Eine Richterin des Bundesstrafgerichts ist für Anwaltskosten zu entschädigen, die ihr infolge der Publikation eines Aufsichtsberichts des Bundesgerichts und Äusserungen des Bundesgerichtspräsidenten entstanden sind.
Dies entschied, wie heute bekannt wurde, das Bundesverwaltungsgericht.
Ausgangslage
2020 führte die Verwaltungskommission (VK) des Bundesgerichts ein aufsichtsrechtliches Verfahren betreffend Vorkommnisse am Bundesstrafgericht (BStGer) durch.
Im Rahmen dieses Verfahrens wurden verschiedene Richterinnen und Richter des Bundesstrafgerichts – darunter auch die Beschwerdeführerin – einvernommen.
Nach der Veröffentlichung des Aufsichtsberichts wurde in den Medien gegenüber der Richterin der ungerechtfertigte Vorwurf der Amtsgeheimnisverletzung erhoben. Kurz darauf stand dieselbe nach Äusserungen des ehemaligen Bundesgerichtspräsidenten über sie erneut im Fokus der Medien.
Berufung auf personalrechtliche Fürsorgepflicht
Die Richterin ersuchte die VK des Bundesstrafgerichts um Kostengutsprache für einen externen, auf Medienrecht spezialisierten Anwalt. Ihr Begehren um Beizug professioneller Hilfe begründete sie u.a. mit der erheblichen Belastung und Bedrohung ihrer Autorität als Richterin, aber auch mit dem Schutz ihrer Reputation und derjenigen des Bundesstrafgerichtes.
Rechtliche Grundlage
Die Rückerstattung von Verfahrens- und Parteikosten kommt gemäss Bundespersonalverordnung dann zur Anwendung, wenn Bundesangestellte bei der Ausübung ihrer Tätigkeit in ein Zivil- oder Strafverfahren verwickelt sind (Art. 77 BPV).
Prozess-History
Die VK des BStGer wies das Gesuch der Richterin unter Hinweis darauf ab, dass die Voraussetzungen in dieser Sache nicht erfüllt seien.
Gegen diesen Entscheid erhob die Richterin Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer). In ihrer Beschwerde berief sie sich nicht auf die BPV, sondern auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (Art. 328 OR).
Erwägungen und Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts – Richterin hat Anspruch auf Rückerstattung
Das BVGer hielt in seinem Urteil fest, dass auch gegenüber Richterpersonen die Fürsorgepflicht gelte. Alle Arbeitgeber, so auch das Bundesstrafgericht, seien verpflichtet, die persönliche und berufliche Ehre sowie die Stellung und das Ansehen ihrer Angestellten im Betrieb zu schützen. Umgekehrt unterstünden die Arbeitnehmer der Treuepflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber.
Das BVGer kam deshalb zum Schluss, dass die Beschwerdeführerin im Grundsatz Anspruch auf die Übernahme der Anwaltskosten zur Wahrung ihrer Persönlichkeitsrechte habe.
Die Kostengutsprache aus der Fürsorgepflicht sei auch deshalb zu erteilen, weil der gegenüber der Richterin öffentlich und nicht anonymisiert geäusserte Vorwurf der Amtsgeheimnisverletzung nicht gerechtfertigt war. Das BVGer hiess die Beschwerde gut und hob die Verfügungen des BStGer auf. Das konkrete Quantitativ der Kostenerstattung werde das BStGer in einem Folgeverfahren zu beurteilen haben.
Das Urteil kann beim Bundesgericht (BGer) angefochten werden.
Weiterführende Informationen
Quelle
LawMedia Redaktionsteam