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Zivilprozessrecht

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Unverständliche und weitschweifige Rechtsschrift

Datum:
25.08.2021
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Zivilprozessrecht
Stichworte:
Eingabe, Rechtsschrift
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

ZPO 132 Abs. 2

Sachverhalt

A.________ (Kläger, Beschwerdeführer) reichte im Mai 2020 eine Klage am Handelsgericht Zürich (HGZ) ein. Das HGZ beurteilte die Klageschrift als mangelhafte Eingabe im Sinne von ZPO 132 Abs. 2 und trat auf diese ohne Nachfristansetzung nicht ein.

Der Kläger erhob gegen diesen Beschluss Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht (BGer). Mit Urteil 4A_351/2020 vom 13.10.2020 hiess das Bundesgericht die Beschwerde gut und hob den Beschluss des HGZ auf. Das BGer kam zum Schluss, dass das Handelsgericht durch den Verzicht auf die Ansetzung einer Nachfrist zur Eingaben-Verbesserung den Anspruch des Klägers, die als mangelhaft eingestufte Eingabe zu verbessern, verletzt und gegen ZPO 132 Abs. 2  verstossen habe.

Danach setzte das HGZ dem Kläger in Nachachtung von ZPO 132 Abs. 2  verfügungsweise eine Nachfrist zur Verbesserung der Klageschrift an.

Am 09.12.2020 reichte der Kläger die als «Verbesserte Klage» bezeichnete Eingabe vom 8.12.2020 am Handelsgericht ein.

Das Handelsgericht kam mit Beschluss vom 23.12.2020 zum Schluss, dass auch die nachgebesserte Klageschrift im Sinne von ZPO 132 Abs. 2  mangelhaft sei und trat auf die Klage nicht ein.

Gegen diesen HGZ-Beschluss erhob der Beschwerdeführer Beschwerde in Zivilsachen an das BGer.

Erwägungen des Bundesgerichts

Eine Eingabe gilt als unverständlich, wenn

  • deren Begehren oder Begründung
    • mehrdeutig oder
    • widersprüchlich oder
    • darin kein vernünftiger Sinn erkennbar ist.

Unverständlichkeit liegt vor, wenn

  • das Gericht auch durch Auslegung des in der gesamten Eingabe Dargelegten nicht zu ermitteln vermag,
    • was die Partei mit ihrer Eingabe genau fordert oder
    • wie sie dies konkret begründet.

Weitschweifigkeit wird angenommen bei

  • langatmigen Ausführungen und
  • Wiederholungen bezüglich einzelner Tat- oder Rechtsfragen,
    • welche zur Beurteilung eines Anspruchs nicht erforderlich sind und/oder
    • welche sich in keiner Weise auf das Prozessthema beziehen.

Als Beurteilungskriterien für das Vorliegen einer Weitschweifigkeit können insbesondere herangezogen werden:

  • der Umfang früherer Rechtsschriften oder
  • der Umfang gegnerischer Rechtsschriften und
  • im Rechtsmittelverfahren der Umfang des angefochtenen Entscheids.

Entscheid des Bundesgerichts

  1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Beschluss des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 27. Mai 2020 (HG200078) wird aufgehoben. Die Sache wird zur Fortführung des Verfahrens im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
  2. Die Gerichtskosten von Fr. 2’000.– werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
  3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Quelle

BGer 4A_55/2021 vom 02.03.2021

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