StGB 251
Einleitung
In der Rechtslehre stellte sich die Frage, ob das Bundesgericht nach dem Entscheid BGE 138 IV 130 die Strafbarkeit bei der Falschbeurkundung ausgeweitet (vgl. Regeste unten).
Der nun vorliegende Entscheid klärt, dass dies nicht der Fall ist.
Sachverhalt
Im Kaufvertrag für den Verkauf einer Snackbar war ein Kaufpreis von CHF 10‘000 anstelle des tatsächlichen Kaufpreises von CHF 150‘000 aufgeführt.
Mit der unrichtigen, zu tiefen Kaufpreisangabe sollte im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung die Ehefrau des Beschwerdeführers getäuscht werden
Erwägungen
Das Schriftstück stammte offenbar vom ersichtlichen Aussteller, ist aber inhaltlich unwahr.
Vom Bundesgericht zu überprüfen war, ob der Kaufvertrag eine besondere Glaubwürdigkeit aufweise, was zur Annahme einer Falschbeurkundung führen würde:
- Keine gesetzliche Richtigkeitsgewähr
- Es waren keine objektiven, gesetzlichen oder usanz-mässigen Garantien ersichtlich, die gegenüber Dritten hätte die inhaltliche Richtigkeit gewährleisten sollen
- Keine garantenähnliche Stellung des Beschwerdeführers
- Der Beschwerdeführer und Verkäufer befand sich in Bezug auf seine Ehefrau nicht in einer garantenähnlichen Position
- Vertragsparteien keine unbeteiligte Dritte
- Die Vertragsparteien, die Kaufvertrag unterzeichneten, wurden nicht als unbeteiligte Dritte betrachtet
- Kaufvertragsredaktion
- Die Erstellung des Kaufvertrags durch den Treuhänder des Verkäufers hatte insofern keine Garantiewirkung, als die übereinstimmenden Erklärungen der Parteien nicht ihrem wirklichen Willen entsprechen mussten; der Treuhänder hatte den Wert der Snackbar auch nicht zu schätzen
- Kein Falschbeurkundung aus dem Verwendungsziel
- Es ergab sich, dass nicht eine Falschbeurkundung anzunehmen war allein aufgrund des Umstands, dass der Kaufvertrag aufgesetzt wurde, um bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung mit der Ehefrau verwendet zu werden
- Keine erhöhte Glaubwürdigkeit
- Weil dem Kaufvertrag keine erhöhte Glaubwürdigkeit zukam, lag keine Falschbeurkundung gemäss StGB 251 vor.
Entscheid
- Gutheissung der Beschwerde in Strafsachen
- Aufhebung des angefochtenen Urteils und Rückweisung an die Vorinstanz zu neuem Entscheid
- Keine Gerichtskosten-Auferlegung
- Prozessentschädigung an den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren durch den Kanton Neuenburg.
Quelle
BGer 6B_1406/2019 vom 19.05.2020
Regeste von BGE 138 IV 130
Art. 251 Ziff. 1 StGB; Falschbeurkundung (inhaltlich unwahre Rechnungen).
Bestätigung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Falschbeurkundung (E. 2.1 und 2.2).
Im Verhältnis zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger sind Rechnungen nur unter besonderen Umständen Urkunden, da sie in der Regel blosse Behauptungen des Ausstellers über die vom Empfänger geschuldete Leistung enthalten (E. 2.4.2).
Der Rechnungsaussteller kann sich der Falschbeurkundung strafbar machen, wenn die inhaltlich unwahre Rechnung nicht nur Rechnungsfunktion hat, sondern objektiv und subjektiv in erster Linie als Beleg für die Buchhaltung der Rechnungsempfängerin bestimmt ist, die damit verfälscht wird. Eine objektive Zweckbestimmung als Buchhaltungsbeleg muss angenommen werden, wenn der Rechnungsaussteller mit der buchführungspflichtigen Rechnungsempfängerin bzw. deren Organen oder Angestellten zusammenwirkt und auf deren Geheiss oder Anregung hin oder mit deren Zustimmung eine inhaltlich unwahre Rechnung erstellt, die als Buchhaltungsbeleg dient (E. 2.4.3 und 3.1). In subjektiver Hinsicht muss der Rechnungsaussteller zumindest für möglich halten und in Kauf nehmen, dass die abgeänderte Rechnung als Beleg für die Buchhaltung der Rechnungsempfängerin bestimmt ist und die Buchhaltung damit verfälscht werden soll (E. 3.2.1-3.2.3). Die Bereicherungsabsicht ist zu bejahen, wenn der Rechnungsaussteller in der Absicht handelt, der Rechnungsempfängerin oder deren Organen einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen (E. 3.2.4).
Art. 251 StGB Urkundenfälschung
Urkundenfälschung
1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen,
eine Urkunde fälscht oder verfälscht, die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützt oder eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt,
eine Urkunde dieser Art zur Täuschung gebraucht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2. In besonders leichten Fällen kann auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe erkannt werden.
Weiterführende Informationen / Linktipps
- BGer 6B_1406/2019 vom 19.05.2020 | bger.ch
- Falschbeurkundung
- Regeste von BGE 138 IV 130 | bger.ch