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Verkehrsrecht

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Geschwindigkeitsüberschreitung Ferrari-Lenker: Überführung mittels Bildbearbeitungsprogramm „Photoshop“

Datum:
02.03.2020
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Verkehrsrecht
Stichworte:
Geschwindigkeitsüberschreitung, grobe Verkehrsregelverletzung
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

SVG 90 Abs. 2 in Verbindung mit SVG 27 Abs. 1 und VRV 4a Abs. 1 lit. d

Einleitung

Ein Ferrari-Lenker brauste mit 166 km/h über die A3 und überschritt dabei die strassen-bedingte Höchstgeschwindigkeit (120 km/h) um 46 km/h.

Der fehlbare Lenker machte gelten, dass er sein wahres Tempo gar nicht wahrgenommen habe.

Strittig war nun, ob die Strafuntersuchungsbehörden das Vorliegen der für eine grobe Verkehrsregelverletzung vorausgesetzten Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 35 km/h nachweisen können.

Sachverhalt

Dem Urteil SB180263 vom 22.01.2019 lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Fahrt des Ferrari-Lenkers

Der Lenker eines Ferraris überholte an einem späten Montagabend Ende Februar 2017 auf seiner Heimfahrt Richtung Ausserschwyz zwei Fahrzeuge und beschleunigte dabei auf 166 km/h. Dieses Tempo hielt er während circa zehn Sekunden bei, bis er wieder auf die Normalspur einschwenkte.

Fehlerhafte Nachfahrmessung

Die Nachfahrmessung der Polizeiorgane war allerdings nicht vorschriftsgemäss durchgeführt worden und daher aus technischen Gründen ungültig:

  • Am Ende der Messfahrt war der Polizeifahrzeugabstand zum verfolgten Ferrari ein anderer als zu Beginn.

Präzise ergänzende Messmethode

Für den Schuldspruch musste daher auf das Gutachten eines Experten des Forensischen Instituts Zürich zurückgegriffen werden:

  • Der Experte konnte mit Hilfe des Bildbearbeitungsprogramms „Photoshop“ Standbilder der Videoaufnahme der Nachfahrt auswerten und anhand der Schwankungen der Zahl der Bildpixel zwischen den Rücklichtern des Ferraris im Verhältnis zur Distanz dessen Tempo errechnen

Solche sog. „Pixelmessungen“ werden nur selten vorgenommen und sind daher in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt.

Erwägungen des Obergerichts

Das Obergericht kam zu folgenden Schlüssen:

Bestimmung der Geschwindigkeitsüberschreitung

  • Nicht zu beanstandende Erkenntnis aus dem Gutachten des Forensischen Instituts Zürich, wonach der Beschuldigte zum inkriminierten Zeitpunkt, unter Berücksichtigung eines Toleranzabzuges von 1 % durchschnittlich mit 166 km/h gefahren sei
  • Nachvollziehbare Berechnung der Geschwindigkeit aufgrund des Gutachtens anhand von Videoframes, welche in der Software «Photoshop» um 400 % vergrössert wurden
  • Für die Bestimmung der Abstandsveränderung zwischen dem Patrouillenfahrzeug und dem Ferrari des Beschuldigten wurde auf die Anzahl der Bildpixel zwischen den Helligkeitszentren der Heckleuchten abgestellt.

Weitere rechtliche Würdigung

  • Siehe Strafurteil des OGZ SB180263 vom 22.01.2019

Busse für die grobe Verletzung der Verkehrsregeln

Die von der Vorinstanz angesetzte Tagessatzhöhe von CHF 3’000.– erwies sich auch angesichts der aktuellen persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten als angemessen und war ebenfalls zu bestätigen:

  • Der Beschuldigte verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von CHF 48’454.90.

Ergebnis

Auch für das Obergericht gab es an der groben Verletzung der Verkehrsregeln durch den Beschuldigten keine Zweifel:

  • Er war nach SVG 90 Abs. 2 in Verbindung mit SVG 27 Abs. 1 und VRV 4a Abs. 1 lit. d schuldig zu sprechen
  • Das vorinstanzliche Urteil war zu bestätigen.

Entscheid des Obergerichts

(Feststellung der Rechtskraft des vorinstanzlichen Urteils (einfache Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von SVG 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit SVG 27 Abs. 1, VRV 4a Abs. 5 VRV))

Das Obergericht erkennte sodann:

  1. Der Beschuldigte ist schuldig der groben Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 2 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG, Art. 4a Abs. 1 lit. d VRV.
  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu Fr. 3’000.–, sowie mit einer Busse von Fr. 3’000.–.
  3. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf zwei Jahre festgesetzt.
  4. Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag.
  5. Die erstinstanzliche Kostenfestsetzung (Ziff. 6) wird bestätigt.
  6. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 3’000.–.
  7. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.
  8. Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an
      • die Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
      • die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl

und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

      • die Vorinstanz
      • die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A
      • das Forensische Institut Zürich, Unfälle/Technik, Referenz K170714/69034806
      • das Verkehrsamt Kanton Schwyz, Abteilung Massnahmen, Postfach 3214, 6431 Schwyz.
  1. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen. Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Quelle

Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer

Urteil SB180263 vom 22.01.2019

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