ESTV hat Beschwerdegegnerin MWST-Registereintrag zu Recht verwehrt
Einleitung
Das Bundesgericht hat mit dem Urteil BGer 2C_943/2017 vom 17.07.2019 – unter Aufhebung des Bundesverwaltungsgerichtsentscheids – für den Bereich der Vermittlung gewisser Finanzprodukte einen für die Branche bedeutenden MWST-Leitentscheid gefällt.
Sachverhalt
Die A.________ AG (Beschwerdegegnerin), Intermediärin, wurde von der ESTV (Beschwerdeführerin) zunächst ins Register der steuerpflichtigen Personen (Mehrwertsteuerregister) eingetragen; der Eintrag wurde dann aber von Amtes wegen gelöscht. Die Intermediärin ersuchte die ESTV um Wiedereintragung, mit der Begründung, dass sie steuerbare Leistungen im Zusammenhang mit der Zuführung von Kundschaft erziele. Die ESTV entsprach dem Gesuch, allerdings beschränkt auf den Zeitraum bis zum 31.12.2009. Die Intermediärin stellte später den Antrag, sie sei auch ab dem 01.01.2010 (Inkrafttreten des neuen Mehrwertsteuerrechts) ins Register einzutragen. Die ESTV wies das Gesuch ab, indem sie mittels Verfügung anordnete, die Intermediärin werde ab dem 01.01.2010 nicht mehr als steuerpflichtiges Unternehmen im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen erfasst.
Prozess-History
Die Intermediärin erhob gegen die hievor erwähnte Verfügung bei der ESTV Einsprache, wobei sie um Weiterleitung der Einsprache als sog. „Sprungbeschwerde“ an das Bundesverwaltungsgericht ersuchte; die ESTV kam diesem Ersuchen nach.
Das Bundesverwaltungsgericht hiess die Beschwerde der Intermediärin mit Urteil A-5069/2016 vom 03.10.2017 gut, hob die ESTV-Verfügung auf und verpflichtete die ESTV, die Intermediärin per 01.01.2010 ins Mehrwertsteuerregister einzutragen.
Dagegen erhob die ESTV beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, das angefochtene Bundesverwaltungsgerichts-Urteil aufzuheben und ihre Verfügung zu bestätigen.
Erwägungen
Das Bundesgericht stellte folgende grundsätzliche Erwägungen an:
- Die vertragliche Verpflichtung der Beschwerdegegnerin gegenüber ihren Kooperationspartnern bestehe nach den unbestrittenen vorinstanzlichen Feststellungen darin, Investoren zu suchen, mit diesen die Vertragsverhandlungen betreffend den Erwerb von Wertpapieren zu führen und administrative Nebenleistungen zu erbringen.
- Ihre Tätigkeit richte sich damit auf konkrete Vertragsabschlüsse und gehe ganz offensichtlich über die blosse Bekanntgabe von Kundennamen hinaus.
- Sie leiste mit ihrer Tätigkeit einen kausalen Beitrag zum Abschluss von Verträgen zwischen ihren Kooperationspartnern und den Investoren, wobei sie am Inhalt dieser Verträge kein Eigeninteresse habe.
- Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin sei folglich als Vermittlung im Sinne von MWSTG 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e zu qualifizieren.
- Für die Versteuerung einer Vermittlungsleistung nach MWSTG 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e könne nicht optiert werden (vgl. MWSTG 22 Abs. 2 lit. a), zumal die Beschwerdegegnerin gemäss Feststellungen der Vorinstanz keine anderen steuerbaren Leistungen erbringe.
- Die Erbringung von ausschliesslich steuerausgenommenen Dienstleistungen ohne Möglichkeit der Option stelle keine unternehmerische Tätigkeit im Sinne von aArt. 10 MWSTG dar, weshalb die Beschwerdegegnerin per 01.01.2010 nicht subjektiv steuerpflichtig sei und die ESTV ihr die Eintragung ins Register der steuerpflichtigen Personen zu Recht verwehrt habe; soweit die Vorinstanz den gegenteiligen Schluss ziehe, habe sie aArt. 10 MWSTG in Verbindung mit MWSTG 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e verletzt.
Die Beschwerde der ESTV erwies sich damit als begründet.
Entscheid
- Gutheissung der Beschwerde und Aufhebung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts, unter Bestätigung der ESTV-Verfügung
- Gerichtskosten zu Lasten der Beschwerdegegnerin
- Rückweisung der Sache zur Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen für das vorinstanzliche Verfahren ans Bundesverwaltungsgericht
- Mitteilungen
Quelle:
BGer-Urteil 2C_943/2017 vom 17.07.2019