemacht werden, falls der Schuldner von der bereits erfolgten Wieder-Einblendung weiss und den Dritten mit dem veralteten Betreibungsregisterauszug demnach bewusst täuscht. Deshalb verlangen nicht wenige Dritte vom Schuldner zusätzlich eine ausdrückliche, schriftliche Erklärung, dass sie keine Kenntnis von weiteren Betreibungen haben.

Wandel im Sinn von Betreibungen

Wenn ein Gläubiger darauf verzichtet, nach Aufforderung des Betreibungsamtes innerhalb von 20 Tagen Stellung zu nehmen, kann dies verschiedene Gründe haben, z.B.

  • Fehlende Bonität Mittellosigkeit des Schuldners, weshalb man schlechtem Geld nicht noch gutes nachwerfen will. Ein Verlustschein nützt dem Gläubiger wenig.
  • Höhe der Forderung rechtfertigt es nicht, weitere finanzielle Mittel in die Rechtsverfolgung zu investieren. Der Streitwert lohnt nicht.
  • Fehlen von Belegen für die Rechtsöffnung, insbesondere einer unterschriebenen Schuldanerkennung des Schuldners (inkl. Angabe des fraglichen Schuldbetrages). Ohne solchen Rechtsöffnungstitel kann keine (provisorische) Rechtsöffnung erteilt werden.

Aus Sicht der Schuldner werden damit faktisch bevorteilt:

  • Für Gläubiger wahrnehmbar mittellose Schuldner.
  • Schuldner von Kleinbeträgen („Kleinschulden“).
  • Schuldner, deren Schuld die erforderte Papierspur (Rechtsöffnungstitel) nicht aufweist

Anstieg Dunkelziffer nicht betriebener Forderungen

Die obenstehenden Gründe haben, bereits unter bisherigem Recht, viele (berechtigte) Gläubiger davon abgehalten, eine Betreibung einzuleiten. Diese Tendenz dürfte sich unter dem neuen Recht noch verstärken.

Gegensteuer könnte allenfalls dadurch gegeben werden, als die Vertrags-Compliance verbessert, d.h. das Vorliegen eines tauglichen Rechtsöffnungstitels gefördert wird.

Fehlender Anreiz zur freiwilligen Zahlung

Bei Forderungen, welche Gläubiger mutmasslich nicht weiter verfolgen werden, wird der Anreiz zur freiwilligen Zahlung vermindert, da für den Schuldner gute Aussichten bestehen, auf Gesuch hin den Betreibungsregistereintrag nach rund 4 Monaten wieder loszuwerden.

An sich brave Schuldner, welche allenfalls freiwillig bezahlt hätten, werden zudem noch dadurch bestraft, dass der Eintrag im Betreibungsregister satte fünf Jahre lang nicht ausgeblendet werden kann. Die Nichtbezahlung spart nicht nur Geld, sie eröffnet auch eine zusätzliche Chance, gegen eine günstige Gebühr von nur CHF 40.00 den Betreibungsregisterauszug zu säubern.

Reduktion der Sichtbarkeit einer Betreibung um den Faktor 20

Die Sichtbarkeit einer nicht weiter verfolgten, unbezahlten Betreibung wird mit dem neuen Recht, falls der Schuldner die pauschalen CHF 40.00 „à fonds perdu“ (d.h. nicht vom Gläubiger rückforderbar) zu bezahlen bereit ist, von früher „gesicherten“ 5 Jahren (rund 1800 Tage) auf „3/20“ (3 Monate und zwanzig Tage; rund 120 Tage mit Reaktionszeiten; 6.6% von 1800 Tagen) reduziert. Bleibt der Schuldner dran, der Gläubiger jedoch nicht, reduziert sich die Sichtbarkeit der eingeleiteten Betreibung demnach praktisch, gegenüber dem alten Recht, um den Faktor 20.

Dem unberechtigt, aber auch berechtigt betreibenden Gläubiger, welcher bereits entschieden hat, von der Weiterverfolgung seines berechtigten Anspruches abzusehen, muss es demnach Wert sein (Betreibungskosten), dass die Betreibung „nur“ minimal 3 Monate, 20 Tage plus ein paar Abwicklungstage (Reaktionsdauer des fristansetzenden Betreibungsamtes und Fristabwartung) für einsichtsberechtigte Dritte sichtbar ist. Als Faustregel muss mutmasslich mit rund 4 Monaten gerechnet werden, bis eine Betreibung effektiv ausgeblendet wird, falls die Voraussetzungen dafür vorliegen.

Der „3/20“-Regel steht die „8/10“-Regel gegenüber: Während der übrigen rund 8 Monate, d.h. bis die Betreibung hinfällig wird (erlischt), hat der Gläubiger es in der Hand, durch Stellung eines Rechtsöffnungsgesuches oder Nachweis der Zahlung der Forderung zu bewirken, dass die Betreibung wieder eingeblendet wird.

Schlupfloch für Gläubiger, die Ausblendung zu verhindern?

Gemäss der inhaltlich obligatorischen, d.h. vom Bund vorgeschriebenen Anzeige an den Gläubiger eines Gesuchs um Nichtbekanntgabe einer Betreibung mit Fristansetzung zur Abgabe einer Erklärung sind einer allfälligen Mitteilung des Gläubigers an das Betreibungsamt im Zahlungsfall beizulegen:

„- nur im Falle der Zahlung: eine Erklärung, eine Zahlung des Schuldners erfolgt ist (allenfalls mit einem Zahlungsnachweis).“

Das spezielle an dieser Formulierung ist das „allenfalls“, welches es dem Gläubiger quasi freistellt, ohne Belegnachweis zu behaupten, die Zahlung sei erfolgt. Aus Sicht der Autoren ist der Zahlungsnachweis obligatorisch, da das Verhalten einiger Rechtssubjekte wenig Grenzen kennt.

Das Betreibungsamt ist verpflichtet, dem Schuldner eine Wieder-Einblendung der Betreibung mittels beschwerdefähiger Verfügung, unter Beilage der Mitteilung und allfälliger Beilagen des Gläubigers, mitzuteilen.

Spätestens dann würde sich, falls sich der Schuldner gegen die allfällige Falschbehauptung der erfolgten Zahlung durch den Gläubiger wehrt, herausstellen, dass die behauptete Zahlung nicht erfolgt ist. Denkbar ist aber auch, dass der Schuldner unzutreffend behauptet, er habe die Zahlung nicht gemacht. Dann müsste wiederum der Gläubiger um einen Zahlungsnachweis angehalten werden, um den Sachverhalt rechtsgenüglich zu klären.

Aus all diesen Gründen sollte nicht davon abgesehen werden, von Anfang an auf den Zahlungsnachweis des Gläubigers durch Beleg zu bestehen.

Die Zahlungsthematik könnte allenfalls aufsichtsrechtlich und höchstrichterlich so entschieden werden, dass auch die Zahlung der in Betreibung gesetzten Forderung einer Ausblendung der Betreibung im Betreibungsregister nicht im Wege stehen könnte. Dies wird sich erst noch weisen müssen.

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