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Strafrecht

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Alles für die Katz

Datum:
26.08.2019
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Strafrecht
Stichworte:
Haustiere, Sachenrecht, Strafrecht, Vertrag
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

StGB 172 Abs. 1, ZGB 728 Abs. 1 und 1 bis, OR 1 Abs. 1, OR 20, OR 23 und OR 31

Einleitung

Das Bundesgericht wurde im kürzlich publizierten Fall 6B_815/2018 mit einem oft anzutreffenden Anlass (Tierübergabe zur Obhut während einer Abwesenheit) und in einem seltenen Folgesachverhalt (Rückholung des Tiers und Strafanzeige des Tier-Ferienbetreuers) konfrontiert:

  • Die auswärtige Unterbringung einer Katze während eines Ferienaufenthalts

Sachverhalt

  1. holte am Domizil von X. eine Katze ab und nahm sie zu sich. Dabei handelte es sich um die Katze, welche A. dem X. ungefähr zehn Monate zuvor anvertraut hatte. Daraufhin reichte X. gegen A. Strafklage ein.

Prozess-History

  • Polizeigericht des Bezirks Waadt-Ost
    • Freispruch von A. bezüglich der Anklagepunkte des Diebstahls und der falschen Anschuldigung
    • Verurteilung von A. wegen geringfügigen Diebstahls zu einer Busse in der Höhe von Fr. 2000.–, umwandelbar in 20 Tage Ersatzfreiheitsstrafe im Falle schuldhafter Nichtbezahlung
    • Beschlagnahmung der Katze und Verurteilung von A. zur Rückgabe der Katze an X. innerhalb einer Frist von 48 Stunden nach Erlass eines definitiven und vollstreckbaren Urteils
    • Verpflichtung von A., an X. Fr. 500.– als Genugtuungssumme und Fr. 12 000.– als Entschädigung für die Anwaltskosten zu bezahlen
    • Auferlegung der Gerichtskosten an A.
  • Berufung von A. teilweise gutheissendes Urteil des Präsident des Strafappellationshofes des Kantonsgerichts des Kantons Waadt
    • Freispruch von allen Anklagepunkten
    • Aufhebung der Beschlagnahme
    • Entschädigung von A. zu Lasten des Kantons, um die ihr in jeder Instanz erwachsenen Kosten für eine angemessene Wahrnehmung ihrer Verfahrensrechte abzugelten
    • Verteilung der Verfahrenskosten unter den Parteien
  • Beschwerde von X. gutheissender Bundesgerichtsentscheid 6B_5/2017 vom 14.02.2018
    • Streitpunkte
      • Annahme der Strafappellationsbehörde, wonach es zwischen den Parteien nicht zum Abschluss eines das Tier betreffenden Schenkungsvertrags gekommen sei
      • Frage, ob das Tier durch Ersitzung hätte erworben werden können
      • Frage, ob der Abschluss einer anderen das Tier betreffenden Übereinkunft unter den Parteien, wie zum Beispiel eines Leih- oder Hinterlegungsvertrags, hätte geprüft werden müssen
    • Feststellung des Bundesgericht, dass die im vorinstanzlichen Urteil festgestellten Sachverhaltselemente nicht ausreichten, um diese Frage rechtsgenügend zu entscheiden
    • Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und Rückweisung zu einem neuen Entscheid
  • Entscheid des Präsidenten des Strafappellationshofes des Kantonsgerichts des Kantons Waadt mit bisherigem Urteilsdispositiv, unter Vorbehalt der Höhe der A. zugesprochenen Entschädigung für eine angemessene Wahrnehmung ihrer Verfahrensrechte im Berufungsverfahren und unter Vorbehalt des Schicksals der Berufungskosten
  • Einreichung der Beschwerde in Strafsachen durch X. gegen das neue Urteil beim Bundesgericht
    • Antrag: Abweisung des angefochtenen Urteils, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen, Änderung des angefochtenen Urteils in dem Sinne, dass die Berufung abgewiesen und das Urteil des Polizeigericht des Bezirks Waadt-Ost zu bestätigen sei
    • Eventualantrag: Aufhebung des angefochtenen Urteils und Rückweisung des Falles an die Vorinstanz zu neuem Entscheid
  • Gewährung der aufschiebenden Wirkung durch den präsidierenden Richter der Strafkammer des Bundesgerichts.

Erwägungen

In seinen Erwägungen gelangt das Bundesgericht in der im wiedervorgelegten Sache zu folgenden wesentlichen Feststellungen:

  • Entscheidungsgrundlagen
    • Die Ersitzung setze voraus, dass der Besitzer der Katze in gutem Glauben als Eigentum besessen habe
    • Dieser Rechtsgrund fehle demjenigen immer, welcher nur einen unselbständigen Besitz habe
    • Erfordernis der subjektiven und objektiven Auslegung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben
      • Die objektive Auslegung habe sich nicht nur an den Wortlaut und den Zusammenhang der Aussagen zu halten, sondern habe auch die Umstände, welche den Aussagen vorausgingen und welche diese begleiteten, zu betrachten
      • Daran sei das Bundesgericht gebunden
  • Folgerung im konkreten Fall
    • Die Angeschuldigte A. sei Eigentümerin der Katze geblieben, was ausschliesse, dass sie sich des Diebstahls der Katze schuldig machen konnte
    • Die Vorbringen des Beschwerdeführers X betreffend die Verwirklichung der weiteren Voraussetzungen der Strafbarkeit dieser Straftat würden dadurch gegenstandslos
    • Folgerichtig müssten die Anträge des Beschwerdeführers X auf Bezahlung einer Genugtuungssumme oder einer Entschädigung für die Anwaltskosten abgewiesen werden, soweit darauf eingetreten werden könne.

Entscheid

  • Rückweisung, soweit darauf eingetreten werden konnte
  • Kostenfestsetzung (CHF 3‘000) / Auferlegung Beschwerdeführer
  • Mitteilungen

Quelle

BGer 6B_815/2018 vom 23.10.2018

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