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Anwalt missachtete Berufspflichten bei Interessenkonflikten in Erbrechtsfall

Datum:
28.08.2019
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Anwälte / Mediatoren
Stichworte:
Anwälte, anwaltliche Berufsregeln, BGFA
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

BGFA 12 lit. a und c

Einleitung

Das Bundesgericht hatte darüber zu befinden, ob die Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte im Kanton Zürich zu Recht einen Zürcher Rechtsanwalt (A) wegen Verletzung der Berufsregeln zu einer Busse von CHF 1’500 verurteilte.

Sachverhalt und Erwägungen

Der umfangreiche Mandatsgegenstand in Stichworten:

  • Erblasser C hinterlässt seine Ehefrau D und seine Töchter E + F
  • B wurde als Willensvollstrecker berufen
  • A wurde als Anwalt des Willensvollstreckers B tätig, insbesondere i.Z.m. zwei Gerichtsprozessen betreffend Nachlassaktiven/-passiven
  • Strafanzeige von E gegen Willensvollstrecker B
  • A übernimmt als Verteidiger des Willensvollstreckers B die Vertretung im Strafverfahren
  • Anzeige von E + F gegen Rechtsanwalt A wegen Verletzung der Berufspflichten i.S.v. Art. 12 BGFA
  • Busse von CHF 1’500 wegen Interessenkollision (Art. 12 lit. c BGFA), ausgesprochen durch die erste Instanz bzw. zusätzlich wegen unsorgfältiger Berufsausübung (Art. 12 lit. a BGFA) durch die zweite Instanz.

Das Bundesgericht erwog u.a. folgendes:

„…

5.5.2. Vorliegend ist unbestritten, dass ein Mandatsverhältnis stets nur zwischen dem Beschwerdeführer und dem Willensvollstrecker bestand (interne Verweisung). Dies betrifft sowohl die Handlungen des Beschwerdeführers als Hilfsperson des Willensvollstreckers im Zusammenhang mit dem Nachlass wie auch dessen Vertretung im Rahmen des durch eine Erbin eingeleiteten Verfahrens. Dem angefochtenen Urteil können keine Hinweise entnommen werden, dass der Beschwerdeführer eine Beziehungsnähe zu einzelnen Erbinnen pflegen würde, die über das hinaus geht, was für die Erfüllung der ihm durch den Willensvollstrecker übertragenen Aufgaben notwendig ist. Der Beschwerdeführer seinerseits bestreitet sowohl das Vorliegen rechtlicher wie auch emotionaler Bindungen zwischen ihm und den Töchtern des Erblassers. Es besteht kein Anlass, an der Richtigkeit seiner Ausführungen zu zweifeln.

Allerdings liegt es in der besonderen Natur des Instituts der Willensvollstreckung, dass die Handlungen des Willensvollstreckers auch die Interessen der Erben tangieren. Dies gilt auch in Bezug auf die von ihm beigezogenen Hilfspersonen. Als Hilfsperson des Willensvollstreckers war der Beschwerdeführer ebenfalls gehalten, die ihm übertragenen Aufgaben nach objektiven Gesichtspunkten, im Interesse der Erben, der Gläubiger sowie des Erblassers auszuführen (interne Verweisung). Folglich ist die Vorinstanz zu Recht vom Bestand einer Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer und den Erbinnen ausgegangen (interne Verweisung). Wie bereits ausgeführt, ist der Anwalt jedoch gehalten, sein Mandat einzig und allein im Interesse seines Klienten zu führen (vgl. E. 5.2.1 hiervor). Dies setzt namentlich voraus, dass keine Bindungen bestehen, welche die Führung des Mandats beeinträchtigen könnten. Insbesondere muss der Anwalt auch gegenüber der Gegenpartei unabhängig sein.

Vorliegend besteht die besondere Konstellation, dass das Strafverfahren, in welchem der Beschwerdeführer den Willensvollstrecker vertritt, im Zusammenhang mit der Nachlassverwaltung steht und durch eine der Erbinnen initiiert wurde, deren Interessen der Beschwerdeführer als Hilfsperson seines Klienten ebenfalls zu berücksichtigen hatte. Unter diesen Umständen ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer an der für die Vertretung des Willensvollstreckers nötigen Unabhängigkeit gegenüber den Töchtern des Erblassers fehlte (Hinweis/interne Verweisung). Zudem ist fraglich, ob dem Beschwerdeführer, der bereits den Erblasser beraten hatte, als Hilfsperson des Willensvollstreckers fungierte und diesen im Rahmen des Strafverfahrens vertrat (Hinweis/interne Verweisung), über die nötige Distanz verfügte, um die Verteidigung seines Klienten mit der erforderlichen Sachlichkeit und Unbefangenheit zu führen (Hinweis/interne Verweisung). Ferner ist in dieser besonderen Situation nicht auszuschliessen, dass der Beschwerdeführer – aufgrund seiner Stellung als Hilfsperson des Willensvollstreckers – ein eigenes Interesse am Ausgang des Strafverfahrens gehabt hätte. Schliesslich hätte auch die Möglichkeit bestanden, dass die Strafuntersuchung auf ihn ausgeweitet oder er als Zeuge vorgeladen worden wäre.

5.5.3. Vor diesem Hintergrund hat die Vorinstanz zu Recht einen qualifizierten Verstoss gegen die Pflicht zur sorgfältigen und gewissenhaften Berufsausübung im Sinn von Art. 12 lit. a BGFA bejaht, welcher geeignet ist, das Vertrauen in die Anwaltschaft zu gefährden (Hinweis/interne Verweisung). Daran ändern auch die Behauptungen des Beschwerdeführers nichts, er habe auf ausdrücklichen Wunsch seines Klienten, aufgrund seiner besonderer Kenntnis der Einzelheiten der Sache, seine Verteidigung übernommen. Auch wenn dieses Verhalten angesichts der langjährigen Klientenbeziehung zum Willensvollstrecker als nachvollziehbar erscheinen mag, hätte der Beschwerdeführer das Konfliktpotenzial erkennen und die Übernahme der Vertretung des Beschwerdeführers im Strafverfahren ablehnen müssen. …“

Entscheid des Bundesgerichts

Das Bundesgericht erkannte:

  1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
  2. Die Gerichtskosten von Fr. 2’000.– werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
  3. (Urteilszustellung)

Quelle

BGer 2C_933/2018 vom 25.03.2019

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