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SchKG / Zwangsvollstreckungsrecht / Betreibung / Konkurs / Sanierung / Zwangsvollstreckung / Erbrecht

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Zahlungsbefehl gegen die unverteilte Erbschaft und nicht gegen den Willensvollstrecker sowie Betreibungsort

Datum:
21.07.2020
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
SchKG / Zwangsvollstreckungsrecht
Stichworte:
Zahlungsbefehl
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

ZGB 518; SchKG 46 + SchKG 49

Der Erbschaft hat keine Parteifähigkeit zur aktiven Betreibung. Hierfür ist einzig der Willensvollstrecker berechtigt ist.

Hingegen kommt der unverteilten Erbschaft in der gegen sie gerichteten Betreibung aufgrund SchKG 49 die Parteifähigkeit und passive Betreibungsfähigkeit zu:

  • In diesem Fall wird die Erbschaft als Partei betrachtet
  • Danach kommt ihr die Parteirolle zu, und nicht dem Willensvollstrecker, welcher insoweit nur der Vertreter der Erbschaft ist
    • Die Parteifähigkeit der unverteilten Erbschaft wird in den gerichtlichen SchKG-Verfahren (Inzidenzverfahren) unterschiedlich beantwortet
    • Für die Betreibung ist jedenfalls das betreibungsrechtliche Sonderregime von SchKG 49 massgebend:
      • Es gehen vor:
        • die allgemeinen Regelung des ZGB als lex specialis
        • die bundesrechtlichen Zuständigkeitsvorschriften
      • Bei dieser Sichtweise richten sich die Modalitäten der Betreibung (Art, Ort) gemäss SchKG 49, und weder Art noch Ort der Betreibung hängen von der Person des Willensvollstreckers ab
        • Der Willensvollstrecker ist hingegen ausschliesslich befugt, sich der Betreibung zu widersetzen, und in dieser Eigenschaft berechtigt, die Betreibungsurkunden zu empfangen
  • Dies führt zum Schluss, dass im Fall, in welchem – wie hier – eine ungeteilte Erbschaft besteht, die Betreibung am Ort anzuheben ist, wo der Erblasser zur Zeit seines Todes betrieben werden konnte, und nicht am Wohnsitz des Willensvollstreckers.

Sowohl die Betreibung gegen die «unverteilte Erbschaft» als auch gegen den «Willensvollstrecker» führt entgegen der Auffassung der Vorinstanz zur Anwendung von SchKG 49.

Quelle

BGer 5A_638/2018 vom 10.02.2020 = BGE 146 III 106 ff.

Art. 518 ZGB   B. Inhalt des Auftrages
  1. Inhalt des Auftrages

1 Die Willensvollstrecker stehen, soweit der Erblasser nichts anderes verfügt, in den Rechten und Pflichten des amtlichen Erbschaftsverwalters.

2 Sie haben den Willen des Erblassers zu vertreten und gelten insbesondere als beauftragt, die Erbschaft zu verwalten, die Schulden des Erblassers zu bezahlen, die Vermächtnisse auszurichten und die Teilung nach den vom Erblasser getroffenen Anordnungen oder nach Vorschrift des Gesetzes auszuführen.

3 Sind mehrere Willensvollstrecker bestellt, so stehen ihnen diese Befugnisse unter Vorbehalt einer anderen Anordnung des Erblassers gemeinsam zu.

Art. 46 SchKG   A. Ordentlicher Betreibungsort
  1. Ordentlicher Betreibungsort

1 Der Schuldner ist an seinem Wohnsitze zu betreiben.

2 Die im Handelsregister eingetragenen juristischen Personen und Gesellschaften sind an ihrem Sitze, nicht eingetragene juristische Personen am Hauptsitze ihrer Verwaltung zu betreiben.

3 Für die Schulden aus einer Gemeinderschaft kann in Ermangelung einer Vertretung jeder der Gemeinder am Orte der gemeinsamen wirtschaftlichen Tätigkeit betrieben werden.1

4 Die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer ist am Ort der gelegenen Sache zu betreiben.2


1 Eingefügt durch Art. 58 SchlT ZGB, in Kraft seit 1. Jan. 1912 (AS 24 233 Art. 60 SchlT ZGB; BBl 1904 IV 1, 1907 VI 367).
2 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 16. Dez. 1994, in Kraft seit 1. Jan. 1997 (AS 1995 1227; BBl 1991 III 1).

Art. 49 SchKG1   B. Besondere Betreibungsorte / 2. Betreibungsort der Erbschaft
  1. Betreibungsort der Erbschaft

Die Erbschaft kann, solange die Teilung nicht erfolgt, eine vertragliche Gemeinderschaft nicht gebildet oder eine amtliche Liquidation nicht angeordnet ist, in der auf den Verstorbenen anwendbaren Betreibungsart an dem Ort betrieben werden, wo der Erblasser zur Zeit seines Todes betrieben werden konnte.


1 Fassung gemäss Art. 58 SchlT ZGB, in Kraft seit 1. Jan. 1912 (AS 24 233 Art. 60 SchlT ZGB; BBl 1904 IV 1, 1907 VI 367).

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